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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 24.01.2012, Az.: I B 34/11
Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Gewinnausschüttungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 24.01.2012
Referenz: JurionRS 2012, 14332
Aktenzeichen: I B 34/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Köln - 13.01.2011 - AZ: 13 K 4376/08

Fundstellen:

BFH/NV 2012, 1175-1176

GmbHR 2012, 700-701

StuB 2012, 493

StX 2012, 460-461

BFH, 24.01.2012 - I B 34/11

Gründe

1

I. Streitig ist, ob Gewinnausschüttungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002) hinzuzurechnen sind.

2

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 2004 (u.a.) zu jeweils 100 % an der X-GmbH und der Y-GmbH beteiligt. Beide Tochtergesellschaften betrieben Altenheime und waren nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG 2002 von der Gewerbesteuer befreit. Im Streitjahr kam es zu Gewinnausschüttungen dieser Gesellschaften (505.000 €), die die Klägerin in ihrem Jahresabschluss als Ertrag erfasste. Bei der Ermittlung des körperschaftsteuerrechtlichen Einkommens ließ sie 95 % dieser Gewinnausschüttungen nach § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) außer Ansatz. Das auf diese Weise ermittelte Einkommen (21.033 €) setzte sie in ihrer Gewerbesteuererklärung zugleich als Gewinn aus Gewerbebetrieb bzw. als Gewerbeertrag an.

3

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) rechnete dem Gewinn die Gewinnausschüttungen davon abweichend in Höhe von 95 % gemäß § 8 Nr. 5 GewStG 2002 hinzu; eine Kürzung gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 2002 komme nicht in Betracht. Die dagegen erhobene Klage, in der die Klägerin die Meinung vertrat, dass sachliche Steuerbefreiungen dem sog. Schachtelprivileg des § 9 Nr. 2a GewStG 2002 nicht entgegenstünden, blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- Köln, Urteil vom 13. Januar 2011 13 K 4376/08).

4

Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO),

die Revision zuzulassen.

5

Das FA beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Klärungsbedürfnis für die von der Klägerin dargelegten Rechtsfragen --als Grundvoraussetzung für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 Alternative 1 FGO-- besteht nicht. Die Fragen, ob eine Hinzurechnung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unterbleibt, wenn die Steuerbefreiung nicht an die ausschüttende Kapitalgesellschaft selbst, sondern an die Tätigkeit dieser Gesellschaft anknüpft, und ob die Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG 2002 bei einer Ausschüttung an eine Muttergesellschaft, die selber ebenfalls dem Betrieb von Altenheimen dient, für die ausgeschütteten Gewinne erhalten bleibt, sind so zu beantworten, wie es das FG im angefochtenen Urteil getan hat.

7

1. Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG 2002 der Gewerbeertrag. Gewerbeertrag ist nach § 7 Satz 1 GewStG 2002 der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 2002 bezeichneten Beträge. Gemäß § 8 Nr. 5 GewStG 2002 werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (u.a.) die nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder Nr. 7 GewStG 2002 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 unberücksichtigt bleiben, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

8

2. § 9 Nr. 2a GewStG 2002 sieht eine Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages nur vor für Gewinne aus Anteilen an einer nicht (gewerbe-)steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft. Normzweck ist es, eine doppelte Besteuerung ausgeschütteter Gewinne mit Gewerbesteuer sowohl beim Anteilseigner als auch bei der Kapitalgesellschaft zu verhindern, nicht hingegen, die einmalige Erhebung von Gewerbesteuer auf Beteiligungseinkünfte zu vermeiden. Gewinnausschüttungen aus Vermögen, dessen Erwirtschaftung nicht zu einer Belastung mit Gewerbesteuer (bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft) geführt hat, sind diesem Normzweck --soweit das Gesetz nicht wiederum ausdrücklich eine Rückausnahme vorsieht (so für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften i.S. des § 3 Nr. 23 GewStG 2002)-- nicht zuzuordnen (s. z.B. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 2a Rz 18). In Einklang damit und dem eindeutigen Regelungswortlaut werden sowohl die Gewinne aus Anteilen an unbeschränkt persönlich von der Gewerbesteuer befreiten Kapitalgesellschaften als auch solchen Kapitalgesellschaften von der Kürzung ausgenommenen, die auf der Grundlage einer bestimmten Tätigkeit ("insoweit") einer lediglich beschränkt persönlichen bzw. sachlichen Steuerbefreiung unterliegen (zur Terminologie z.B. Senatsbeschluss vom 10. März 2010 I R 41/09, BFHE 229, 358, BStBl II 2011, 181; Senatsurteil vom 22. Juni 2011 I R 59/10, BFH/NV 2012, 61; s. zu § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG 2002 ausdrücklich Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. März 2006 X R 59/00, BFHE 213, 50, [BFH 29.03.2006 - X R 59/00] BStBl II 2006, 661, zu II.3.e cc der Gründe). Dass die Klägerin auf dieser Grundlage mit Erträgen aus einer sog. Schachtelbeteiligung in gleicher Weise steuerpflichtig ist, wie mit Erträgen aus sog. Streubesitz, widerspricht dem nicht; faktisch ist eine Doppelbelastung der Erträge mit Gewerbesteuer hier wie dort ausgeschlossen. Aus dem Senatsbeschluss in BFHE 229, 358, BStBl II 2011, 181, der von dem Gedanken getragen ist, bei der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft eine Einmalbesteuerung zu gewährleisten, ergibt sich nichts anderes.

9

3. Die beschränkt persönliche bzw. sachliche Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG 2002, die den konkreten Betreiber einer dort genannten Einrichtung begünstigt (z.B. Senatsbeschluss in BFHE 229, 358, [BFH 10.03.2010 - I R 41/09] BStBl II 2011, 181; s.a. Senatsbeschluss vom 8. September 2011 I R 78/10, BFH/NV 2012, 44), entwickelt auf dieser Grundlage auch keine "Fernwirkung", wonach sie einem nicht entsprechend begünstigten Ausschüttungsempfänger zugutekäme. Die gesellschaftsrechtliche Verbindung der Gesellschaften, die nicht der sachlichen und personellen Verknüpfung nach der Art einer Betriebsaufspaltung gleichsteht (s. insoweit BFH-Urteil in BFHE 213, 50, [BFH 29.03.2006 - X R 59/00] BStBl II 2006, 661), reicht für eine solche Annahme nicht aus. Der Ausschüttungsempfänger selbst "betreibt" keine im vorgenannten Sinne begünstigte Einrichtung, auch dann nicht, wenn er die Ausschüttungen voraussichtlich in weitere Beteiligungen investiert (vgl. insoweit zur nicht ausreichenden sog. Tätigkeitsergänzung Senatsurteil vom 4. Juni 2003 I R 100/01, BFHE 203, 171, [BFH 04.06.2003 - I R 100/01] BStBl II 2004, 244; s.a. FG Münster, Urteil vom 18. November 2010 3 K 1272/08 G,F, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 722; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Mai 2011 2 K 2720/08, [...]). Zwar könnte der Zweck des § 3 Nr. 20 GewStG 2002, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten (Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 I R 65/02, BFHE 204, 278, BStBl II 2004, 300; vom 22. Juni 2011 I R 43/10, BFHE 233, 551, BStBl II 2011, 892) es rechtfertigen, die Befreiungswirkung auf solche Ausschüttungsempfänger auszuweiten, die --wie nach ihrem Vortrag die Klägerin-- Ausschüttungserträge zur Finanzierung weiterer begünstigter Betriebe ansammeln. Für eine derartige Ausweitung bietet jedoch der insoweit eindeutige Gesetzeswortlaut keinen Anhalt.

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