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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 30.07.2014, Az.: I B 123/13
Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.07.2014
Referenz: JurionRS 2014, 22584
Aktenzeichen: I B 123/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Niedersachsen - 27.06.2013 - AZ: 6 K 126/12

Rechtsgrundlage:

§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO

Fundstelle:

BFH/NV 2014, 1910-1913

BFH, 30.07.2014 - I B 123/13

Redaktioneller Leitsatz:

1. Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das Finanzgericht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und dass diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist.

2. Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum und Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüber stellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen.

Gründe

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der A eG. Sie betreibt eine Bank.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ aufgrund der Übergangsregelungen zum Wechsel des Anrechnungsverfahrens zum Halbeinkünfteverfahren am 27. März 2006 einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000 --KStG 1999-- (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428). Hierbei hatte er nach Maßgabe des § 36 Abs. 3 KStG 1999 insbesondere den mit 45 % Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals --vEK-- (EK 45) durch Erhöhung des mit 40 % Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrags des vEK (EK 40) bei gleichzeitiger Minderung des nicht mit Körperschaftsteuer belasteten vEK (EK 02) umgegliedert. In der Anlage 2 zum Bescheid wurde die Umgliederung des vEK anhand einer Tabelle im Einzelnen dargestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

3

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte mit Beschluss vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05 (BVerfGE 125, 1) § 36 Abs. 3 und 4 KStG 1999 als mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar, soweit diese Regelung zu einem Verlust des Körperschaftsteuerminderungspotentials führt, das im EK 45 enthalten ist. Zugleich wurde der Gesetzgeber aufgefordert, für die noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren eine Neuregelung zu treffen. Daraufhin wurden die fraglichen Vorschriften durch § 34 Abs. 13f und 13g KStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394) --KStG 2002 n.F.-- geändert: § 36 Abs. 3 KStG 1999 (Umgliederung des EK 45) wurde gestrichen und durch einen Abs. 6a ersetzt (§ 34 Abs. 13f KStG 2002 n.F.). Die neue Regelung in Abs. 6a kann zu einem positiven Endbestand des EK 45 führen, der unmittelbar das Körperschaftsteuerguthaben erhöht (§ 37 Abs. 1 Satz 2 KStG 2002 n.F.).

4

Die Änderungen gelten rückwirkend, sind aber nur in denjenigen Fällen anzuwenden, in denen die Endbestände i.S. des § 36 Abs. 7 KStG 1999 noch nicht bestandskräftig festgestellt sind.

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Unter Hinweis auf die verfassungsgerichtliche Entscheidung und die gesetzgeberische Reaktion beantragte die Klägerin die erstmalige gesonderte Feststellung des Endbestands des EK 45. Dies könne durch einen eigenständigen Bescheid oder durch einen Ergänzungsbescheid gemäß § 179 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) geschehen. Das FA folgte dem nicht. Auch der Einspruch und die Klage blieben erfolglos. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) legte den Feststellungsbescheid vom 27. März 2006 dahin aus, dass dieser --jedenfalls inzident-- auch die Feststellung enthielt, dass ein Endbestand des EK 45 nicht mehr vorhanden ist. Aus diesem Grund sei kein Raum für einen Ergänzungsbescheid. Die Revision wurde im Urteil vom 27. Juni 2013 6 K 126/12 nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin nunmehr mit ihrer Beschwerde.

6

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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Die Klägerin hat keine Revisionszulassungsgründe in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt.

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1. a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, ist eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf. Darüber hinaus bedarf es konkreter Erläuterungen dazu, dass der aufgeworfenen Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt und sie mithin klärungsfähig ist (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224; vom 18. März 2005 IX B 193/04, BFH/NV 2005, 1342; vom 5. Dezember 2007 VIII B 79/07, BFH/NV 2008, 732; vom 15. Oktober 2008 II B 74/08, BFH/NV 2009, 125; Senatsbeschluss vom 2. April 2014 I B 130/13, BFH/NV 2014, 1085, m.w.N.).

9

b) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. BFH-Beschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein der Divergenzentscheidung vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt.

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2. Diesen Anforderungen genügen die von der Klägerin erhobenen Rügen weder bezogen auf die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (a) noch auf die geltend gemachte Divergenz (b).

11

a) Grundsätzliche Bedeutung

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aa) Hinsichtlich folgender von der Klägerin aufgeworfener Rechtsfragen fehlt es an der schlüssigen Darlegung der Klärungsfähigkeit oder der Klärungsbedürftigkeit:

"- Frage 1: Kann zur Ermittlung des Regelungsgehaltes eines Feststellungsbescheides über die Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG auf die Erläuterungen des Bescheides zurückgegriffen werden und kann eine Regelung, die im Feststellungsteil zu treffen ist, ausschließlich in den Bescheiderläuterungen getroffen werden, wenn im Bescheidtenor (Verfügungssatz) eine Regelung unterblieben ist oder muss aus Gründen der Rechtssicherheit eine Regelung des Feststellungsteils ('Feststellungsbereich') stets im Verfügungssatz getroffen werden?

- Frage 2: Erfordert eine verfassungskonforme Auslegung der Regelungen über den Feststellungsteil und das in Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnde rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot, dass die festzustellenden Regelungen stets im Verfügungssatz und zwar 'klar und unmissverständlich' zu treffen sind?

- Frage 3: Müssen in Weiterentwicklung des Beschlusses des BVerfG vom 17. November 2009 - 1 BvR 2192/05 - die bislang von der Rechtsprechung des BFH zu § 179 Abs. 3 AO entwickelten Grundsätze ergänzt werden?

- Frage 4: Kann aufgrund der Regelung in § 157 Abs. 1 Satz 2 AO zur Auslegung von Feststellungsbescheiden auf die allgemeine Regelung in § 124 AO zurückgegriffen werden oder müssen Regelungen im feststellenden Teil wie die Festsetzung der Steuer 'nach Art und Betrag' bezeichnet werden und verbieten damit einen Rückgriff auf den weiteren Inhalt des Bescheides wie dessen Begründung oder Anlagen zum Bescheid?

- Frage 5: Besteht aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 17. November 2009 - 1 BvR 2192/05 - die Möglichkeit und die Notwendigkeit, einen Ergänzungsbescheid nach § 179 Abs. 3 AO zu erlassen und ist dies ein verfassungskonformer Weg zur Beseitigung der vom BVerfG im Beschluss vom 17. November 2009 festgestellten Ungleichbehandlung?"

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bb) Die Fragen 1, 2 und 4 betreffen die Auslegung von Verwaltungsakten und ihrer steuerrechtlichen Sonderformen, wie z.B. Steuer- und Feststellungsbescheide. Es kann dahinstehen, ob angesichts der Vielzahl von Entscheidungen des BFH, die sich in rechtsgrundsätzlicher Weise mit der Auslegung des steuerrechtlichen Verwaltungsakts und damit auch eines Feststellungsbescheides befassen (z.B. BFH-Urteile vom 22. August 2007 X R 39/02, BFHE 218, 503, BStBl II 2008, 4 [BFH 22.08.2007 - X R 39/02]; vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471, [BFH 10.05.2012 - IV R 34/09] jeweils m.w.N.), noch ein zusätzlicher Klärungsbedarf besteht.

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Jedenfalls hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt, dass die von ihr aufgeworfenen Fragen in einem künftigen Revisionsverfahren geklärt werden könnten. Das FG hat den streitgegenständlichen Bescheid unter Heranziehung seiner Anlagen so interpretiert, dass er die --jedenfalls inzidente-- Feststellung enthält, dass ein Endbestand des EK 45 nicht mehr vorhanden ist. Weil die Feststellung somit bereits erfolgt war, konnte sie nicht i.S. des § 179 Abs. 3 AO nachgeholt werden. Die Klägerin hält es in den Fragen 1, 2 und 4 im Wesentlichen für klärungsbedürftig, ob und auf welche Weise ("klar und unmissverständlich") Regelungen des Feststellungsbereichs (hier: Feststellung des Endbestands des EK 45) im Verfügungssatz (Bescheidtenor) getroffen werden können oder müssen und inwieweit Bescheidanlagen im Auslegungswege herangezogen werden können. Sei entgegen der Auffassung des FG noch keine --klare und unmissverständliche-- Feststellung des Endbestands des EK 45 --im Verfügungsteil-- erfolgt, dann sei verfahrensrechtlich der Weg zu einem Ergänzungsbescheid eröffnet. Mit diesen knappen Ausführungen zur Klärungsfähigkeit genügt die Klägerin ihren Darlegungspflichten nicht. Sie geht auf die naheliegenden Zweifel, dass der von ihr begehrte Erlass eines Ergänzungsbescheides auch aus anderen Gründen ausscheiden könnte, nicht ein. In einem künftigen Revisionsverfahren käme es nämlich dann auf die Klärung der aufgeworfenen Fragen nicht mehr an, wenn, wie in der Literatur vertreten, die Feststellung des Endbestands des EK 45 unzulässig gewesen wäre, weil das frühere EK 45 als Folge der von § 36 Abs. 3 KStG 1999 angeordneten Umrechnung in EK 40 und EK 02 rechtlich nicht mehr fortbestand (so Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 36 KStG Rz 29). Die Entscheidung der Vorinstanz greift diesen Gedanken der Sache nach ebenfalls auf (S. 7 des Urteilsumdrucks: keine gesetzliche Verpflichtung, einen durch Umgliederung vollständig aufzulösenden Bestand des EK 45 mit dem Betrag von 0 DM auszuweisen). Die Ergänzung einer "notwendigen Feststellung" käme dann von vornherein nicht in Betracht. Für eine solche wäre auch dann kein Raum, wenn die Rechtsfolgenanordnung des § 36 Abs. 3 KStG 1999 so verstanden werden muss, dass das EK 45 im EK 40 und im EK 02 "aufgegangen" und jener ehemals getrennt auszuweisende Teilbetrag des vEK folglich in der Feststellung der Endbestände anderer Teilbeträge (hier: EK 40 und EK 02) materiell mitenthalten ist.

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cc) Die Fragen 3 und 5 betreffen den Ergänzungsbescheid gemäß § 179 Abs. 3 AO. Die Klärungsbedürftigkeit wird in der Beschwerdeschrift nicht substantiiert aufgezeigt. Durch eine Vielzahl von BFH-Urteilen, zu denen sich die Klägerin nur am Rande äußert, ist geklärt, wie die genannte Vorschrift zu verstehen ist. So hat der BFH insbesondere wiederholt herausgestellt, dass die von § 179 Abs. 3 AO vorausgesetzte Lückenhaftigkeit des Feststellungsbescheides durch Auslegung dieses Bescheides zu bestimmen ist. Für die Auslegung gelten anknüpfend an die analog anzuwendenden Regelungen in §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die allgemeinen Grundsätze (z.B. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2008 IX R 94/07, BFHE 223, 352, BStBl II 2009, 444; vom 3. März 2011 IV R 8/08, BFH/NV 2011, 1649; vom 26. April 2012 IV R 19/09, BFH/NV 2012, 1569, jeweils m.w.N.).

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Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 125, 1 [BVerfG 17.11.2009 - 1 BvR 2192/05] im Besonderen oder verfassungsrechtliche Grundsätze im Allgemeinen Anlass geben, die zu § 179 Abs. 3 AO entwickelte Rechtsprechung zu ergänzen oder zu überprüfen, wäre eine eingehende Auseinandersetzung mit den Folgen verfassungsgerichtlicher Entscheidungen erforderlich gewesen. Die Beschwerdeschrift verhält sich hierzu nicht. Dort wird lediglich die Frage aufgeworfen, ob durch den Erlass eines Ergänzungsbescheides ein "zweiter Weg" zur Beseitigung der verfassungswidrigen Vernichtung des Körperschaftsteuerminderungspotentials gefunden werden kann. Die Klägerin befasst sich indes nicht mit dem Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG), in dem die Folgen der vom BVerfG ausgesprochenen Normverwerfung im Einzelnen geregelt werden. So bestimmt § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Dieses Rückabwicklungsverbot bezweckt nicht, den auf verfassungswidriger Grundlage (hier: § 36 Abs. 3 KStG 1999) beruhenden Normvollzugsakten (hier: Feststellungsbescheid vom 27. März 2006) eine stärkere Bestandskraft zu verschaffen, als sie aufgrund der allgemeinen Regeln besitzen. Normvollzugsakte sollen "mit der Kraft und der Schwäche, die sie nach allgemeinen Grundsätzen haben, formell fortbestehen" (M. Graßhof in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl., § 79 Rz 26). Sind sie "schwach", weil sie ohnehin nach allgemein anwendbaren verfahrensrechtlichen Vorschriften leicht geändert werden können, dann kann auf diesem Wege die Normverwerfung durch das BVerfG noch Berücksichtigung finden. Ob, wie von der Klägerin im Streitfall angestrebt, die Bestandskraft der Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 durch den Erlass eines Ergänzungsbescheides noch mit der von ihr für möglich gehaltenen weiteren Folge der Unanwendbarkeit der verfassungswidrigen Regelung in § 36 Abs. 3 KStG 1999 überwunden werden kann, ist damit allein durch Auslegung und Anwendung des § 179 Abs. 3 AO zu bestimmen. Diesbezüglich sind die maßgeblichen Rechtsgrundsätze in der Rechtsprechung des BFH geklärt; die Klägerin hat keinen neuerlichen oder weiter gehenden Klärungsbedarf aufgezeigt.

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dd) Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift zum Revisionszulassungsgrund der Rechtsfortbildung sind allgemein gehalten und befassen sich nicht mit einem bestimmten durch Rechtsfortbildung zu lösenden Rechtsproblem. Sollten sie so zu verstehen sein, dass sie sich auf die fünf als bedeutsam herausgestellten Fragen beziehen, so können sie der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil es sich bei § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO lediglich um einen speziellen Unterfall der Grundsatzrevision handelt und hier wie dort die gleichen Darlegungsanforderungen gelten (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 38).

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b) Divergenz

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Soweit die Klägerin geltend macht, das FG sei mit dem aufgestellten Rechtssatz, dass bei der Auslegung nicht allein auf den Tenor eines Bescheides, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der Begründung abzustellen sei, von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 5. November 2009 4 C 3/09 (BVerwGE 135, 209) abgewichen, hat die Klägerin mit ihrem Vortrag das Vorliegen des Revisionszulassungsgrundes gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht substantiiert erkennbar gemacht. Insbesondere fehlen Darlegungen zur Identität der Rechtsfrage und zur Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Das FG hat im Streitfall einen Feststellungsbescheid gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 ausgelegt. In der vermeintlichen Divergenzentscheidung des BVerwG ging es dagegen um die Auslegung eines Zielabweichungsbescheides. Hierbei handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt i.S. des § 35 Satz 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes Rheinland-Pfalz, mit dem eine Abweichung vom städtebaulichen Integrationsgebot des Landesentwicklungsprogrammes Rheinland-Pfalz zugelassen wurde. Dieser feststellende Verwaltungsakt ist dadurch gekennzeichnet, dass er sich mit seinem verfügenden Teil darauf beschränkt, das Ergebnis eines behördlichen Subsumtionsvorganges verbindlich festzuschreiben (BVerwG-Urteil in BVerwGE 135, 209, m.w.N.). Damit hat dieser Verwaltungsakt nur dem Namen nach etwas mit einem steuerrechtlichen Feststellungsbescheid gemein. In diesem werden nicht lediglich die Ergebnisse finanzbehördlicher Subsumtionsvorgänge festgehalten, sondern Besteuerungsgrundlagen und damit tatsächliche Vorgänge und Zustände festgestellt, die die Behörde im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht aufzuklären hatte (z.B. die Höhe eines Gewinns, die Höhe des vorhandenen Eigenkapitals usw.). Die Entscheidung des BVerwG ist zudem zu einem wesentlichen Teil geprägt durch die Besonderheiten des überörtlichen Planungsrechts. Danach versteht es sich ohne zusätzliche detaillierte Erläuterungen von Seiten der Klägerin nicht von selbst, dass beide Entscheidungen --die des FG und die des BVerwG-- denselben rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund haben. Hinzu kommt, dass eine Abweichung im Rechtsgrundsätzlichen nicht schlüssig dargetan wurde. Denn sowohl das FG als auch das BVerwG haben für die Auslegung von Verwaltungsakten auf die im öffentlichen Recht analog anwendbaren Bestimmungen der §§ 133, 157 BGB abgestellt. Das FG hat der Aussage des BVerwG, dass eine behördliche Erklärung, deren feststellende Regelungsqualität nicht bereits durch Aufnahme in den Tenor des Bescheides dokumentiert worden sei, im Wege der Auslegung nur dann als feststellender Verwaltungsakt zu qualifizieren sei, wenn der Regelungswille der Behörde in anderer Weise klar und unmissverständlich zum Ausdruck komme, an keiner Stelle seines Urteils widersprochen. Es hat lediglich die Formulierung "klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommen" nicht ausdrücklich aufgegriffen. In der Sache ist es jedoch davon ausgegangen, dass der entsprechend §§ 133, 157 BGB auszulegende Feststellungsbescheid vom 27. März 2006 nur dahin verstanden werden kann, dass ein Endbestand des EK 45 nicht mehr vorhanden ist. Damit hat die Auslegung nach Auffassung des FG den Regelungswillen der Behörde im Streitfall klar und unmissverständlich offenbart. Nach alledem zeigt sich, dass die Divergenzrüge im Kern darauf abzielt, die im konkreten Fall vom FG vorgenommene Auslegung eines Feststellungsbescheides einer sachlichen Überprüfung durch den BFH zuzuführen und auf diesem Wege die eigene Auffassung von der vermeintlichen Unklarheit des Bescheides zu Lasten der finanzgerichtlichen Auffassung von der Eindeutigkeit des Auslegungsergebnisses durchzusetzen. Dafür ist das Institut der Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht geschaffen worden.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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