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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 08.01.2014, Az.: 2 StR 514/13
Revisionsgerichtliche Überprüfung von strafschärfenden Strafzumessungserwägungen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.01.2014
Referenz: JurionRS 2014, 11137
Aktenzeichen: 2 StR 514/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Erfurt - 10.06.2013

Rechtsgrundlagen:

§ 20 StGB

§ 63 StGB

Verfahrensgegenstand:

gefährliche Körperverletzung u.a.

BGH, 08.01.2014 - 2 StR 514/13

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Januar 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 10. Juni 2013 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

    1. a)

      im Strafausspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe,

    2. b)

      im Gesamtstrafenausspruch,

    3. c)

      im Maßregelausspruch.

  1. 2.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  2. 3.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. a) Die Strafzumessungserwägungen im Fall II. 1. der Urteilsgründe halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

3

Das Landgericht hat strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte "einen nichtigen Anlass gesucht (habe), um sein Gewaltpotential auszuleben" (UA S. 16). Das Landgericht hat dabei ersichtlich nicht gesehen, dass nach den Urteilsfeststellungen die Tat ihre Ursache in der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten hat und dem Angeklagten daher der Umstand besonderer krimineller Energie auch nur eingeschränkt anzulasten ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 94/04, NStZ-RR 2004, 332, 333; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rn. 32 mwN).

4

Die weitere strafschärfende Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte sei zu der Tat durch das Opfer nicht provoziert worden, lässt zudem besorgen, dass dem Angeklagten - rechtsfehlerhaft - das Fehlen eines Strafmilderungsgrunds angelastet wird (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350).

5

b) Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zum Wegfall der im Fall II. 1. der Urteilsgründe verhängten Einsatzstrafe und zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Einzelfreiheitsstrafe und auch zu einer geringeren Gesamtstrafe gelangt wäre.

6

Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts bei der Gesamtstrafenbildung zu beachten haben, dass dem Strafbefehl des Amtsgerichts Mühlhausen vom 19. August 2011 Zäsurwirkung zukommt.

7

2. Der Maßregelausspruch hält ebenfalls rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) sind nicht hinreichend belegt.

8

Wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, mangelt es schon an einer hinreichend klaren Feststellung, welches Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt sein soll. Das Landgericht beschränkt sich auf die Mitteilung der vom Sachverständigen vorgenommenen Diagnose und der Symptome der festgestellten Störung. Allein die Diagnose des Sachverständigen ist aber nicht mit einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB gleichzusetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2013 - 1 StR 71/13 und vom 12. November 2004 - 2 StR 367/04, BGHSt 49, 347, 352). Vielmehr sind der Ausprägungsgrad der Störung und ihr Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit entscheidend. An einer tragfähigen Darlegung entsprechender Beurteilungsgrundlagen fehlt es.

Fischer

Schmitt

Mutzbauer

Eschelbach

Zeng

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