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Bundesfinanzhof
Urt. v. 25.08.2010, Az.: II R 41/09
Feststellung eines Grundstückswerts trotz Fehlens eines für ein Krankenhausgelände vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerts
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 25.08.2010
Referenz: JurionRS 2010, 25280
Aktenzeichen: II R 41/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Berlin-Brandenburg - 10.06.2009 - AZ: 3 K 3331/04 B

Fundstellen:

BFH/NV 2010, 2241-2242

UVR 2010, 359

BFH, 25.08.2010 - II R 41/09

Gründe

1

I.

Das Land B brachte mit Wirkung zum 1. Januar 2001 u.a. das Krankenhaus A einschließlich des Grund und Bodens als Sacheinlage in die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ein. Das inzwischen im Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) aufgegangene Finanzamt K (FA K) stellte den gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzenden Grundstückswert für das zum Krankenhausgelände gehörende unbebaute, 7 358 qm große Grundstück zum 1. Januar 2001 durch Bescheid vom 6. Oktober 2003 mit dem seinerzeit von der Klägerin mitgeteilten Verkehrswert von 5.297.000 DM fest. Dieser Wert ist niedriger als der Grundstückswert, der sich ergibt, wenn man von dem wegen des Fehlens eines vom Gutachterausschuss für das Krankenhausgelände ermittelten Bodenrichtwerts vom FA K geschätzten Bodenrichtwert auf den 1. Januar 1996 von 1.300 DM/qm einen Abschlag von 20 v.H. vornimmt. Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, der gemeine Wert sei noch niedriger, blieb erfolglos.

2

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens gab das Finanzgericht (FG) dem FA K im Hinblick auf R 160 Abs. 1 Satz 7 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 auf, beim Gutachterausschuss für Grundstückswerte in B eine ergänzende Bodenrichtwertermittlung zum 1. Januar 1996 für das zu bewertende Grundstück einzuholen. Der Gutachterausschuss lehnte das entsprechende Ersuchen des FA K mit der Begründung ab, er ermittle für das Krankenhausgelände keine Bodenrichtwerte, weil der Bebauungsplan für das Gelände die zulässige Nutzungsart Gemeinbedarfsfläche mit der Zweckbestimmung "Krankenhaus" bestimme. Eine privatnützige Verwendung wie in Gebieten mit baureifen Grundstücken sei deshalb ausgeschlossen. Es fehle insoweit an einem gewöhnlichen Geschäftsverkehr.

3

Das FG setzte den Grundstückswert mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1623 veröffentlichten Urteil auf 2.296.000 DM (1.173.926 EUR) herab und führte zur Begründung aus, das Fehlen eines vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerts stehe der Feststellung eines Grundstückswerts für das zu bewertende Grundstück nicht entgegen. Der Bodenrichtwert müsse aufgrund der Bodenrichtwerte für angrenzende vergleichbare Bodenrichtwertzonen geschätzt werden. Die vom FA K vorgenommene Schätzung des Bodenrichtwerts sei daher nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe aber den durch das Urteil festgestellten niedrigeren Grundstückswert durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen. Für eine Teilfläche von 6 158 qm (Bauland) seien 371 DM/qm und für die restliche Fläche von 1 200 qm (Nichtbauland) 10 DM/qm anzusetzen.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 147 Abs. 2 i.V.m. § 145 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der im Jahr 2001 geltenden Fassung. Wegen des Fehlens eines Bodenrichtwerts für das zu bewertende Grundstück könne dafür kein Grundstückswert festgestellt werden. Bodenrichtwerte könnten nach der Rechtslage im Jahr 2001 nur durch die Gutachterausschüsse ermittelt, nicht aber durch die Finanzämter geschätzt werden. Erst das Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2878) habe durch den neuen § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG eine entsprechende Handlungsermächtigung für die Finanzämter eingeführt, jedoch nicht rückwirkend.

5

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) einen Gerichtsbescheid zu Gunsten der Klägerin erlassen hatte, beantragte das FA beim Gutachterausschuss nochmals die Ermittlung und Mitteilung eines Bodenrichtwerts für das Krankenhausgelände. Der Gutachterausschuss lehnte dies mit der Begründung ab, er sei dazu weder verpflichtet noch in der Lage; denn das Krankenhausgelände eigne sich nicht für die Ermittlung eines Bodenrichtwerts. Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses führte dazu mit Schreiben vom 10. August 2010 aus, fachlich vertretbar sei ein Ansatz von 330 EUR/qm. Dabei handle es sich indes nicht um eine formale Bodenrichtwertermittlung nach § 196 des Baugesetzbuchs (BauGB) oder eine einzelfallbezogene Verkehrswertermittlung nach § 194 BauGB.

6

Das FA sah in dem Schreiben vom 10. August 2010 ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung und stellte den Grundstückswert durch Änderungsbescheid vom 19. August 2010 auf 3.983.000 DM (2.036.475,56 EUR) fest. Diesen Wert ermittelte es, indem es abweichend vom Urteil des FG die Teilfläche von 6 158 qm mit 645 DM/qm statt mit 371 DM/qm ansetzte und den Wert für die Fläche von 1 200 qm unverändert ließ. Es hielt an seiner Auffassung fest, es sei zum Ansatz eines Bodenwerts berechtigt. Wenn der Gutachterausschuss wie im vorliegenden Fall zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts nicht verpflichtet sei, bestehe eine Gesetzeslücke, die die Finanzämter zur eigenständigen Ableitung eines Bodenrichtwerts berechtige.

7

Die Klägerin beantragt,

die Vorentscheidung, die Feststellungsbescheide vom 19. August 2010 und vom 6. Oktober 2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 1. September 2004 aufzuheben.

8

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen und die Klage gegen den Änderungsbescheid abzuweisen.

9

II.

Die Revision der Klägerin ist wegen des Erlasses des Änderungsbescheids vom 19. August 2010 während des Revisionsverfahrens aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet und hat auch in der Sache selbst Erfolg. Die Vorentscheidung, die ergangenen Feststellungsbescheide und die Einspruchsentscheidung sind aufzuheben. Wegen des Fehlens eines für das Krankenhausgelände vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerts durfte kein Grundstückswert festgestellt werden. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das zwischen den Beteiligten ergangene BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 42/09 verwiesen.

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