Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 04.07.2013, Az.: 4 StR 129/13
Berücksichtigung erlittener Untersuchungshaft bei der Bestimmung des teilweisen Vorwegvollzugs einer Strafe
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.07.2013
Referenz: JurionRS 2013, 40555
Aktenzeichen: 4 StR 129/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hannover - 18.12.2012

Fundstelle:

NStZ-RR 2016, 166

Verfahrensgegenstand:

Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer u.a.

BGH, 04.07.2013 - 4 StR 129/13

Redaktioneller Leitsatz:

Bei der Bestimmung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe nach § 67 Abs. 2 StGB hat Untersuchungshaft außer Betracht zu bleiben hat, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB im Vollstreckungsverfahren auf den vor der Unterbringung zu vollziehenden Teil der Strafe angerechnet wird.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 4. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. Dezember 2012 dahin geändert, dass die Dauer des Vorwegvollzugs der Gesamtfreiheitsstrafen vor der Maßregel bei der Angeklagten L. auf ein Jahr und bei dem Angeklagten S. auf ein Jahr und sechs Monate festgesetzt wird.

  2. 2.

    Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

  3. 3.

    Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

1

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen "räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie in zwei Fällen in Tateinheit mit besonders schwerem Raub, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit schwerem Raub sowie in einem Fall in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung" zu Gesamtfreiheitsstrafen von sechs Jahren verurteilt, ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass von den Strafen elf Monate (Angeklagte L. ) und ein Jahr (Angeklagter S. ) vor der Maßregel zu vollstrecken sind. Hiergegen richten sich die jeweils auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel führen zu einer geänderten Festsetzung der Dauer des Vorwegvollzugs der Gesamtfreiheitsstrafen vor der Maßregel; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat zu den Schuld- und Strafaussprüchen sowie zu den Unterbringungsanordnungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Verfahrensrügen, mit denen die Besetzung der Strafkammer mit drei Berufsrichtern beanstandet werden, sind nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision der Angeklagten L. trägt schon nicht vor, dass der Besetzungseinwand in der Hauptverhandlung rechtzeitig gemäß § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO erhoben worden ist. Des Weiteren versäumen es beide Beschwerdeführer, diejenigen tatsächlichen Umstände mitzuteilen, aus denen sich ergeben soll, dass die Einschätzung der Strafkammer, die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 GVG seien mit Blick auf eine nach Aktenlage im Raum stehende Unterbringung der Angeklagten L. in einem psychiatrischen Krankenhaus erfüllt, im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung nicht vertretbar war. Der bloße Verweis auf den eine Unterbringung nach § 63 StGB nicht umfassenden Gutachtenauftrag der Staatsanwaltschaft reicht hierfür nicht aus.

3

2. Die Festsetzung der jeweiligen Dauer des Vorwegvollzugs der Gesamtfreiheitsstrafen vor der Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kann nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer hat bei ihrer Entscheidung übersehen, dass die erlittene Untersuchungshaft bei der Bestimmung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe nach § 67 Abs. 2 StGB außer Betracht zu bleiben hat, weil die nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB anzurechnende Untersuchungshaft im Vollstreckungsverfahren auf den vor der Unterbringung zu vollziehenden Teil der Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - 4 StR 210/10; Beschlüsse vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09, NStZ-RR 2010, 171, 172; vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07, NStZ 2008, 213).

4

Da das Landgericht die jeweils voraussichtlich erforderliche Behandlungsdauer in der Unterbringung rechtsfehlerfrei mit zwei Jahren für die Angeklagte L. und einem Jahr und sechs Monaten für den Angeklagten S. bestimmt hat, kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2013 - 4 StR 498/12) die Neufestsetzung der jeweiligen Dauer des Vorwegvollzugs selbst vornehmen.

5

Der geringfügige Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von einem Teil der Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sost-Scheible

Roggenbuck

Cierniak

Mutzbauer

Bender

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.