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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 12.09.2013, Az.: VII ZB 4/13
Berücksichtigung der Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens bei der Kostenentscheidung eines sich anschließenden Klageverfahrens
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 12.09.2013
Referenz: JurionRS 2013, 45747
Aktenzeichen: VII ZB 4/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hanau - 10.08.2012 - AZ: 4 O 1208/06

OLG Frankfurt am Main - 13.12.2012 - AZ: 18 W 231/12

Fundstellen:

AGS 2013, 533-534

BauR 2013, 2053-2054

GuG aktuell 2014, 14

IBR 2013, 787

JurBüro 2014, 26-27

JZ 2013, 678

MDR 2013, 1433-1434

NJ 2013, 5

NJW 2013, 3452-3453

Rpfleger 2014, 48

RVGreport 2013, 478-479

ZfBR 2014, 40-41

zfs 2013, 648

BGH, 12.09.2013 - VII ZB 4/13

Amtlicher Leitsatz:

ZPO § 91 Abs. 1, § 494a Abs. 2, § 493

Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens werden nicht Gegenstand der Kostenentscheidung eines sich anschließenden Klageverfahrens, wenn nicht der Antragsgegner, sondern ausschließlich dessen Streithelfer aus dem selbständigen Beweisverfahren im Klagewege in Anspruch genommen wird. Das gilt auch, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren im Prozess zwischen dem Antragsteller und dem Streithelfer verwertet wurde.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari und die Richter Dr. Eick, Kosziol und Dr. Kartzke

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gegenstandswert: 1.602,17 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss.

2

Sie führte im Auftrag des Beklagten Malerarbeiten in dessen Wohn- und Geschäftshaus aus. Nach Abschluss der Arbeiten rügte der Beklagte Mängel, weshalb die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragte. Antragsgegnerin des Verfahrens war die Herstellerin der verwendeten Farben, die hiesige Streithelferin. Die Klägerin verkündete zudem dem Beklagten den Streit, woraufhin dieser der Antragsgegnerin als Nebenintervenient beitrat.

3

Nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens hat die Klägerin Klage auf Zahlung von Werklohn gegen den Beklagten erhoben. Gegenstand des Rechtsstreits sind auch die Feststellungen aus dem selbständigen Beweisverfahren gewesen. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu 78 % auferlegt.

4

Auf Antrag der Klägerin hat der Rechtspfleger des Landgerichts Kosten in Höhe von 6.222,79 € gegen den Beklagten festgesetzt. Hierin enthalten sind anteilig die der Klägerin in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten.

5

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluss teilweise abgeändert und den Festsetzungsantrag der Klägerin hinsichtlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen.

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde. Sie begehrt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Kostenfestsetzungsbeschlusses.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

8

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens seien keine Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO, da es an der Identität der Parteien in den beiden Verfahren fehle. Der Umstand, dass der Beklagte an dem selbständigen Beweisverfahren und die Antragsgegnerin des Beweisverfahrens an dem Klageverfahren jeweils als Streithelfer beteiligt gewesen seien, rechtfertige keine abweichende Bewertung. Der Streithelfer werde nicht Partei des Verfahrens.

9

Auch die Interessenlage der Beteiligten führe zu keinem anderen Ergebnis. Ließe man die Kosten des Beweisverfahrens an der im Rechtsstreit getroffenen Kostenentscheidung teilnehmen, bliebe in den Fällen, in denen sich das Klageverfahren gegen eine andere Partei als den Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens richtet, unberücksichtigt, dass Ansprüche gegen diesen in der Regel nicht bestünden.

10

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.

11

a) Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens werden von der Kostenentscheidung eines sich anschließenden Klageverfahrens mitumfasst, wenn zumindest ein Teil der Streitgegenstände und die Parteien der beiden Verfahren identisch sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2007 - XII ZB 231/05, BauR 2007, 747, 748 = NZBau 2007, 248; vom 9. Februar 2006 - VII ZB 59/05, BauR 2006, 865, 866 = NZBau 2006, 374; OLG Hamm, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 21 U 145/05, [...] Rn. 172, 174).

12

An der erforderlichen Parteiidentität fehlt es indes, wenn anstelle des Antragstellers oder des Antragsgegners ein Streithelfer aus dem selbständigen Beweisverfahren Partei des sich anschließenden Rechtsstreits wird (OLG Koblenz, JurBüro 2013, 93, 94; OLG München, MDR 2000, 603, 604 [OLG München 24.02.2000 - 11 W 896/00]). Der Streithelfer ist lediglich Gehilfe der unterstützten Partei, ohne selbst Partei des Verfahrens zu sein (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 223/93, NJW 1995, 198, 199 [BGH 04.10.1994 - VI ZR 223/93]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 67 Rn. 1). Dies wird insbesondere an der Regelung des § 67 Halbsatz 2 a.E. ZPO deutlich, wonach der Streithelfer nur solche Prozesshandlungen vornehmen kann, die nicht in Widerspruch mit den Handlungen der Hauptpartei stehen.

13

b) Vergeblich macht die Rechtsbeschwerde geltend, etwas anderes müsse gelten, weil das Ergebnis der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren im Prozess zwischen dem Antragsteller und dem Streithelfer verwertet wurde, §§ 68, 493 ZPO.

14

Dieser Umstand rechtfertigt es nicht, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens zwischen Antragsteller und Streithelfer zu machen. Das Gesetz bietet keine Grundlage dafür. Es besteht auch keine Gesetzeslücke, die es rechtfertigen könnte, der Auffassung der Rechtsbeschwerde zu folgen. Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens wird entweder in einem gegen den Antragsgegner geführten Hauptverfahren mit entschieden oder aufgrund eines Antrags nach § 494a Abs. 2 ZPO. Wird ein Hauptverfahren gegen einen Antragsgegner nicht erhoben, hat der Antragsteller keine andere Möglichkeit, eine prozessuale Kostenentscheidung zu erwirken. Denn im selbständigen Beweisverfahren ergeht keine Kostenentscheidung auf seinen Antrag (§ 494a Abs. 2 ZPO). Das gilt auch dann, wenn an dem selbständigen Beweisverfahren ein Streithelfer beteiligt ist, der nach Abschluss des Verfahrens - möglicherweise aufgrund der in diesem Verfahren gewonnenen Erkenntnisse - verklagt wird. Die Interventionswirkung führt nicht dazu, dass der Streithelfer hinsichtlich der Kosten wie ein Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren behandelt wird.

15

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Kostenentscheidung zu Lasten des Streithelfers ohnehin nicht ungeachtet des Grundsatzes der Kostenparallelität (§ 101 ZPO) ergehen könnte. Denn es darf, worauf das Beschwerdegericht zu Recht hingewiesen hat, nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens, der letztlich eine andere Partei im Klageverfahren in Anspruch nimmt, sich zu Unrecht eines Anspruchs gegen den Antragsgegner berühmt hat und daher auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen hat. Gemäß § 101 Abs. 1 ZPO sind die durch die Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Entsprechendes gilt im Falle einer Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2009 - VII ZB 3/07, BGHZ 192, 150, 155).

III.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka

Safari Chabestari

Eick

Kosziol

Kartzke

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