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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.12.2011, Az.: PatAnwSt (B) 1/11
Erteilung eines Verweises und Auferlegung einer Geldbuße wegen Berufspflichtverletzung als Patentanwalt
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.12.2011
Referenz: JurionRS 2011, 34104
Aktenzeichen: PatAnwSt (B) 1/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG München I - 01.06.2010 - AZ: Pat 3/05 (X PatEV 5/2004)

OLG München - 03.02.2011 - AZ: PatA-St 2/10

Verfahrensgegenstand:

Verletzung der patentanwaltlichen Berufspflichten;
hier: Richterablehnung

BGH, 06.12.2011 - PatAnwSt (B) 1/11

Der Bundesgerichtshof - Senat für Patentanwaltssachen - hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Kessal-Wulf sowie die Richter Hubert und Dr. Grabinski

am 6. Dezember 2011

beschlossen:

Tenor:

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers vom 3. Mai 2011 gegen die Beisitzer Patentanwälte Dr. Weller und Dr. Becker wird für unbegründet erklärt.

Das Ablehnungsgesuch gegen die Beisitzer Patentanwälte von Rohr, Schaafhausen und Lasch wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Dem Antragsteller ist durch Urteil des Landgerichts München I vom 1. Juni 2010 wegen Berufspflichtverletzung als Patentanwalt ein Verweis erteilt und eine Geldbuße von 4.000 € auferlegt worden. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht München durch Urteil vom 3. Februar 2011 als unbegründet verworfen; die Revision gegen diese Entscheidung hat es nicht zugelassen (§ 127 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 PAO). Mit seiner Beschwerde (§ 127 Abs. 3 PAO) vom 2. März 2011 erstrebt der Patentanwalt die Zulassung der Revision.

2

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2011 hat der Antragsteller - neben der Richterin am Bundesgerichtshof M. - sämtliche ehrenamtlichen Beisitzer des Patentanwaltssenats wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil diese der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) angehörten, mit der er seit Jahren beruflich im Streit liege. Wegen der Einzelheiten der Antragsbegründung wird im Übrigen auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug genommen. Nachdem ihm die dienstlichen Äußerungen der Beisitzer Dr. Becker und Dr. Weller zur Kenntnis gebracht worden waren, hat sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 12. Juli 2011 zu seinem Ablehnungsgesuch gegen diese Beisitzer ergänzend dahin geäußert, dass die beiden Patentanwälte weiterhin abgelehnt würden; auf den Inhalt dieses Schriftsatzes wird ebenfalls Bezug genommen.

3

Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Ablehnungsgesuch als unbegründet zu verwerfen.

II.

4

Das Ablehnungsgesuch gegen die ehrenamtlichen Beisitzer des Patentanwaltssenats Dr. Weller und Dr. Becker ist zulässig, aber nicht begründet.

5

1. Nach den hier gemäß § 98 Satz 2 PAO sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der Strafprozessordnung gelten für die Ablehnung ehrenamtlicher Richter im Wesentlichen dieselben Vorschriften wie für die Ablehnung von Berufsrichtern (§ 31 Abs. 1 StPO). Danach findet die Ablehnung eines ehrenamtlichen Beisitzers des Patentanwaltssenats, der in seiner Rechtsstellung einem Schöffen im Strafverfahren vergleichbar ist (vgl. Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 92 PAO Rn. 1), wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO). Dies ist dann der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßgebend sind hierbei der Standpunkt eines vernünftigen Ablehnenden und die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder, bei voller Vernunft befindlicher Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 24 Rn. 8 m.w.N.).

6

2. Nach diesen Maßstäben liegen Ablehnungsgründe gegen die Beisitzer Dr. Weller und Dr. Becker nicht vor.

7

a) Dies gilt zunächst für die Behauptung des Antragstellers, die Beisitzer seien wegen ihrer Mitgliedschaft in der GRUR ihm gegenüber befangen. Patentanwalt Dr. Becker hat in seiner dienstlichen Äußerung zum Ablehnungsantrag (§ 26 Abs. 3 StPO) mitgeteilt, dass er nicht Mitglied dieser Vereinigung ist. Damit ist diese Besorgnis des Antragstellers ausgeräumt (vgl. Meyer-Goßner, aaO, Rn. 8 a.E.). Demgegenüber hat sich Patentanwalt Dr. Weller zwar dahin geäußert, dass er - ohne in irgendwelchen Gremien oder Ausschüssen tätig zu sein - Mitglied der GRUR sei. Eine solche einfache Mitgliedschaft in einer Vereinigung ist indes für sich nicht geeignet, die Besorgnis der Voreingenommenheit zu begründen (vgl. Meyer-Goßner, aaO Rn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 42 Rn. 11, 32). Dass der abgelehnte Beisitzer in dem vom Beschwerdeführer dargelegten Streit mit der Vereinigung beteiligt gewesen wäre, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

8

b) Gleiches gilt aber auch mit Blick auf die Umstände, die der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 12. Juli 2011 zur weiteren Begründung seines Ablehnungsgesuchs vorgetragen hat.

9

aa) Soweit er darin anführt, der Beisitzer Dr. Becker werde nicht gut auf ihn zu sprechen sein, weil er Verfahren gegen seine Kollegen wegen "Doppelvertretungen" recherchiert habe sowie der ehrenamtliche Beisitzer sei selbst von dem "Problem der Doppelvertretung" zweier Firmen betroffen und verhalte sich deswegen ebenfalls nicht korrekt, äußert der Antragsteller lediglich Vermutungen und zeigt damit Tatsachen, die eine Besorgnis der Befangenheit des Beisitzers begründen könnten, nicht auf. Dies gilt auch für die Ankündigung, er werde "die Unterlagen zu dieser Doppelvertretung in Kürze der Münchner Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorlegen".

10

bb) Soweit der Antragsteller eine Besorgnis der Voreingenommenheit des Beisitzers Dr. Weller damit begründet, dieser sei in einer Kanzlei mit dem Patentanwalt Dr. W. tätig, der als Vertreter der Patentanwaltskammer ein berufsgerichtliches Verfahren gegen ihn geführt habe, kann dies die Ablehnung des Beisitzers ebenfalls nicht begründen. Aus dem vom Antragsteller vorgelegten, von Patentanwalt Dr. W. unterzeichneten Schreiben der Patentanwaltskammer an ihn vom 27. Juli 1998 ergibt sich die Durchführung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht; vielmehr enthält das Schreiben lediglich die Aufforderung, zu Teilen eines Zeitungsartikels, indem der Antragsteller zitiert wurde, eine Stellungnahme abzugeben. Eine eigene Beteiligung des abgelehnten Beisitzers Dr. Weller an der damaligen Angelegenheit ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass der ehrenamtliche Richter nunmehr - rund 13 Jahre später - derselben Kanzlei angehört wie - neben einer ganzen Reihe anderer Patentanwälte - Patentanwalt Dr. W. , kann die Besorgnis der Befangenheit nach den dargestellten Maßstäben nicht rechtfertigen. Dieser Umstand gibt mit Blick auf die Angelegenheit aus dem Jahre 1998 auch im Übrigen keinen berechtigten Anlass, an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Beisitzers Dr. Weller gegenüber dem Antragsteller zu zweifeln, zumal nicht vorgetragen oder ersichtlich ist, dass Patentanwalt Dr. W. oder diese Kanzlei am gegenständlichen berufsgerichtlichen Verfahren gegen den Antragsteller zu irgendeiner Zeit beteiligt oder mit diesem sonst befasst war.

11

3. Das gegen die ehrenamtlichen Beisitzer des Patentanwaltssenats von Rohr, Schaafhausen und Lasch gerichtete Ablehnungsgesuch ist unzulässig.

12

Die abgelehnten Richter sind nach dem Geschäftsverteilungsplan des Senats an dem vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Nachdem wegen der Unbegründetheit des Ablehnungsgesuchs gegen die zur Entscheidung berufenen Beisitzer Dr. Becker und Dr. Weller eine Beteiligung der anderen abgelehnten ehrenamtlichen Richter nicht in Betracht kommt, ist deren Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit unzulässig.

13

Die Besetzung des Senats ergibt sich aus § 31 Abs. 2 Satz 2 StPO.

Kessal-Wulf

Hubert

Grabinski

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