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Bundesgerichtshof
Urt. v. 14.07.2009, Az.: X ZR 187/04
Voraussetzung für ein Patent einer Anbringungsvorrichtung zur Anbringung von Werkzeugen an einem Baggerarm mit einer Befestigungseinrichtung zum Befestigen der Anbringungsvorrichtung an einem Bagger und einer Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme von Werkzeugen; Voraussetzungen für die Nichtigkeitserklärung eines über die Fassung der mit der Anschlussberufung in zulässiger Weise beschränkt verteidigten Ansprüchen hinausgehenden Streitpatents
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 14.07.2009
Referenz: JurionRS 2009, 18781
Aktenzeichen: X ZR 187/04
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

BPatG - 19.10.2004 - AZ: 3 Ni 24/03

BGH, 14.07.2009 - X ZR 187/04

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Scharen und
die Richter Asendorf, Gröning, Dr. Achilles und Dr. Berger
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 19. Oktober 2004 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Das deutsche Patent 100 49 552 wird für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht:

  1. 1.

    Anbringungsvorrichtung zum Anbringen von Werkzeugen (4) an einem Baggerarm eines großen Baggers mit

    • einer Befestigungseinrichtung (2) zum Befestigen der Anbringungsvorrichtung an einem großen Bagger, wobei die Befestigungseinrichtung als Schnellwechsler (2) ausgebildet ist und

    • einer Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme von Werkzeugen in Form eines Verdichters (4),
      - welche zumindest in einer Richtung parallel zu dem Schnellwechsler (2) schmaler ausgebildet ist als der Schnellwechsler (2) und in dieser Richtung verschiebbar zu dem Schnellwechsler (2) angeordnet ist und
      - bei welcher eine Verschiebeeinrichtung (8, 10) zum Verschieben der Aufnahmeeinrichtung an dem Schnellwechsler (2) angeordnet und zwischen der Verschiebeeinrichtung (8, 10) und der Aufnahmeeinrichtung ein Distanzstück (6) vorgesehen ist.

  2. 2.

    Anbringungsvorrichtung nach Anspruch 1, bei welcher die Verschiebeeinrichtung (8, 10) einen hydraulischen Linearantrieb (10) aufweist.

  3. 3.

    Anbringungsvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, bei welcher zwischen dem Schnellwechsler (2) und der Aufnahmeeinrichtung hydraulische Versorgungsleitungen (14, 16) angeordnet sind.

  4. 4.

    Anbringungsvorrichtung nach Anspruch 3, bei welcher die Versorgungsleitungen (14, 16) eine Druck- und/oder Durchflussmengen-Reguliereinrichtung (12) aufweisen.

  5. 5.

    Verdichtervorrichtung mit einem Verdichter (4) und einer als Schnellwechsler ausgebildeten Befestigungseinrichtung (2), wobei der Verdichter (4) schmaler ausgebildet ist als der Schnellwechsler (2), der Verdichter (4) parallel verschiebbar zu dem Schnellwechsler (2) angeordnet ist und der Verdichter (4) über ein Distanzstück (6) mit dem Schnellwechsler (2) verbunden ist und wobei der Schnellwechsler zum Anbringen an einem Baggerarm eines großen Baggers vorgesehen ist.

  6. 6.

    Verdichtervorrichtung nach Anspruch 5, bei welcher der Verdichter (4) ein hydraulisch angetriebener Verdichter (4) mit einer Verdichterplatte ist, die schmaler als der Schnellwechsler (2) ausgebildet ist.

  7. 7.

    Verdichtervorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, bei welcher das Distanzstück (6) einen Querschnitt aufweist, welcher kleiner als die Ausdehnung der Verdichterplatte in Richtung des Querschnitts ist.

  8. 8.

    Verdichtervorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 7, bei welcher ein hydraulischer Linearantrieb (10) zum Verschieben des Verdichters (4) relativ zu dem Schnellwechsler (2) vorgesehen ist.

  9. 9.

    Verdichtervorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 8, bei welcher eine hydraulische Verbindung (14, 16) zwischen dem Verdichter (4) und dem Schnellwechsler (2) vorgesehen ist.

  10. 10.

    Verdichtervorrichtung nach Anspruch 9, bei welcher in der hydraulischen Verbindung (14, 16) eine Druck- und/oder Durchflussmengen-Reguliereinrichtung (12) angeordnet ist.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben; diejenigen des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 6. Oktober 2000 angemeldeten deutschen Patents 100 49 552 (Streitpatents), das in der erteilten Fassung 16 Patentansprüche umfasst, von denen die Ansprüche 1 und 9 lauten:

"1.
Anbringungsvorrichtung zur Anbringung von Werkzeugen (4) an einen Baggerarm mit einer Befestigungseinrichtung (2) zum Befestigen der Anbringungsvorrichtung an einem Bagger und einer Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme von Werkzeugen (4), welche zumindest in einer Richtung parallel zu der Befestigungseinrichtung (2) schmaler ausgebildet ist als die Befestigungseinrichtung (2) und in dieser Richtung verschiebbar zu der Befestigungseinrichtung (2) angeordnet ist.

9.
Verdichtungsvorrichtung mit einem Verdichter (4) und einer Befestigungseinrichtung (2), wobei der Verdichter (4) schmaler ausgebildet ist als die Befestigungseinrichtung (2) und der Verdichter (4) parallel verschiebbar zu der Befestigungseinrichtung (2) angeordnet ist."

2

Wegen des Wortlauts der jeweils auf Patentansprüche 1 und 9 mittelbar oder unmittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 bzw. 10 bis 16 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

3

Mit ihrer Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, und sich dafür unter anderem auf Prospektunterlagen für ein von der Simex Engineering S.r.l. (Bologna) hergestelltes Verdichtungsgerät und einen Schriftverkehr gestützt, woraus sich ergeben soll, dass dieser Verdichter seit 1994 gebaut und seit 2000 - in Prototypform schon seit 1999 -an Bobcat Europe, Belgien, geliefert worden ist. Außerdem hat sich die Klägerin auf einen Prospekt des Unternehmens Lancier für Anbaugeräte gestützt (Anl. D 6). Wegen der übrigen erstinstanzlich eingeführten Entgegenhaltungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

4

Die Klägerin hat beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären.

5

Die Beklagte hat das Streitpatent in einer Fassung mit zehn Ansprüchen beschränkt verteidigt, deren Ansprüche 1 und 5 wie folgt lauten:

"1.
Anbringungsvorrichtung zum Anbringen von Werkzeugen (4) an einen Baggerarm mit einer Befestigungseinrichtung (2) zum Befestigen der Anbringungsvorrichtung an einem Bagger, wobei die Befestigungseinrichtung als Schnellwechsler (2) ausgebildet ist und einer Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme von Werkzeugen in Form eines Verdichters (4), welche zumindest in einer Richtung parallel zu dem Schnellwechsler (2) schmaler ausgebildet ist als der Schnellwechsler (2) und in dieser Richtung verschiebbar zu dem Schnellwechsler (2) angeordnet ist, bei welcher eine Verschiebeeinrichtung (8, 10) zum Verschieben der Aufnahmeeinrichtung an dem Schnellwechsler (2) angeordnet und zwischen der Verschiebeeinrichtung (8, 10) und der Aufnahmeeinrichtung ein Distanzstück (6) vorgesehen ist, welches einen größeren Abstand zwischen dem Schnellwechsler (2) und der Aufnahmeeinrichtung ermöglicht, so dass die schmalere Aufnahmeeinrichtung gemeinsam mit dem Distanzstück (6) in enge Räume bzw. Spalte, deren Abmessungen einen Zugang des Schnellwechslers (2) und des Endbereichs des Baggerarms aufgrund deren Abmessungen nicht ermöglichen, eingeführt werden kann, wobei das Distanzstück (6) mit dem Verdichter (4) von der rechten auf die linke Seite des Schnellwechslers (2) verschiebbar ist, um den Verdichter (4) an dem Schnellwechsler (2) derart anzuordnen, dass er, je nachdem, an welcher Grabenseite gearbeitet wird, möglichst nah an die jeweilige Grabenwand (24) herangeführt werden kann.

5.
Verdichtervorrichtung mit einem Verdichter (4) und einer als Schnellwechsler ausgebildeten Befestigungseinrichtung (2), wobei der Verdichter (4) schmaler ausgebildet ist als der Schnellwechsler (2), der Verdichter (4) parallel verschiebbar zu dem Schnellwechsler (2) angeordnet ist und der Verdichter (4) über ein Distanzstück (6) mit dem Schnellwechsler (2) verbunden ist, welches einen größeren Abstand zwischen dem Schnellwechsler und einer den Verdichter (4) aufnehmenden Aufnahmeeinrichtung ermöglicht, so dass die schmalere Aufnahmeeinrichtung gemeinsam mit dem Distanzstück (6) in enge Räume bzw. Spalte, deren Abmessungen einen Zugang des Schnellwechslers (2) und des Endbereichs des Baggerarms aufgrund deren Abmessungen nicht ermöglichen, eingeführt werden kann, wobei der Schnellwechsler (2) zum Anbringen an einem Baggerarm vorgesehen ist, und wobei das Distanzstück (6) mit dem Verdichter (4) von der rechten auf die linke Seite des Schnellwechslers (2) verschiebbar ist, um den Verdichter (4) an dem Schnellwechsler (2) derart anzuordnen, dass er, je nachdem, an welcher Grabenseite gearbeitet wird, möglichst nah an die jeweilige Grabenwand (24) herangeführt werden kann."

6

Das Patentgericht hat das Streitpatent "dadurch teilweise für nichtig erklärt", dass es die beschränkt verteidigte Fassung, wegen deren vollständigen Wortlauts auf den Tenor des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird, erhält. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

7

Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Antrag, das Streitpatent für nichtig zu erklären, weiter; die Beklagte verteidigt es mit ihrer Anschlussberufung beschränkt in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung. Hilfsweise begehrt die Beklagte, das Streitpatent in der durch das angefochtene Urteil erhaltenen Fassung mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass in die Ansprüche 1 und 5 der Zusatz "...an einem Baggerarm 'eines großen Baggers'..." aufgenommen wird. Die Parteien beantragen wechselseitig, die Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

8

Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. B. S. , Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule A. , ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

9

Die in zulässiger Weise eingelegte Anschlussberufung (vgl. dazu Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 3. Aufl. Rdn. 232 m.w.N.) hat Erfolg, während die Berufung zurückzuweisen ist.

10

I.

Soweit das Streitpatent über die Fassung der mit der Anschlussberufung in zulässiger Weise beschränkt verteidigten Ansprüche hinausgeht, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr., vgl. BGHZ 170, 215 - Carvedilol II).

11

II.

1.

Das Streitpatent betrifft eine Anbringungsvorrichtung zum Anbringen von Werkzeugen, insbesondere Verdichtervorrichtungen an Baggerarme zur Durchführung von Arbeiten im Tiefbau. Die an den Auslegern für die Anbringung der Arbeitsgeräte vorgesehenen Anschlusselemente, wie Schnellwechselvorrichtungen, weisen der Beschreibung zufolge bestimmte, üblicherweise genormte Mindestmaße auf. Insbesondere beim Einsatz großer Bagger entsteht, wie in der Beschreibung des Weiteren ausgeführt ist, das Problem, dass die Werkzeuge in engen Gruben deshalb nicht eingesetzt werden können, weil die Ausleger und insbesondere deren Anschlusselemente aufgrund ihrer Abmessungen nicht mit dem angebrachten Werkzeug in die Grube abgesenkt und darin bewegt werden können. Dieses Problem stelle sich besonders beim Verlegen von Rohrleitungen, wo es erforderlich sei, den Boden an beiden Seiten einer verlegten Rohrleitung innerhalb eines ausgehobenen Grabens zu verdichten. Die Größe der Anschlusseinrichtungen mache die - kosten- und zeitintensive - Aushebung von Gräben erforderlich, die so breit seien, dass die Ausleger mit den an den Anschlusselementen angebrachten Werkzeugen in den Raum zwischen Grabenwand und Rohrleitung eingeführt werden können, um auch dort den Boden zu verdichten.

12

2.

Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, eine Anbringungsvorrichtung zum Anbringen von Werkzeugen, namentlich Verdichtervorrichtungen, an einen Baggerarm zu schaffen, welche es ermöglicht, auch mit großen Baggern Arbeiten in engen Gruben oder Gräben auszuführen. Dazu stellt Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung eine Anbringungsvorrichtung zum Anbringen von Werkzeugen an einen Baggerarm eines großen Baggers unter Schutz mit

  1. 1.

    einer Befestigungseinrichtung

    1. 1.1

      zum Befestigen der Anbringungsvorrichtung an einem großen Bagger,

    2. 1.2

      die als Schnellwechsler ausgebildet ist,

      und

  2. 2.

    einer Aufnahmeeinrichtung

    1. 2.1

      zur Aufnahme von Werkzeugen in Form eines Verdichters,

    2. 2.2

      welche zumindest in einer Richtung parallel zu dem Schnellwechsler schmaler als der Schnellwechsler ausgebildet und

    3. 2.3

      in dieser Richtung verschiebbar zu dem Schnellwechsler angeordnet ist

      und bei welcher

  3. 3.

    eine Verschiebeeinrichtung zum Verschieben der Aufnahmeeinrichtung an dem Schnellwechsler angeordnet sowie

  4. 4.

    zwischen der Verschiebeeinrichtung und der Aufnahmeeinrichtung ein Distanzstück vorgesehen ist.

13

Gemäß Patentanspruch 5 in der zuletzt verteidigten Fassung wird eine Verdichtervorrichtung vorgeschlagen mit

  1. 1.

    einem Verdichter und

  2. 2.

    einer als Schnellwechsler ausgebildeten Befestigungseinrichtung,

  3. 3.

    wobei der Verdichter 3.1 schmaler als der Schnellwechsler ausgebildet, 3.2 parallel verschiebbar zu dem Schnellwechsler angeordnet und 3.3 über ein Distanzstück mit dem Schnellwechsler verbunden und wobei

  4. 4.

    der Schnellwechsler zum Anbringen an einem Baggerarm eines großen Baggers vorgesehen ist.

14

3.

Einige dieser Merkmale bedürfen der Erläuterung.

15

a)

Unter einem Schnellwechsler verstand der Fachmann, wie die Erörterung mit dem Sachverständigen und den Parteien ergeben hat, schon zur Zeit der Anmeldung des Streitpatents eine Vorrichtung, die es erlaubte, am Auslegerarm benötigte Werkzeuge vom Steuerstand des Baggers aus automatisch zu wechseln, indem das auszutauschende Werkzeug - z. B. eine Baggerschaufel - aus- und das danach benötigte Gerät (z. B. ein Verdichter) eingeklinkt wird. Solche Schnellwechsler sind zweiteilig ausgebildet und baggerseitig üblicherweise etwa genauso breit, wie der Auslegerarm, während sie dieses Maß werkzeugseitig sowohl unter- als auch überschreiten können. Da das Streitpatent hierzu keine Maßangaben enthält und die patentgemäßen Vorrichtungen einen Einsatz von Verdichtern ermöglichen sollen, bei dem die Baggerarme selbst nicht in die ausgehobenen Gräben hinabgesenkt werden müssen, kann der Schnellwechsler - von Wortlaut und Sinngehalt der verteidigten Ansprüche 1 und 5 gedeckt - auch breiter als solche Baggerarme ausgelegt sein.

16

b)

Der in die Patentansprüche 1 und 5 aufgenommene Zusatz "...eines großen Baggers...", stellt kein unmittelbares Merkmal der unter Schutz gestellten Vorrichtungen dar, sondern ist lediglich Teil der den Patentanspruch einleitenden bzw. abschließenden Zweckangabe. Als solcher gibt er nur an, dass die Vorrichtung auch an größeren Baggern verwendet werden können soll, also etwa an Baggern mit einem Eigengewicht ab 20 Tonnen, die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung als Beispiel für "große Bagger" bezeichnet hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 28.5.2009 - Xa ZR 140/05 - Bauschalungsstütze).

17

c)

Die Merkmale 2.2 und 2.3 in Anspruch 1 bringen zum Ausdruck, dass die Aufnahmeeinrichtung entlang des Schnellwechslers vorzugsweise quer zur Fahrtrichtung des Baggers verschiebbar angeordnet und dafür in dieser Richtung schmaler ausgebildet ist als der Schnellwechsler. Dabei folgt aus der Anweisung "...in dieser Richtung..." zugleich, dass diese Verschiebung erfindungsgemäß linear verläuft, vergleichbar der Bewegung auf einem Schienenstrang.

18

Über die Ausdehnung des möglichen Verschiebeweges macht das Streitpatent keine Angaben. Deshalb kann nicht angenommen werden, dass sich dieser notwendigerweise stets auf die maximale Länge zwischen den Endpunkten der werkzeugseitigen Befestigungseinrichtung erstrecken müsste, sondern es reicht jegliche Verschiebbarkeit aus.

19

d)

Unter der gemäß Patentanspruch 1 vorgesehenen Verschiebeeinrichtung ist ein Antrieb zu verstehen, mit dem die Verschiebung bewirkt wird.

20

e)

Bei einem Distanzstück i. S. des Streitpatents handelt es sich um ein zusätzliches Bauteil eigener Länge, das zwischen Befestigungs- und Aufnahmeeinrichtung für das Verdichterwerkzeug (Anspruch 1) bzw. zwischen Befestigungseinrichtung und Verdichter (Anspruch 5) gesetzt wird. Auf diese Weise kann zwischen diesen Elementen ein so großer Abstand hergestellt werden, dass Verdichtungsarbeiten bei über dem Erdreich angeordnetem Baggerausleger auch in tiefen Gräben ausgeführt werden können (Beschreibung Tz. 16).

21

f)

Die von Patentanspruch 5 in der zuletzt verteidigten Fassung unter Schutz gestellte Verdichtervorrichtung unterscheidet sich von Anspruch 1 im Wesentlichen nur dadurch, dass der Verdichter über das Distanzstück verschiebbar mit der Befestigungseinrichtung verbunden und eine gesonderte Aufnahmeeinrichtung nicht erwähnt ist. Obwohl in Anspruch 5 eine Verschiebeeinrichtung (Merkmal 3 von Anspruch 1) nicht ausdrücklich angeführt ist, ist aus fachlicher Sicht dieselbe Verschiebbarkeit wie dort beansprucht. Da der Verdichter vom Bagger aus bedient werden soll, scheidet ferner eine manuelle Verschiebung entlang des Verschiebeweges aus. Deshalb ist auch nach Anspruch 5 eine Einrichtung vorzusehen, mit der die horizontale Verschiebung des Verdichters entlang dem Schnellwechsler bewerkstelligt wird.

22

III.

Der Gegenstand der zuletzt verteidigten Ansprüche 1 und 5 ist patentfähig.

23

1.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in dieser Fassung ist neu (§ 3 Abs. 1 PatG).

24

a)

Die deutsche Patentschrift 16 34 885 (D 2) offenbart einen am Heck eines Schleppers anzubauenden Trägerrahmen mit einem Löffelbaggerausleger, der insgesamt horizontal entlang des Rahmens verschoben werden kann. Eine relativ zu einem Schnellwechsler verschiebbare Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme eines Werkzeugs bzw. ein über ein Distanzstück verschiebbar mit dem Schnellwechsler verbundener Verdichter ist nicht beschrieben.

25

b)

Die am 17. August 1999 veröffentlichte japanische Offenlegungsschrift 11-222807 (D 4) betrifft eine Stampfmaschine, die an einen Baggerarm angebaut werden kann, um Verdichtungsarbeiten in schmalen Gräben auszuführen. Die Maschine weist bereits keinen Schnellwechsler i. S. des Streitpatents auf, sondern Ösen (Stiftanbringungsteile 13) an Halteklammern, um die Haltebasis mit durch die Ösen geschlagene Bolzen am Baggerarm zu befestigen.

26

c)

Das deutsche Gebrauchsmuster 295 05 383 (D 7) offenbart ein über eine Anbauplatte zum Anbau an einen Radlader vorgesehenes Verdichtungsrad mit hochfrequenter Vibration, das zwar horizontal verschoben werden kann, jedoch nicht entlang einer Verschiebeeinrichtung, sondern durch Verschwenkung.

27

d)

Gegenstand der europäischen Patentanmeldung 976 871 (D 8) ist eine Straßenwalze mit einer zylindrischen Walze und einem in Fahrtrichtung dahinter angeordneten Plattenverdichter, um eine gleichmäßige Verdichtung des Materials zu erreichen. Dabei kann der Plattenverdichter grundsätzlich seitlich verschoben werden, um Bereiche zu erreichen, welche von der Walze nicht zuvor befahren werden konnten. Nicht vorgesehen ist jedoch eine mit dem Streitpatent vergleichbare Anbringungsvorrichtung für diesen Plattenverdichter.

28

e)

Die deutsche Offenlegungsschrift 198 44 313 (D 9) offenbart den Anschluss eines Verdichtungsgeräts an den Arm eines Baggers oder Radladers, wobei der Schwingungserreger für den Verdichter über die Hydraulik des Fahrzeugs betrieben wird. Der Verdichter kann in Gräben nur über die Verschwenkung des Auslegers von der einen auf die andere Seite versetzt werden; eine verschiebbare Aufnahmevorrichtung ist nicht vorgesehen.

29

f)

Neu ist der Gegenstand der zuletzt verteidigten Ansprüche 1 und 5 auch gegenüber dem Verdichterrad SIMEX CT 2.8.

30

aa)

Dieses Gerät gehört zum Stand der Technik. Es ist, wie die Vernehmung des Zeugen R. durch den Senat ergeben hat, in einer im Wesentlichen dem Foto 1 der Anlage D 5 A und dem Prospekt von Bobcat entsprechenden Ausführung deutlich vor dem Anmeldetag des Streitpatents an den Markt gebracht und dadurch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

31

bb)

Das Simex-Verdichterrad verfügt, wie das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, nicht über ein zusätzliches Distanzstück, das, wie das Streitpatent in der zuletzt verteidigten Fassung es fordert, vermittels seiner Längenausdehnung einen größeren Abstand zwischen Schnellwechsler und Aufnahmeeinrichtung herstellt (Merkmale 4, 3.3). Der Zeuge R. , der das Gerät konstruiert hat, hat die Funktion des Hydraulikzylinders nur mit der Stabilisierung des Rades in Verbindung gebracht, wenn dieses angewinkelt werden muss, um bei Verdichtungsarbeiten bei seitlich geneigtem Straßenbelag die Schrägstellung der Arbeitsmaschine auszugleichen. Aber selbst wenn die Aufhängung des Verdichterrads so konstruiert sein mag, dass es - in engen Grenzen - abgesenkt werden kann, wenn der Kolben des an der Aufhängung in Fahrtrichtung angebrachten Hydraulikzylinders ausgefahren und das Rad um die von einem Gelenkbolzen gebildete Achse verschwenkt wird, stellte eine derartige Abwinklung um eine fixe Achse keinen durchgängig größeren Abstand zwischen Befestigungs- und Aufnahmeeinrichtung bzw. Verdichter her, wie dies durch Einsatz eines Distanzstücks i. S. des Streitpatents geschieht.

32

g)

Keine der beiden in dem Prospekt für Anbaugeräte der Firma Lancier (Anlage D 6) vorgestellten Gerätekonfigurationen verwirklicht, wie der Sachverständige zutreffend ausgeführt hat, sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung; namentlich sind weder Schnellwechsler noch Verschiebeeinrichtungen zu erkennen. Deshalb kann offenbleiben, ob die von der Klägerin als Druckvermerk verstandene Ziffernfolge ".../10.99/..." für sich allein die Überzeugung vermitteln kann, dass der Prospekt der Öffentlichkeit vor dem Anmeledtag zugänglich gemacht worden ist.

33

2.

Verhandlung und Beweisaufnahme haben keine zureichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Gegenstand von Anspruch 1 dem Fachmann, einem Bauingenieur oder Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der über gute praktische Kenntnisse in der Konstruktion und Entwicklung von Baumaschinen verfügt und zugleich im Kanal- oder Rohrleitungsbau erfahren ist, durch den Stand der Technik nahegelegt war (§ 4 Satz 1 PatG).

34

a)

Die japanische Offenlegungsschrift 11-222807 (D 4) gab dem Fachmann keine Anregung für eine streitpatentgemäße Weiterentwicklung. In der Schrift wird vorgeschlagen, zwei zylindrisch geformte Stampfmaschinen über vertikale Haltebasen an einer Parallelverbindungsvorrichtung anzubringen, die zum Zweck der Regulierung der Stampfbreite der am Fuß der beiden Stampfzylinder angebrachten Verdichterplatten parallelogrammartig verschoben werden kann. In der einen Endstellung dieser Konstruktion stehen die beiden Stampfzylinder so nebeneinander, dass eine Arbeitsfläche von maximaler Breite entsteht. In der anderen Endposition sind die beiden Zylinder hintereinander angeordnet, so dass in schmaleren Bereichen, etwa zwischen der Grabenwand und einem mittig im Graben verlegten Rohr, verdichtet werden kann. Der Fachmann erkennt einen konstruktionsbedingten Nachteil in dieser Arbeitsstellung darin, dass die Stampfzylinder infolge eines durch die Parallelogrammführung bedingten Überstands im Bereich der Anbringungsplatten nicht ganz nahe an die Grabenwand herangeführt werden können. Um dieses Defizit auszugleichen wird der Fachmann aber an die Anbringung einer Verdichterplatte mit einem grabenwandseitigen Überstand denken und nicht an eine Lösung wie im Streitpatent, in Gestalt einer seitlich gleichsam wie auf einer Schiene verschiebbaren Aufnahmeeinrichtung für den Verdichter.

35

Im Übrigen bietet das japanische Gerät für die Anforderung, Verdichtungsarbeiten im Wechsel von der einen auf die andere Grabenseite durchzuführen, eine befriedigende Lösung, nämlich durch Verschwenkung des Baggerarms, an dem die Stampfmaschine befestigt ist. Die parallelogrammförmige Anbringung der Stampfzylinder gewährleistet, dass die Verdichterplatten in jeder Position exakt parallel zur Grabenwand ausgerichtet sind und das Erdreich entsprechend gleichmäßig verdichtet werden kann. Dabei verläuft die Verschiebung der Stampfzylinder parallel zur Befestigungseinrichtung auf einem Kreisbogenausschnitt und nicht linear. Das Konstruktionsprinzip der japanischen Anmeldung erfordert des Weiteren nicht, dass die Aufnahmeeinrichtung für die Verschiebungsfunktion schmaler ausgebildet ist, als die Befestigungseinrichtung. Die waagerechten Anbringungsplatten (30), die Teil der Haltebasen für die Stampfzylinder (Aufnahmeeinrichtung) sind, haben dementsprechend im Wesentlichen die gleiche Breite wie die obere und untere Platte (20, 21) der Parallelverbindungseinrichtung (2), die mitsamt den Verbindungselementen (24, 25) die versetzte Positionierung der Stampfzylinder ermöglicht. Auch unter diesen Gesichtspunkten bot die japanische Veröffentlichung keinen Anlass für eine zur streitpatentgemäßen Lösung führende Weiterentwicklung.

36

b)

Die deutsche Offenlegungsschrift 198 44 313 (D 9) bietet für den Fachmann als Lösung für das Problem, Verdichterarbeiten in Gräben beidseitig im Wechsel von einem Wandbereich zum anderen durchzuführen, ersichtlich nur die Verschwenkung des Auslegerarms an. Eine Anregung, den Verdichter dafür, wie beim Streitpatent, in Querrichtung mobil anzubringen, ist dieser Schrift nicht zu entnehmen. Um die aus technischer Sicht für eine möglichst gleichmäßige Verdichtungsleistung angestrebte Führung der Verdichterplatte parallel zur Grabenwand zu realisieren, konnte diese Lösung allenfalls dazu anregen, den Verdichter oder die Verdichterplatte drehbar zu konstruieren, so dass Letztere trotz Verschwenkung des Auslegers jederzeit parallel zur Grabenwand gestellt werden kann.

37

c)

Der Offenbarungsgehalt der Abbildung eines zum Anbau an Bagger oder Radlader vorgesehenen Grabenverdichters auf der ersten Seite des Lancier-Prospekts (Anlage D 6) geht ungeachtet der Frage des Veröffentlichungsdatums (oben III 1 g) über denjenigen der deutschen Offenlegungsschrift 198 44 313 nicht hinaus. Für den Fachmann ergibt sich daraus nicht mehr, als dass das Verdichtungsgerät an einem Baggerarm fixiert und dass infolge des langgestreckten Mittelteils eine gewisse Arbeitstiefe erreicht werden kann, die im Prospekt mit bis zu 1.200 mm angegeben ist. Eine Vorrichtung mit einer Verschiebeeinrichtung zu entwickeln, wie es das Streitpatent vorsieht, gibt das abgebildete Gerät keine Anregung.

38

d)

Soweit für den Grabenverdichter gemäß dem Prospekt als Zubehörteil ein horizontal verschiebbarer, an einen Radlader anzubauender Ausleger angeboten wird, an dem der Verdichter angebracht werden kann, entnimmt der Fachmann der entsprechenden Abbildung die Möglichkeit, die Arbeitsposition des Verdichters durch den teleskopartig ausfahrbaren Ausleger relativ zum Fahrzeug zu verändern. Das dient aus seiner Sicht der Lösung des Problems, das dadurch entsteht, dass der Radlader aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur in einem gewissen seitlichen Abstand zum Graben fahren kann. Eine Anregung dafür, die Anbringungsvorrichtung für den Verdichter wie beim Streitpatent schmaler als den Schnellwechsler zu konzipieren, damit das Werkzeug von einer Grabenwand zur anderen verschoben werden kann, erhält der Fachmann dadurch nicht. Die Abbildung lässt schon keine Verschiebeeinrichtung erkennen und die Lösung des Problems, mit dem Verdichter von einer Grabenseite zur anderen zu wechseln, wird er nach dem von der Prospektabbildung vermittelten Eindruck eher in einer geringen seitlichen Lenkbewegung des Fahrzeugführers sehen, als darin, das Auslegergestänge horizontal zu verschieben.

39

e)

Bei dem SIMEX-Verdichterrad CT 2.8 fungiert als Verdichterwerkzeug ein Rad, das an einer Achse drehbar gelagert und an einer Aufnahmeeinrichtung aufgehängt ist. Die Konstruktion dieses Geräts gibt dem Fachmann keinen Anlass und keine Anregungen zur Auffindung des mit dem zuletzt verteidigten Anspruch 1 unterbreiteten Lösungsvorschlags.

40

aa)

Für das Problem, Verdichtungsarbeiten in einem Graben in größerer Arbeitstiefe auszuführen, sieht der Fachmann in einem radförmigen Verdichterwerkzeug schon wegen der erforderlichen, konstruktiv aufwendigen Anpassung der Radaufhängung für eine Absenkung in größere Tiefe keinen weiterführenden Lösungsansatz. Für den Einsatz in größerer Arbeitstiefe liegt eine vertikale Führung des Verdichters nahe, wofür sich dessen radförmige Gestaltung aber nicht anbietet, zumal ein radförmiges Verdichterwerkzeug bei einem solchen Einsatz auch wegen seiner größeren Schwungmassen schwieriger zu beherrschen ist, als ein Plattenverdichter. Die im Wesentlichen horizontale Anbringung der Radaufhängung (Aufnahmevorrichtung) an dem Gelenkbolzen und dem Hydraulikkolben weist das Simex-Werkzeug für den Fachmann deshalb einem vornehmlich oberflächennahen Baubetrieb zu, für den das Gerät ersichtlich auch konzipiert ist. Es ist zunächst, wie der Zeuge R. angegeben hat, bei Verdichtungsarbeiten im Zusammenhang mit der Verlegung von Telefonkabeln auf dem französischen Markt eingesetzt worden.

41

bb)

Die horizontale Verschiebbarkeit des Verdichterrads ist, wie der Zeuge R. ausgeführt hat und wie dies auch vom Fachmann wahrgenommen wird, in erster Linie dafür vorgesehen, Verdichtungsarbeiten an Streckenabschnitten mit seitlichen Hindernissen wie etwa Leitplanken durchzuführen, indem die Spur des Verdichterrads seitlich neben das Fahrzeug versetzt wird. Eine für den Fachmann erkennbare Zusatzfunktion bestand darin, ohne Spurveränderung des Fahrzeugs Gräben zu verdichten, die aufgrund ihrer Breite nicht in einem Arbeitsgang verdichtet werden können. Aus Sicht des Fachmanns - die sich insoweit mit der Sicht des Zeugen R. deckt - erfolgt dies aber in der Weise, dass der zu verdichtende Graben zunächst in einer Einstellung vom Anfang bis zum Ende abgefahren wird, um mit dem für den Rückweg etwas versetzten Verdichterrad die nebenliegende Bahn zu planieren. Eine Anregung für die Konstruktion einer schmalen Aufnahmeeinrichtung zum Hin- und Herfahren des Verdichters zwischen den Seitenwandbereichen schmaler Gräben gibt die Verschiebeeinrichtung des Simex-Geräts dem Fachmann aber nicht.

42

3.

Für Patentanspruch 5 in der zuletzt verteidigten Fassung gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Die jeweils rückbezogenen Unteransprüche haben mit den Ansprüchen 1 und 5 Bestand.

43

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG, § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Scharen
Asendorf
Gröning
Achilles
Berger

Von Rechts wegen

Verkündet am: 14. Juli 2009

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