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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 04.07.2013, Az.: IX ZB 44/11
Aufhebung einer Zwangsgeldfestsetzung gegen einen Insolvenzverwalter bei Vornahme der vom Insolvenzgericht geforderten Handlung vor Rechtskraft der Entscheidung über die Zwangsgeldfestsetzung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.07.2013
Referenz: JurionRS 2013, 42028
Aktenzeichen: IX ZB 44/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Hamburg-Mitte - 30.09.2010 - AZ: 67g IN 260/03

LG Hamburg - 27.12.2010 - AZ: 326 T 106/10

Fundstellen:

InsbürO 2014, 37

ZInsO 2013, 1635-1636

ZVI 2013, 387-388

BGH, 04.07.2013 - IX ZB 44/11

Redaktioneller Leitsatz:

Die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 58 Abs. 2 InsO ist aufzuheben, wenn der Insolvenzverwalter die nach § 58 Abs. 1 InsO vom Insolvenzgericht geforderte Handlung vornimmt, bevor die Entscheidung über die Zwangsgeldfestsetzung rechtskräftig wird. Denn Zweck der Zwangsgeldfestsetzung ist nicht die Sanktionierung einer begangenen Pflichtverletzung, sondern, den Insolvenzverwalter zu pflichtgerechtem Verhalten anzuhalten.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring am 4. Juli 2013 beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 27. Dezember 2010 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten wird der Zwangsgeldbeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 30. September 2010 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde hat der weitere Beteiligte zu tragen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

In dem am 8. Juli 2003 über das Vermögen der Schuldnerin eröffneten Insolvenzverfahren war der Beteiligte zu 1 als Insolvenzverwalter bestellt. Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 30. Oktober 2007 aufgehoben. Am 6. Oktober 2008 wurde die Nachtragsverteilung angeordnet. Mit Verfügung vom 11. August 2010 setzte das Insolvenzgericht dem Insolvenzverwalter zum Abschluss der Nachtragsverteilung unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 € eine Frist von einem Monat. Nach einer dem Verwalter antragsgemäß bis zum 17. September 2010 gewährten Fristverlängerung zeigte dieser unter dem 9. September 2010 an, er habe die Verteilung vorgenommen, wobei er zum Nachweis Kopien von handschriftlich ausgefüllten Überweisungsträgern zur Akte reichte. Das Insolvenzgericht setzte das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € fest. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter seinen Antrag, den Zwangsgeldbeschluss aufzuheben, weiter.

II.

2

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Satz 3 InsO, Art. 103 f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

3

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Insolvenzverwalter habe trotz Mahnung den erforderlichen Nachweis über den Abschluss der Verteilung nicht geführt. Auch habe er über die Verwendung des restlichen Kassenbestandes keine ordnungsgemäße Rechnung gelegt. Ausweislich des mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Kontoauszugs befinde sich auf dem Konto weiterhin ein Betrag in Höhe von 25 €, der zu verteilen sei. Dass dieser Betrag für etwaige Rückstellungen benötigt werde, sei nicht dargelegt. Auch belege der Kontoauszug, dass der Verwalter die Überweisungsträger vom 6. September 2010 verspätet zur Bank gegeben habe, weil deren Abbuchungen erst am 15. September 2010 erfolgt seien. Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund sich die Verteilung durch den Verwalter über einen derart langen Zeitraum erstreckt habe. Ungeklärt sei schließlich, aus welchem Grund die Ausschüttung der auf die Gläubigerin Nr. 5 des Schlussverzeichnisses entfallenden Quote an einen Rechtsanwalt M. erfolgt sei, obwohl für diese Gläubigerin ein anderer Rechtsanwalt aufgetreten sei.

4

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5

a) Die Festsetzung des Zwangsgeldes nach § 58 Abs. 2 InsO ist aufzuheben, wenn der Insolvenzverwalter die nach § 58 Abs. 1 InsO vom Insolvenzgericht geforderte Handlung vornimmt, bevor die Entscheidung über die Zwangsgeldfestsetzung rechtskräftig wird (BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - IX ZB 190/11, WM 2012, 50 Rn. 4). Zweck der Zwangsgeldfestsetzung ist es, pflichtgerechtes Verhalten des Verwalters zu erzwingen, nicht aber eine begangene Pflichtverletzung zu sanktionieren (BGH, Beschluss vom 14. April 2005 - IX ZB 76/04, WM 2005, 1132, 1134; vom 1. Dezember 2011, aaO).

6

b) Gemessen hieran ist das Zwangsgeld aufzuheben.

7

aa) Das Beschwerdegericht ist zwar mit Recht davon ausgegangen, dass die Vorlage von Ablichtungen von Überweisungsträgern kein tauglicher Nachweis über den Vollzug der Nachtragsverteilung (§ 205 InsO) darstellt. Allein dies hatte das Insolvenzgericht mit der Aufforderung zum Abschluss der Schlussverteilung angemahnt. Den Ablichtungen ist nicht zu entnehmen, ob die Überweisungen ausgeführt wurden. Auch gehört zum Vollzug der Nachtragsverteilung nicht nur ihre Durchführung (§ 205 Satz 1 InsO), sondern auch die dahingehende Rechnungslegung (§ 205 Satz 2 InsO). Jedenfalls hierzu waren die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Kontoauszüge nicht geeignet. Sie vermochten weder eine Rückstellung in Höhe von 25 € zu erklären noch den Grund für die Auszahlung an einen anderen Vertreter der Gläubigerin Nr. 5.

8

bb) Der Insolvenzverwalter hat jedoch mit Schriftsatz vom 3. November 2010 und damit vor Erlass der Beschwerdeentscheidung sowohl die vollständige Durchführung der Nachtragsverteilung nachgewiesen als auch entsprechend Rechnung gelegt (vgl. Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 205 Rn. 9; FK-InsO/Kießner, 7. Aufl., § 205 Rn. 8). Aus welchem Grund er die Nachweise nicht früher eingereicht hatte, ist nach dem Zweck der Zwangsgeldfestsetzung ebenso unbeachtlich wie die Frage, weshalb er die Nachtragsverteilung nicht hatte früher abschließen können. Das Beschwerdegericht hat den maßgeblichen Schriftsatz bei seiner Entscheidung somit unberücksichtigt gelassen. Es ist damit dem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch des Insolvenzverwalters auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht gerecht geworden. Dem steht nicht entgegen, dass der Verwalter seinen Vortrag nicht an das Beschwerdegericht gerichtet hatte. Hierzu hatte er keine Veranlassung, weil er keine Abgabenachricht erhalten hatte.

III.

9

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann daher keinen Bestand haben. Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Der Zwangsgeldbeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 30. September 2010 ist auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters aufzuheben.

10

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens sind die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO gegeben. Die außergerichtlichen Kosten der erfolgreichen Rechtsbeschwerde gelten als Auslagen des Insolvenzverwalters.

Kayser

Gehrlein

Pape

Grupp

Möhring

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