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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.10.2015, Az.: VIII ZR 76/15
Wirksamwerden einer mehr als zehn Prozent höher als in der Modernisierungsankündigung angegeben ausfallenden Mieterhöhung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.10.2015
Referenz: JurionRS 2015, 31399
Aktenzeichen: VIII ZR 76/15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Berlin-Schöneberg - 01.09.2014 - AZ: 6 C 212/14

LG Berlin - 10.03.2015 - AZ: 63 S 330/14

Fundstellen:

GK/Bay 2016, 383-384

GK/BW 2017, 192

MK 2016, 98-99

NJW 2016, 1445

NJW-RR 2016, 136-137

NZM 2016, 46

RdW 2016, 348-349

WuM 2016, 39-40

BGH, 06.10.2015 - VIII ZR 76/15

Redaktioneller Leitsatz:

Da die gesetzliche Regelung in § 559b Abs. 2 BGB aF nicht danach unterscheidet, ob eine Modernisierungsankündigung ganz unterblieben ist oder nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt oder ob die spätere tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als zehn Prozent übersteigt, ist zu schlussfolgern, dass in allen vom Gesetz genannten Fällen die Wirksamkeit der gesamten Mieterhöhung um sechs Monate hinausgeschoben ist.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, den Richter Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger
beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1. Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es eine Fortbildung des Rechts für erforderlich hält. Es möchte durch eine Entscheidung des Senats geklärt wissen, ob eine Mieterhöhung nach § 559 BGB, die mehr als zehn Prozent höher ausfällt als in der Modernisierungsankündigung angegeben, nach § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB insgesamt erst sechs Monate später wirksam wird oder ob dies nur für den Teil der Mieterhöhung gilt, der diese Grenze überschreitet.

2

Diese Frage, über die - wie das Berufungsgericht selbst erkannt hat - ein Meinungsstreit in der Rechtsprechung der Instanzgerichte nicht besteht, rechtfertigt die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt einer Fortbildung des Rechts nicht. Es liegt auch keiner der weiteren in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Gründe für die Zulassung der Revision vor. Denn die vom Berufungsgericht gestellte Frage lässt sich - wie es das Berufungsgericht auch getan hat - bereits anhand des Wortlautes der Vorschrift beantworteten. Dabei geht es im Streitfall um die Vorschrift des § 559b BGB sowie des § 554 BGB in der bis zum 1. Mai 2013 geltenden Fassung (im Folgenden aF), weil die Modernisierungsankündigung der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom 16. Juni 2011 datiert und dem Beklagten somit vor dem gemäß der Übergangsvorschrift maßgeblichen Zeitpunkt des 1. Mai 2013 (vgl. Art. 229 § 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB) zugegangen ist.

3

Die gesetzliche Regelung in § 559b Abs. 2 BGB aF unterscheidet nicht danach, ob eine Modernisierungsankündigung ganz unterblieben ist oder nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt oder ob die spätere tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als zehn Prozent übersteigt. Hieraus ergibt sich die vom Berufungsgericht zutreffend gezogene Schlussfolgerung, dass in allen vom Gesetz genannten Fällen die Wirksamkeit der gesamten Mieterhöhung um sechs Monate hinausgeschoben ist (zu dem Fall, dass eine Modernisierungsankündigung ganz unterblieben ist, vgl. Senatsurteil vom 2. März 2011 - VIII ZR 164/10, NJW 2011, 1220 Rn. 14 f.).

4

2. Nach den vorstehenden Erwägungen hat die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass die Wirksamkeit der Mieterhöhung insgesamt um sechs Monate hinausgeschoben ist.

5

a) Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Möglichkeit der Mieterhöhung nach § 559 BGB einen Anreiz zur Modernisierung geben wollte, ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass bei Überschreiten der angekündigten Mieterhöhung um mehr als zehn Prozent die Mieterhöhung nur im Umfang der Überschreitung der ursprünglich angekündigten Mieterhöhung später wirksam werde. Denn der Gesetzgeber hat ersichtlich auch die Interessen des Mieters im Blick gehabt, über eine beabsichtigte Modernisierung rechtzeitig und zutreffend informiert zu werden. Dies gilt auch für die Berechtigung der verlangten Mieterhöhung, zu deren Überprüfung dem Mieter hinreichend Gelegenheit eingeräumt werden soll. Diese Intention des Gesetzgebers ergibt sich schon aus den - von der Revision auch zitierten - Gesetzesmaterialien zu der Vorgängervorschrift, § 3 Abs. 4 MHG (vgl. BT-Drucks. 7/2011, S. 12, linke Spalte). Am Ende der Gesetzesbegründung zu § 3 MHG ist insoweit ausgeführt, dass eine Ankündigung des Vermieters für den Mieter "ohne praktischen Wert" sei, wenn die tatsächliche Erhöhung um mehr als zehn Prozent höher ausfalle als die angekündigte, und dass deshalb die gleiche Folge eintreten solle wie in dem Fall, dass dem Mieter die voraussichtliche Mieterhöhung (überhaupt) nicht mitgeteilt worden sei. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei einer Überschreitung der zunächst angekündigten Mietererhöhung um mehr als zehn Prozent - gegen den Wortlaut - eine bloße Staffelung des Wirksamwerdens der Mieterhöhung hat ausreichen lassen wollen, sind somit nicht ersichtlich und werden von der Revision nicht aufgezeigt. Den Gesetzesmaterialien zu der hier anwendbaren Vorschrift des § 559b Abs. 2 BGB aF ist zu entnehmen, dass eine inhaltliche Änderung gegenüber der Regelung in § 3 Abs. 4 MHG insoweit nicht beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 58).

6

b) Entgegen der von der Revision angeführten vereinzelten Literaturmeinung (Lützenkirchen/Dickersbach, Mietrecht, 2. Aufl., § 559b Rn. 64) ergibt sich aus der Befugnis des Vermieters, zugunsten des Mieters eine Mieterhöhung so zu staffeln, dass sie teilweise erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt wird, als es nach den gesetzlichen Bestimmungen möglich wäre, keine andere Beurteilung. Denn bei einer Überschreitung der angekündigten Mieterhöhung um mehr als zehn Prozent steht dem Vermieter gerade nicht das Recht zu, die Mieterhöhung zu der in § 559b Abs. 2 Satz 1 BGB genannten Frist durchzuführen. Vielmehr wird eine derartige Mieterhöhung insgesamt erst zu einem um sechs Monate hinausgeschobenen Zeitpunkt wirksam.

7

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Milger

Dr. Hessel

Dr. Schneider

Dr. Fetzer

Dr. Bünger

Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

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