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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 01.09.2016, Az.: 2 StR 197/16
Revisionrechtliche Nachprüfung der Verurteilung wegen Bandenraubs; Beurteilung des Vorliegens einer Bandenmitgliedschaft nach der deliktischen Vereinbarung (Bandenabrede); Herleitung einer Bandenabrede aus dem konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen; Erforderlichkeit einer sorgfältigen und umfassenden Würdigung aller im konkreten Einzelfall für und gegen eine Bandenabrede sprechenden Umstände
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.09.2016
Referenz: JurionRS 2016, 26884
Aktenzeichen: 2 StR 197/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:010916B2STR197.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Aachen - 02.02.2016

Verfahrensgegenstand:

Schwerer Raub u.a.

BGH, 01.09.2016 - 2 StR 197/16

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu Ziffer 2. auf dessen Antrag - am 1. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 2. Februar 2016 mit den Feststellungen zur bandenmäßigen Begehung aufgehoben

    1. a)

      im Strafausspruch im Fall II. 3. der Urteilsgründe und

    2. b)

      im Gesamtstrafenausspruch.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  2. 2.

    Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und unbefugten Gebrauchs eines Kraftfahrzeuges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch und zu den Strafaussprüchen in den Fällen II. 1. und II. 2. der Urteilsgründe keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.

3

2. Die Annahme, der Angeklagte habe im Fall II. 3. der Urteilsgründe den schweren Raub (auch) als Mitglied einer Bande (§ 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begangen, begegnet hingegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

4

Das Landgericht hat festgestellt, dass sich der Angeklagte spätestens im Jahr 2007 "mit weiteren weitestgehend unbekannt gebliebenen Mittätern" zusammengeschlossen habe, um "für eine unbestimmte Dauer in einer unbestimmten Anzahl von Fällen in wechselnden Personenkonstellationen Überfälle auf Juweliergeschäfte in verschiedenen europäischen Staaten zu verüben". Neben einem Überfall im Dezember 2007 in Z. , an dem der Angeklagte beteiligt und deswegen in der Schweiz rechtskräftig verurteilt worden war, habe er auch als Mitglied der Bande unter Mitwirkung dreier weiterer (unbekannter) Bandenmitglieder an dem Überfall im Februar 2014 in A. mitgewirkt (Fall II. 3. der Urteilsgründe).

5

Die Feststellungen zur bandenmäßigen Begehung, insbesondere zu einer Bandenabrede, sind nicht mit Tatsachen belegt, sondern erschöpfen sich im Wesentlichen in der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geprägten abstrakten Definition der Bande (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2015 - 2 StR 441/14, BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 Bande 9 mwN). Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede, die zwar durch schlüssiges Verhalten zustande kommen und daher auch aus dem konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann (vgl. Senat, aaO mwN). Erforderlich ist in solchen Fällen jedoch eine sorgfältige und umfassende Würdigung aller im konkreten Einzelfall für und gegen eine Bandenabrede sprechenden Umstände, wobei sich der Tatrichter insbesondere bewusst sein muss, dass ein Rückschluss von dem tatsächlichen deliktischen Zusammenwirken auf eine konkludente Bandenabrede für sich genommen zu kurz greifen kann (vgl. Senat, aaO mwN). Angesichts des Umstandes, dass zwischen den Überfällen in Z. und A. mehr als sechs Jahre liegen und unklar bleibt, wer neben dem Angeklagten an beiden Überfällen mitgewirkt hat, versteht sich das Bestehen einer konkludenten Bandenabrede letztlich nur wegen einer ähnlich gelagerten Vorgehensweise nicht von selbst.

6

Dieser Rechtsfehler berührt indes den Schuldspruch wegen der rechtlich zutreffend angenommenen Verwirklichung der Tatbestandsalternativen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) und b) StGB nicht. Gleiches gilt allerdings nicht für den Strafausspruch; denn die Strafkammer hat sowohl bei der Erörterung eines minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB, als auch bei der konkreten Strafzumessung im Fall II. 3. der Urteilsgründe zu Lasten des Angeklagten ausdrücklich berücksichtigt, dass er drei Tatbestandsvarianten des § 250 Abs. 1 StGB verwirklicht habe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Beurteilung eine mildere Freiheitsstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe verhängt hätte.

7

3. Die Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.Fischer Appl EschelbachZeng Bartel

Fischer

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Eschelbach

Zeng

Bartel

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