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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 13.10.2010, Az.: 5 StR 179/10
Rückwirkende Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Adhäsionsverfahren nach versehentlichem Übersehen eines zu den Strafakten aufgenommenen Prozesskostenhilfeantrags im Revisionsverfahren; Erforderlichkeit einer nachträglichen Prüfung der Erfolgsaussichten eines geltend gemachten Anspruchs
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 13.10.2010
Referenz: JurionRS 2010, 25740
Aktenzeichen: 5 StR 179/10
ECLI: [keine Angabe]

Fundstellen:

NStZ-RR 2013, 197

StraFo 2011, 115-116

Verfahrensgegenstand:

Schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes u. a.

BGH, 13.10.2010 - 5 StR 179/10

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Im Adhäsionsverfahren ist über den Prozesskostenhilfeantrag des Nebenklägers für die Revisionsinstanz gesondert zu entscheiden.

  2. 2.

    Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe, zumal nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss, ist zwar grundsätzlich nicht möglich; sie kommt jedoch in Betracht, wenn der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 13. Oktober 2010
beschlossen:

Tenor:

Der Nebenklägerin D. wird im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S. aus Berlin beigeordnet.

Gründe

1

Im Adhäsionsverfahren ist über den Prozesskostenhilfeantrag der Nebenklägerin für die Revisionsinstanz gesondert zu entscheiden (vgl. BGH NJW 2001, 2486 [BGH 30.03.2001 - 3 StR 25/01]; NStZ-RR 2009, 253). Das Landgericht hat demgemäß der Geschädigten durch Beschluss vom 7. September 2009 Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren im ersten Rechtszug ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. bewilligt. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wirkt jedoch nur für die jeweilige Instanz, § 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO, so dass im Revisionsverfahren erneut zu entscheiden ist.

2

Danach ist vom Senat als dem mit der Sache befassten Gericht (§ 404 Abs. 5 Satz 3 StPO) der Nebenklägerin im Adhäsionsverfahren Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz zu bewilligen und ihr Rechtsanwältin S. zur Vertretung insoweit beizuordnen.

3

Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht dabei nicht entgegen, dass das Revisionsverfahren inzwischen rechtskräftig abgeschlossen ist. Freilich ist eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe, zumal nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss, grundsätzlich nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 1991 - 3 StR 142/91; Senge in KK 6. Aufl. § 397a Rdn. 4). Eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende Entscheidung kommt jedoch in Betracht, wenn der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat (vgl. BVerfG NStZ-RR 1997, 69 [BVerfG 11.10.1996 - 2 BvR 1777/95]; BGH NJW 1985, 921; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. § 397a Rdn. 15).

4

Auch vorliegend ist es geboten, der Adhäsionsklägerin rückwirkend Prozesskostenhilfe zu gewähren. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2009 beantragte sie, ihr auch im Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren unter Beiordnung ihrer bisherigen Rechtsanwältin zu gewähren; diesem Antrag fügte sie die erforderlichen Unterlagen bei. Der Antrag wurde vom Landgericht zu den Strafakten genommen, ist im Revisionsverfahren jedoch übersehen worden.

5

Die Nebenklägerin war nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen weiterhin nicht in der Lage, die Prozesskosten aufzubringen. Die Erfolgsaussichten ihres Schmerzensgeldanspruches waren nicht mehr zu prüfen (§ 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Nebenklägerin ist Rechtsanwältin S. beizuordnen, die der Antragstellerin bereits als Nebenklagevertreterin beigeordnet war (§ 404 Abs. 5 Satz 2 StPO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO).

Basdorf
Schaal
Hubert
König
Bellay

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