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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 04.11.2014, Az.: 1 StR 474/14
Ausreichend konkrete Bezeichnung von Einziehungsgegenständen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.11.2014
Referenz: JurionRS 2014, 26573
Aktenzeichen: 1 StR 474/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Passau - 03.06.2014

Fundstellen:

NStZ-RR 2017, 130

StraFo 2015, 22-23

Verfahrensgegenstand:

Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

BGH, 04.11.2014 - 1 StR 474/14

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Einzuziehende Gegenstände müssen im Urteilstenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht.

  2. 2.

    Die Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis genügt dafür nicht.

  3. 3.

    Jedoch kann das Revisionsgericht unter Rückgriff auf die Urteilsgründe die gebotene Konkretisierung hinsichtlich der Einziehungsgegenstände selbst vornehmen.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2014 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 357 Satz 1 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Passau vom 3. Juni 2014, auch soweit es den Mitangeklagten E. W. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben.

  2. 2.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  3. 3.

    Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen seinen Bruder, den nicht revidierenden Mitangeklagten E. W. , hat es wegen dieser Tat eine Jugendstrafe verhängt. Zudem hat das Landgericht die Einziehung von Gegenständen angeordnet.

2

1. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Einziehungsgegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet.

3

a) Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2007 - 1 StR 251/07 [insoweit in NStZ 2007, 713 f. [BGH 20.06.2007 - 1 StR 251/07] nicht veröffentlicht] und vom 22. Juni 2010 - 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424 mwN). Die Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis genügt dafür nicht (BGH, Beschlüsse vom 25. August 2009 - 3 StR 291/09, NStZ-RR 2009, 384 [nur LS] und vom 22. Juni 2010 - 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424 jeweils mwN).

4

b) Diesen Anforderungen wird die Einziehungsanordnung des angefochtenen Urteils nicht gerecht. Sie erschöpft sich im Tenor in dem Aufführen der im Sicherstellungsverzeichnis der Staatsanwaltschaft Passau verwendeten Kennzeichnungen der Gegenstände (etwa "ÜLNr. 1436/13, Ziff. 1"). Es ist jedoch nicht zu erkennen, um welche Gegenstände es sich dabei handelt.

5

c) Der Senat kann - was grundsätzlich möglich wäre (BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2007 - 1 StR 251/07 mwN und vom 22. Juni 2010 - 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424) - auch nicht gemäß § 354 Abs. 1 StPO unter Rückgriff auf die Urteilsgründe die gebotene Konkretisierung hinsichtlich der Einziehungsgegenstände selbst vornehmen. Die Gründe beschränken sich insoweit auf die Wiedergabe des Gesetzestextes von § 74 Abs. 1 und 2 StGB (UA S. 45). Um welche Gegenstände es sich konkret gehandelt hat, ist dem nicht zu entnehmen. Es mag sich um die bei den Angeklagten sichergestellten Betäubungsmittel gehandelt haben; das Urteil lässt dies jedoch auch in seinem Gesamtzusammenhang nicht erkennen. Die Anordnung der Einziehung war daher aufzuheben.

6

Eine Aufhebung der dazu getroffenen Feststellungen war nicht veranlasst. Die mangelnde Konkretisierung wirkt sich auf die Feststellung, dass es sich um Gegenstände handelt, die den Angeklagten gehörten oder ihnen zustanden, nicht aus (§ 353 Abs. 2 StPO). Für die Konkretisierung der Einziehungsgegenstände erforderliche weitergehende, dazu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen wird der neue Tatrichter zu treffen haben, an den die Sache im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen wird.

7

d) Die Aufhebung der Einziehungsanordnung war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten E. W. zu erstrecken (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1966 - 1 StR 592/66, BGHSt 21, 66, 69; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 22). Da es sich nach den Feststellungen um Einziehungsgegenstände beider Angeklagter handelt, betrifft der Rechtsfehler auch den wegen derselben Tat verurteilten Mitangeklagten.

8

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 16. September 2014 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Rothfuß

Graf

Radtke

Mosbacher

Fischer

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