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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 04.05.2016, Az.: I ZR 247/14
Nichterforderlichkeit einer Begründung für eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.05.2016
Referenz: JurionRS 2016, 22925
Aktenzeichen: I ZR 247/14
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:040516BIZR247.14.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Frankfurt am Main - 05.06.2014 - AZ: 6 U 55/13

BGH, 04.05.2016 - I ZR 247/14

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler und den Richter Feddersen
beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 28. Januar 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 232.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg. 2014, 343 Rn. 2 - BAVARIA; Beschluss vom 18. Dezember 2014 - I ZR 228/12, Rn. 2; Beschluss vom 21. Januar 2016 - I ZR 159/14, Rn. 2).

2

I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144 [BVerfG 19.05.1992 - 1 BvR 986/91]; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Die Partei hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZR 137/12, MarkenR 2014, 343 Rn. 2 BAVARIA; Beschluss vom 18. Dezember 2014 I ZR 228/12, Rn. 2; Beschluss vom 21. Januar 2016 - I ZR 159/14, Rn. 2).

3

II. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 28. Januar 2016 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten in vollem Umfang geprüft, jedoch sämtlich nicht für durchgreifend erachtet.

4

1. Soweit die Beklagte mit ihrer Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (BVerfG, NJW 2008, 2635 f. [BVerfG 05.05.2008 - 1 BvR 562/08]; BGH, MarkenR 2014, 343 Rn. 4 - BAVARIA). Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht mit dem Ziel eingelegt werden, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - I ZR 100/11, Rn. 3; BGH, MarkenR 2014, 343 Rn. 4 - BAVARIA).

5

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Übrigen geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 12 [BVerfG 08.12.2010 - 1 BvR 1382/10]). Das gilt auch für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, mit denen - wie hier - eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen worden ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 12 [BVerfG 08.12.2010 - 1 BvR 1382/10]). Eine Begründung ist nur dann ausnahmsweise geboten, wenn vom eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen wird und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist, oder wenn ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über diese wegfällt und deswegen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz als tragend angesehenen Gründe erforderlich ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 13 [BVerfG 08.12.2010 - 1 BvR 1382/10]). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.

6

An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt worden ist. Der Umstand, dass die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 4 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern eine neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird, hat keinen Einfluss auf Begründungserleichterungen bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbeschwerde (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 14 [BVerfG 08.12.2010 - 1 BvR 1382/10]; BGH, MarkenR 2014, 343 Rn. 6 - BAVARIA).

7

2. In der Anhörungsrüge wird eine primäre Gehörsverletzung durch den Senat nur unter Wiederholung des Vorbringens in der Nichtzulassungsbeschwerde pauschal behauptet, jedoch nicht dargelegt. Für die erforderliche Darlegung reicht es nicht aus, dass der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat, auch soweit die Beklagte als Zulassungsgründe Gehörsverletzungen geltend gemacht hat.

8

3. Der Senat hat auch die Frage geprüft und aus den mit der Beschwerdeerwiderung vom 14. September 2015 auf den Seiten 10 bis 23 vorgebrachten Gründen verneint, ob im Streitfall eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union veranlasst ist. Der von der Beschwerde herangezogenen Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3430 = GRUR 2007, 586 - Boehringer Ingelheim/Swingward II) lassen sich im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der wegen des Vertriebs von Originalmarkenware aus einer Marke Inanspruchgenommene, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts beruft, den Nachweis für die tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte durch den Markeninhaber erbracht hat, wenn er im Sinne eines Anfangsbeweises die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr dargelegt und nachgewiesen hat. Eine solche Reduzierung des Beweismaßes hat der Gerichtshof nicht angenommen. Er ist lediglich in den Fällen des Umpackens von Arzneimitteln beim Parallelimport für das Vorliegen der Voraussetzung, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann, davon ausgegangen, dass es genügt, wenn der Parallelimporteur Beweise erbringt, die vernünftigerweise vermuten lassen, dass diese Voraussetzung erfüllt ist. Sobald der Importeur einen solchen Anfangsbeweis dafür erbringt, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, ist es gegebenenfalls Sache des Markeninhabers, der am besten beurteilen kann, ob das Umpacken seinen Ruf und den der Marke schädigen kann, nachzuweisen, dass dies der Fall ist (EuGH GRUR 2007, 586 Rn. 53 und 54 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Für die Voraussetzung der Marktabschottung gilt dieses Beweismaß aber gerade nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 8. April 2003 - C-244/00, Slg. 2003, I-3051 = GRUR 2003, 512 Rn. 41 - Van Doren + Q).

Büscher

Schaffert

Koch

Löffler

Feddersen

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