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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 14.06.2012, Az.: VII ZR 63/10
Geltendmachung restlicher Vergütungsansprüche und Ersatzansprüche der Insolvenzschuldnerin für Arbeiten an einem Bauvorhaben durch den Verwalter
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.06.2012
Referenz: JurionRS 2012, 19282
Aktenzeichen: VII ZR 63/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 01.03.2000 - AZ: 23 O 241/99

KG Berlin - 09.03.2010 - AZ: 27 U 3336/00

Rechtsgrundlage:

Art. 103 Abs. 1 GG

Fundstelle:

ZfBR 2012, 656

BGH, 14.06.2012 - VII ZR 63/10

Redaktioneller Leitsatz:

Hat das Berufungsgericht eine Werklohnforderung zugesprochen, ohne Feststellungen dazu getroffen zu haben, ob die der betreffenden Schlussrechnung zugrunde liegenden Mengenangaben auch richtig sind, obwohl der Beklagte ausdrücklich die der Schlussrechnung zugrunde liegenden Mengenermittlungen bestritten hat, ist die Revision wegen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs zuzulassen.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari, den Richter Dr. Eick, den Richter Halfmeier und den Richter Prof. Leupertz beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde der Beklagten wird stattgegeben.

Das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 9. März 2010 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 84.338,77 €

Gründe

I.

1

Der Kläger macht als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. & B. Bauunternehmung GmbH restliche Vergütungs- und Ersatzansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte für Arbeiten an einem Bauvorhaben in B. geltend. Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur noch die Vergütung für Arbeiten an Gesimsen, soweit sie die Herstellung von Ecken und Verkröpfungen betreffen.

2

Die Insolvenzschuldnerin hat ihre Leistungen nach Einheitspreisen und Aufmaß abgerechnet und in den die Bearbeitung von Gesimsen betreffenden Positionen der Schlussrechnung Ecken und Verkröpfungen pauschal mit 0,5 m/Stk. in Ansatz gebracht. Die Beklagte hat die hierauf entfallenden Vergütungsanteile für nicht gerechtfertigt gehalten, weil Ecken und Verkröpfungen nach den Positionsbeschreibungen im Leistungsverzeichnis nicht gesondert aufzumessen und zu vergüten seien. Darüber hinaus hat sie die Mengenermittlungen bestritten.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es hinsichtlich der in Rede stehenden Putz- und Stuckarbeiten an einer prüfbaren Abrechnung fehle. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die vertraglich nach Einheitspreisen und Aufmaß abgerechnete Vergütung für die Arbeiten an den Gesimsen in Höhe von 84.338,77 € nebst Zinsen zugesprochen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

II.

4

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Es ist deshalb insoweit aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.

5

1.

Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, dass die Insolvenzschuldnerin die Gesimse einschließlich aller Ecken und Verkröpfungen zum vertraglich vereinbarten Einheitspreis zu bearbeiten hatte. Danach könne der Kläger zwar keine zusätzliche Vergütung für die Erstellung der Ecken und Verkröpfungen verlangen. Diese seien allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten in das Aufmaß für die Gesimse einzubeziehen und nach den hierfür vereinbarten Einheitspreisen abzurechnen. Auf dieser Grundlage stehe dem Kläger über die von der Beklagten bei der Prüfung der Schlussrechnung akzeptierten Beträge hinaus eine weitere Vergütung von insgesamt 84.338,77 € zu. Zwischen den Parteien sei lediglich streitig, ob Ecken und Verkröpfungen aufzumessen seien oder nicht.

6

2.

Mit diesen Feststellungen hat das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG), weil es entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten außer Betracht gelassen hat.

7

Das Berufungsgericht hat den dem Kläger zuerkannten Restwerklohn aus der Differenz zwischen den von der Beklagten bei der Rechnungsprüfung akzeptierten und den Beträgen ermittelt, die sich aus dem Produkt der von der Insolvenzschuldnerin auf der Grundlage des Aufmaßes der Streithelferin angegebenen Massen für Gesimse und den hierfür maßgeblichen Einheitspreisen ergibt. Damit hat es seiner Entscheidung die Mengenangaben des Klägers zugrunde gelegt und sich hierbei erkennbar von der Annahme leiten lassen, zwischen den Parteien stehe lediglich in Streit, ob Ecken und Verkröpfungen gesondert aufzumessen seien oder nicht. Diese Annahme verkennt in gehörsverletzender Weise das Tatsachenvorbringen der Beklagten in diesem Punkt. Die Beklagte hat nicht nur in Abrede gestellt, dass Ecken und Verkröpfungen gesondert aufzumessen und zu vergüten seien. Sie hat vielmehr ausdrücklich die der Schlussrechnung zugrunde liegenden Mengenermittlungen der Insolvenzschuldnerin bestritten und damit unmissverständlich zu erkennen gegeben, die vom Kläger für die Abrechnung der Arbeiten an Gesimsen in Ansatz gebrachten Mengen nicht akzeptieren zu wollen.

8

3.

Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn es das Bestreiten der Beklagten berücksichtigt hätte. Das Berufungsgericht hätte dann prüfen müssen, ob die Insolvenzschuldnerin die abgerechneten Mengen tatsächlich ausgeführt hat. Das ist nicht erkennbar geschehen. Zwar hat das Berufungsgericht, anders als das Landgericht, die Schlussrechnung der Insolvenzschuldnerin für prüffähig erachtet. Es hat indes keine Feststellungen dazu getroffen, ob die der Rechnung zugrunde liegenden Mengenangaben auch richtig sind. Darlegungs- und beweispflichtig hierfür ist der Kläger. Dass er den ihm obliegenden Beweis geführt hat, ist den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen. Dahingehende Feststellungen wären nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. F. auch nicht veranlasst gewesen.

Kniffka
Safari Chabestari
Eick
Halfmeier
Leupertz

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