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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.07.2010, Az.: 3 StR 224/10
Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlags bzgl. eines Todeseintritts durch eine Handlung begangen mit Körperverletzungsvorsatz
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.07.2010
Referenz: JurionRS 2010, 21218
Aktenzeichen: 3 StR 224/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Bückeburg - 04.02.2010

Fundstellen:

NStZ 2010, 699-700

NStZ-RR 2011, 36

Verfahrensgegenstand:

Totschlag

BGH, 06.07.2010 - 3 StR 224/10

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts
am 6. Juli 2010
gemäß § 349 Abs. 4 StPO
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 4. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu der Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Seine hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat Erfolg. Die Feststellungen tragen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen (vollendeten) Totschlags.

2

1.

Der Angeklagte geriet mit seiner Lebensgefährtin, der später getöteten L. , wegen deren Trennungsabsichten in Streit. Um sich vor Tätlichkeiten der alkoholisierten Frau L. zu schützen, ergriff er sie an dem von ihr getragenen Halstuch und hielt sie so zunächst mit ausgestrecktem rechtem Arm auf Abstand. Sodann entschloss er sich, sie zu drosseln. Hierzu zog er, nun hinter ihr stehend, mit einer kräftigen Drehbewegung der rechten Faust das Halstuch zu. Frau L. bekam Atemnot; im weiteren Verlauf verfärbte sich ihre Gesichtshaut rötlichviolett, Stauungsblutungen im Kopf- und Halsbereich traten ein. Schließlich wurde Frau L. bewusstlos, so dass ihre Beine wegsackten. Gleichwohl lockerte der Angeklagte seinen Griff nicht, sondern setzte die Drosselung fort. "Spätestens ab diesem Zeitpunkt" vertraute er nicht mehr ernsthaft darauf, dass Frau L. dies überleben würde, und nahm ihren Tod billigend in Kauf. Insgesamt hielt der Angeklagte die Drosselung über einen Zeitraum von zwei bis drei Minuten aufrecht. Frau L. verstarb an zentralem Atem- und Kreislaufregulationsversagen infolge Sauerstoffmangels.

3

2.

Geht der Täter während seines Handelns vom Körperverletzungs- zum Tötungsvorsatz über, so kann er wegen vollendeten Totschlags nur dann verurteilt werden, wenn er die zum Tode führenden - gegebenenfalls den Todeseintritt beschleunigenden - Handlungen mit Tötungsvorsatz ausgeführt hat. Steht dagegen fest oder ist nicht auszuschließen, dass für den Todeseintritt bereits solche Handlungen ursächlich waren, die der Täter noch mit Körperverletzungsvorsatz vorgenommen hat, so kommt nur eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlags in Betracht (BGH, NStZ 2009, 266; 1992, 277, 278; NJW 1989, 596, 597).

4

Ob der für das zentrale Regulationsversagen ursächliche Sauerstoffmangel erst dadurch hervorgerufen wurde, dass der Angeklagte sein Opfer noch über den erkannten Eintritt der Bewusstlosigkeit hinaus strangulierte, gegebenenfalls, ob dies ein bereits in Gang befindliches, zum Tode führendes körperliches Geschehen weiter beschleunigte, ist den Feststellungen indes nicht zu entnehmen. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, zum Tatgeschehen insgesamt neue Feststellungen zu treffen.

Becker
von Lienen
Sost-Scheible
Schäfer
Mayer

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