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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 13.05.2015, Az.: XII ZB 491/14
Unwirksamkeit einer Bekanntgabe aufgrund des Unterbleibens der erforderlichen Zustellung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 13.05.2015
Referenz: JurionRS 2015, 18780
Aktenzeichen: XII ZB 491/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Ansbach - 30.01.2014 - AZ: 17 XVII 807/12

LG Ansbach - 26.08.2014 - AZ: 4 T 897/14

Fundstellen:

BtPrax 2015, 208

FamRB 2015, 419-420

FamRZ 2015, 1374

FF 2015, 334

FF 2015, 378-379

FGPrax 2015, 237-238

FuR 2015, 600-601

JZ 2015, 465

MDR 2015, 849-850

NJW 2015, 2576-2577

Rpfleger 2015, 540-541

BGH, 13.05.2015 - XII ZB 491/14

Amtlicher Leitsatz:

Das Unterbleiben einer gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG erforderlichen Zustellung führt zur Unwirksamkeit der Bekanntgabe (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 10. Juli 2013 - XII ZB 411/12 - FamRZ 2013, 1566 und vom 4. Mai 2011 - XII ZB 632/10 - FamRZ 2011, 1049).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Mai 2015 durch die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ansbach vom 26. August 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30. Januar 2014 die für die Betroffene angeordnete Betreuung erweitert. Der Beschluss ist der Betroffenen nicht förmlich zugestellt worden. Nachdem sich für die Betroffene am 3. Juli 2014 ein Rechtsanwalt gemeldet und dieser vom Gericht eine Beschlussabschrift erhalten hatte, hat die Betroffene gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. In der Beschwerde, die am 23. Juli 2014 beim Amtsgericht eingegangen ist, hat sich die Betroffene u.a. darauf berufen, dass ihr der Beschluss nicht zugestellt worden sei.

2

Das Landgericht hat die Beschwerde verworfen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

4

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Beschwerde verfristet sei. Das Amtsgericht habe die Bekanntgabe des Beschlusses gemäß § 15 Abs. 2 FamFG durch Aufgabe zur Post bewirkt. Damit gelte nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG die Bekanntgabe an die Betroffene mit dem 6. Februar 2014 als vollzogen.

5

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

6

a) Zu Recht führt die Rechtsbeschwerde aus, dass der Beschluss nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG der Betroffenen hätte zugestellt werden müssen, weil er gemäß § 58 FamFG mit der Beschwerde anfechtbar ist und dem erklärten Willen der Betroffenen nicht entspricht. Zutreffend verweist die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang auf das Schreiben der Betroffenen, wonach sie "auf keine Art und Weise" der Erweiterung der Betreuung zugestimmt und in dem sie auf ihren Antrag auf Aufhebung der Betreuung hingewiesen hat, weil die Angelegenheit "erledigt" sei. Demgemäß hat auch das Amtsgericht festgestellt, dass die Betroffene die Erweiterung zwar zunächst selbst beantragt, dann aber abgelehnt hat.

7

Das Unterbleiben einer gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG erforderlichen Zustellung führt zur Unwirksamkeit der Bekanntgabe, weshalb nach § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG die Beschwerdefrist nicht zu laufen beginnt (Senatsbeschlüsse vom 10. Juli 2013 - XII ZB 411/12 - FamRZ 2013, 1566 Rn. 8 und vom 4. Mai 2011 - XII ZB 632/10 - FamRZ 2011, 1049 Rn. 7 und 12).

8

b) Von einer etwaigen Heilung der Zustellungsmängel i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 189 ZPO kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es ist vom Landgericht nicht festgestellt, ob bzw. wann die Betroffene den Beschluss tatsächlich erhalten hat. Ob in der nachträglichen Übersendung des Beschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen, der ihre Vertretung am 3. Juli 2014 bei Gericht angezeigt hatte, im vorliegenden Fall eine Heilung von Mängeln in der Bekanntgabe des Beschlusses erblickt werden kann, kann hier dahinstehen. Denn in diesem Fall wäre die Monatsfrist nicht vor dem 4. August 2014 (einem Montag) abgelaufen. Die Beschwerde der Betroffenen ist indes bereits am 23. Juli 2014 bei Gericht eingegangen und wäre damit fristgerecht eingelegt worden.

9

c) Zutreffend geht die Rechtsbeschwerde weiter davon aus, dass die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG - bei der hier vorliegenden fehlerhaften Bekanntgabe - gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des angefochtenen Beschlusses zu laufen begonnen hat. Dabei ist es für den Fristenlauf unerheblich, ob die schriftliche Bekanntgabe des wirksam erlassenen Beschlusses an den bereits förmlich beteiligten Rechtsmittelführer mit Mängeln behaftet (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 411/12 - FamRZ 2013, 1566 Rn. 16 ff.) oder schlicht - aus welchen Gründen auch immer - unterblieben ist (Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 571/13 - Rn. 21 ff).

10

Der Beschluss ist am 3. Februar 2014 erlassen worden. Damit begann die einmonatige Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG am 3. Juli 2014 zu laufen und war am 4. August 2014 (einem Montag) abgelaufen. Da die Beschwerde der Betroffenen indes bereits am 23. Juli 2014 bei Gericht eingegangen ist, ist sie noch fristgerecht eingelegt worden.

11

3. Gemäß § 74 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Klinkhammer

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Guhling

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