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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 01.03.2016, Az.: VIII ZR 287/15
Nachholung einer vom Gericht versehentlich nicht getroffenen erforderlichen Entscheidung über die Kosten des Streithelfers im Wege der Berichtigung; Bewertung des Versehens des Gerichts als "offenbar"
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.03.2016
Referenz: JurionRS 2016, 13068
Aktenzeichen: VIII ZR 287/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:010316BVIIIZR287.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Göttingen - 24.08.2012 - AZ: 4 O 260/10

OLG Braunschweig - 19.05.2015 - AZ: 8 U 153/12

Fundstellen:

AGS 2016, 541-542

BauR 2016, 1210-1211

FA 2016, 175

FamRZ 2016, 902

JZ 2016, 284

MDR 2016, 607

NJW 2016, 9

NJW 2016, 2754

RVGreport 2016, 279-280

WM 2016, 2144-2145

zfs 2016, 523-524

BGH, 01.03.2016 - VIII ZR 287/15

Amtlicher Leitsatz:

ZPO § 101 Abs. 1, § 319 Abs. 1, § 321 Abs. 1

Hat das Gericht eine gemäß § 101 Abs. 1 ZPO erforderliche Entscheidung über die Kosten des Streithelfers versehentlich nicht getroffen, kommt eine Nachholung dieser Entscheidung im Wege der Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO - an Stelle einer Ergänzung nach § 321 Abs. 1 ZPO - nur dann in Betracht, wenn das Versehen des Gerichts "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist; die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung genügt insoweit nicht (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - IX ZR 110/09, Rn. 2 ff.; vom 16. April 2013 - II ZR 185/10, Rn. 2 f., und II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn. 2 f.; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn. 7, 10 f.).

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol
beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Senats vom 20. Januar 2016 wird im Tenor hinsichtlich des Kostenausspruchs dahin ergänzt, dass die Klägerin auch die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen hat.

Gründe

I.

1

Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Januar 2016 die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen und ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Eine Entscheidung nach § 101 Abs. 1 ZPO über die Kosten der Streithelferin der Beklagten enthält der Tenor des Beschlusses nicht. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Streithelferin am 27. Januar 2016 zugestellt worden. Mit noch am selben Tag eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, den Beschluss des Senats gemäß § 321 ZPO dahin zu ergänzen oder, wenn dies möglich sei, nach § 319 ZPO dahin zu berichtigen, dass die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen habe.

II.

2

Auf den zulässigen, insbesondere fristgerecht gestellten Antrag der Streithelferin ist der Beschluss des Senats vom 20. Januar 2016 entsprechend § 321 Abs. 1 ZPO um die versehentlich unterbliebene Entscheidung über die Kosten der Streithelferin nach § 101 Abs. 1 ZPO zu ergänzen.

3

1. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kommt hier nicht in Betracht. Zwar ist eine solche Berichtigung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch im Falle einer versehentlich unterbliebenen Entscheidung über die Kosten der Streithilfe möglich (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - IX ZR 110/09, Rn. 2; vom 10. April 2014 - V ZR 268/12, Rn. 1 f.; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn. 7 ff.). Erforderlich hierfür ist, dass eine versehentliche Abweichung von dem seitens des Gerichts Gewollten vorliegt und diese Abweichung "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist (BGH, Beschlüsse vom 16. April 2013 - II ZR 185/10, Rn. 2, und II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn. 2; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, aaO Rn. 7; jeweils mwN).

4

An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es hier. Zwar wollte der Senat bei dem Erlass des Beschlusses vom 20. Januar 2016 der Klägerin auch die Kosten der Streithelferin gemäß § 101 Abs. 1 ZPO auferlegen und ist dies lediglich versehentlich nicht im Tenor ausgesprochen worden. Dieses Versehen ist jedoch nicht "offenbar" im Sinne des § 319 Abs. 1 ZPO, da weder die Gründe des Beschlusses Ausführungen zu den Kosten der Streithelferin enthalten noch im Beschluss die die Kosten des Streithelfers regelnde Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO genannt wird noch etwa jegliche Entscheidung über die Kosten fehlte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 16. April 2013 - II ZR 185/10, aaO Rn. 3, und II ZR 297/11, aaO Rn. 3; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, aaO Rn. 10 f.) und auch sonst hinreichende, nach außen ohne Weiteres erkennbare Anhaltspunkte für ein offenkundiges Versehen nicht vorliegen. Die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung - wie hier der Fall - genügt insoweit nicht (BGH, Beschlüsse vom 16. April 2013 - II ZR 185/10, aaO, und II ZR 297/11, aaO; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, aaO Rn. 10).

5

2. Bei dieser Sachlage kann eine Korrektur indes durch eine Ergänzung der Entscheidung nach § 321 Abs. 1 ZPO erfolgen, der auf Beschlüsse entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 2013 - IX ZR 26/13, Rn. 1 mwN). Da die Streithelferin auch dies - innerhalb der von § 321 Abs. 2 ZPO hierfür vorgesehenen Frist durch Schriftsatz ihres beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) - beantragt hat, ist der Beschluss des Senats vom 20. Januar 2016 antragsgemäß dahin zu ergänzen, dass die Klägerin auch die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen hat.

Dr. Milger

Dr. Hessel

Dr. Fetzer

Dr. Bünger

Kosziol

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