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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 16.06.2009, Az.: X B 11/09
Verlängerung einer gem. § 65 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gesetzten Ausschlussfrist
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.06.2009
Referenz: JurionRS 2009, 19213
Aktenzeichen: X B 11/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Saarland - 25.11.2008 - AZ: 2 K 1051/08

Fundstelle:

Jurion-Abstract 2009, 224287 (Zusammenfassung)

BFH, 16.06.2009 - X B 11/09

Gründe

1

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat Klage wegen Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 2000 bis 2002 mit dem Antrag erhoben, die aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung erlassenen Änderungsbescheide aufzuheben. Ausführungen zur Sache hat der Schriftsatz nicht enthalten. Mit Verfügung vom 13. Februar 2008, dem Kläger zugestellt am 14. Februar 2008, hat ihn das Finanzgericht (FG) nach § 65 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter Setzung einer Ausschlussfrist bis 20. März 2008 aufgefordert, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Mit Schriftsatz vom 20. März 2008 hat der Kläger um Verlängerung der Ausschlussfrist bis 2. Mai 2008 gebeten. Das FG hat diesem Antrag entsprochen. Am 2. Mai 2008 ist im Nachtbriefkasten der Justizbehörden ein erneuter Antrag auf Verlängerung der Ausschlussfrist mit der Begründung eingegangen, der mit der Stellungnahme betraute Mitarbeiter sei seit einer Erkrankung vor einem Jahr nur noch eingeschränkt leistungsfähig und habe daher den Schriftsatz noch nicht fertigen können. Andere Mitarbeiter kämen für die Aufgabe nicht in Betracht und die Hinzuziehung einer anderen fachkundigen Person würde weitere Kosten verursachen.

2

Mit Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2008 hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen. Am 13. Juni 2008 hat der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt und sinngemäß den Antrag gestellt, durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage festzustellen.

3

Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2008 ist auf Wunsch des Klägers zuerst von 11.45 Uhr auf 9.20 Uhr vorverlegt, dann wegen einer plötzlichen Erkrankung des Klägers aufgehoben worden. Die für den 25. November 2008 terminierte Sitzung wurde von 9.00 Uhr auf 11.30 Uhr verschoben, weil der Kläger kurz vor Beginn der mündlichen Verhandlung telefonisch durchgegeben hatte, aufgrund der Witterungsverhältnisse nicht fristgerecht zur Sitzung erscheinen zu können. In einem weiteren Telefonat mit der Geschäftsstelle hat der Kläger erklärt, er habe einen Termin beim Familiengericht und könne deshalb den Termin beim FG nicht wahrnehmen. In der mündlichen Verhandlung war der Kläger nicht vertreten.

4

Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger habe nicht den Gegenstand des Klagebegehrens i.S. von § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO dargelegt. Der von ihm gestellte Aufhebungsantrag reiche nicht aus. Das Gericht sei auch unter Einbeziehung des Inhalts der Verwaltungsakten nicht in der Lage, die Sachverhaltsmerkmale zu erkennen, aus denen der Kläger die ihn treffende Rechtsverletzung herleite. Die Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens könne nicht mehr nachgeholt werden, weil der Kläger die gemäß § 65 Abs. 2 FGO gesetzte Ausschlussfrist habe verstreichen lassen. Zwar könne die Frist grundsätzlich verlängert werden. Der Kläger habe jedoch keine erheblichen Gründe glaubhaft gemacht. Überdies habe er den weiteren Fristverlängerungsantrag nicht rechtzeitig gestellt. Der am 2. Mai 2008 und damit am letzten Tag der gesetzten Ausschlussfrist in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfene Antrag sei so spät gestellt worden, dass er vor Fristablauf nicht mehr habe verbeschieden werden können.

5

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision. Er rügt Verletzung von Verfahrensrecht (§§ 65 Abs. 2, 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 224 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Er macht geltend, das FG habe über den vor Ablauf der Ausschlussfrist schriftlich gestellten und begründeten Fristverlängerungsantrag nicht durch Beschluss entschieden. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes dar und zwinge zur Aufhebung des auf dem Verstoß beruhenden Urteils. Ein weiterer Verfahrensfehler sei darin zu sehen, dass das Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung ergangen sei, obwohl der Kläger rechtzeitig die Gründe seiner Verhinderung telefonisch mitgeteilt und um Absetzung des Termins nachgesucht habe.

6

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hält die Beschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

7

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Urteil der Vorinstanz beruht nicht auf einem Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

8

1.

Zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass auch eine gemäß § 65 Abs. 2 FGO gesetzte Ausschlussfrist verlängert werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Februar 1980 V R 71-73/79, BFHE 130, 240, BStBl II 1980, 457). Allein der Antrag auf Fristverlängerung macht diese Ausschlussfrist jedoch nicht hinfällig (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1995 VII B 20/95, BFH/NV 1996, 50); über ihn muss entschieden werden (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 225 Abs. 1 ZPO). Im Streitfall konnte die ablehnende Entscheidung zugleich mit der auf den Fristablauf gestützten Hauptsacheentscheidung ergehen, weil der Antrag auf Fristverlängerung am letzten Tag der Frist und damit so spät gestellt worden war, dass er nicht mehr vor Fristablauf verbeschieden werden konnte (Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 225 Rz 2). Darüber hinaus hätte --worauf das FG ebenfalls abgestellt hat-- dem Antrag auf Fristverlängerung auch mangels Glaubhaftmachung erheblicher Gründe (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO) nicht entsprochen werden können. Zudem hat es der selbst rechtskundige Kläger versäumt, mit seinem Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2008 Wiedereinsetzungsgründe vorzutragen und Verfahrensfehler zu rügen. Dadurch ist sein Rügerecht verloren gegangen (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO).

9

2.

Das FG konnte ohne Verfahrensverstoß in Abwesenheit des Klägers die mündliche Verhandlung am 25. November 2008 durchführen. Wird --wie im Streitfall-- der Antrag auf Terminsverlegung in "letzter Minute" gestellt, kommt nach ständiger Rechtsprechung die Aufhebung des Termins nur dann in Betracht, wenn die Gründe substantiiert dargelegt und zugleich glaubhaft gemacht worden sind, so dass das Gericht die Frage der Verhinderung selbst beurteilen kann (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 3, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall.

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