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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 09.06.2010, Az.: XII ZB 75/10
Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) i.R.v. Festsetzungssachen über eine Vergütung eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts; Bindungswirkung der Zulassung eines unstatthaften Rechtsmittels
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 09.06.2010
Referenz: JurionRS 2010, 18487
Aktenzeichen: XII ZB 75/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Westerburg - 12.11.2009 - AZ: 41 F 424/08

OLG Koblenz - 27.01.2010 - AZ: 7 WF 71/10

Fundstellen:

AGS 2010, 387

FamRB 2011, 9-10

FamRZ 2010, 1327-1328

HRA 2010, 14

JurBüro 2010, 537

MDR 2010, 946

NJW-RR 2011, 142-143

NJW-Spezial 2010, 477

Rpfleger 2010, 521

RVGreport 2010, 338

BGH, 09.06.2010 - XII ZB 75/10

Amtlicher Leitsatz:

RVG §§ 56 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs., 33 Abs. 4 Satz 3; ZPO § 574

In Festsetzungssachen über die Vergütung, die einem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlen ist, findet die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht statt.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 9. Juni 2010
durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne,
den Richter Prof. Dr. Wagenitz,
die Richterin Dr. Vézina sowie
die Richter Dose und Dr. Klinkhammer
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Koblenz gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 27. Januar 2010 wird verworfen.

  2. 2.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

  3. 3.

    Beschwerdewert: bis 600 €

Gründe

I.

1

Der beschwerdeführende Bezirksrevisor begehrt die Herabsetzung der Vergütung, die der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu zahlen ist.

2

Das Oberlandesgericht hat unter Abänderung des Festsetzungsbeschlusses der Rechtspflegerin die Vergütung auf 1.015,07 € festgesetzt. Dabei hat es die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG i.V.m. § 49 RVG) in voller Höhe berücksichtigt und nicht - wie die Rechtspflegerin gemäß Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG - um die halbe vorgerichtlich entstandene 1,3-Geschäftsgebühr eines Wahlanwalts (Nr. 2300 VV RVG) gekürzt. Denn zumindest nach Einführung des § 15 a RVG sei eine entstandene Geschäftsgebühr nicht (mehr) anteilig auf die Verfahrensgebühr des anschließenden gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Dies gelte auch für sog. Altfälle, denn § 15 a RVG habe die Gesetzeslage nicht geändert, sondern sie lediglich klargestellt.

3

Hiergegen wendet sich der beschwerdeführende Bezirksrevisor mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist trotz ihrer Zulassung durch das Oberlandesgericht nicht statthaft nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Denn in Festsetzungssachen hinsichtlich der dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof - anders als im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 266/03 - FamRZ 2008, 1159 - Tz. 4 m.w.N.) - von Gesetzes wegen nicht eröffnet. Die Vorschriften des § 56 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 1 RVG enthalten eine vorrangige abschließende Sonderregelung gegenüber § 574 ZPO (vgl. Hartmann Kostengesetze 38. Aufl. § 56 RVG Rdn. 22; Hansens RVGreport 2007, 100; Müller-Rabe in Gerold/Schmid/v. Eicken RVG 18. Aufl. § 56 Rdn. 32 unter Aufgabe der abweichenden Ansicht in der Vorauflage Rdn. 23 f.; zur gleichen Rechtslage unter Geltung der BRAGO siehe BGH Beschluss vom 13. Oktober 1987 - X ZB 29/86 - NJW-RR 1988, 381 f. [BGH 13.10.1987 - X ZB 29/86]; a.A. OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 949, 950).

5

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat und der Senat gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an eine Zulassung grundsätzlich gebunden ist. Denn eine Entscheidung, die von Gesetzes wegen der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei -irriger -Rechtsmittelzulassung unanfechtbar. Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur dann zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde nur die Bejahung der in § 574 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Sie kann hingegen nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Daher kann eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung auch nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 159, 14, 15 = FamRZ 2004, 1191, 1192 sowie BGH Beschlüsse vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - NJW 2003, 211, 212 m.w.N. und vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02 - NJW 2003, 70 m.w.N.; siehe auch BVerfG DtZ 1993, 85).

6

Die Rechtsbeschwerde ist deshalb gemäß § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Hahne
Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben Hahne
Dose
Klinkhammer
Vézina

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