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Bundesfinanzhof
Urt. v. 11.12.2013, Az.: XI R 21/11
Voraussetzungen der Umsatzsteuerpflicht von Bauleistungen eines Bauträgers
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 11.12.2013
Referenz: JurionRS 2013, 54589
Aktenzeichen: XI R 21/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Baden-Württemberg - 27.05.2011 - AZ: 9 K 5187/08

Rechtsgrundlagen:

§ 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG

§ 13b Abs. 2 S. 2 UStG

Art. 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL

Art. 199 Abs. 2 MwStSystRL

Fundstellen:

BFHE 244, 115 - 122

BauR 2014, 1188

BB 2014, 662

BFH/NV 2014, 804-807

BFH/PR 2014, 204

BStBl II 2014, 425-428

DB 2014, 6

DB 2014, 582-584

DStR 2014, 8-10

DStR 2014, 589-592

DStRE 2014, 507

HFR 2014, 436-438

IBR 2014, 379

KÖSDI 2014, 18802

NWB 2014, 820-821

NWB direkt 2014, 242-243

NZBau 2014, 288-289

StB 2014, 95

StBW 2014, 244

StBW 2014, 256

StuB 2014, 273

StX 2014, 185-186

UR 2014, 276-279

UStB 2014, 99

UVR 2014, 134

WPg 2014, 447-449

ZfIR 2014, 265-266

BFH, 11.12.2013 - XI R 21/11

Amtlicher Leitsatz:

§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG die Steuerschuldnerschaft nur dann auf den Leistungsempfänger verlagert wird, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.

Redaktioneller Leitsatz:

»§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG die Steuerschuldnerschaft nur dann auf den Leistungsempfänger verlagert wird, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.«

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Leistungsempfänger Umsatzsteuer für sog. Bauleistungen schuldet.

2

Der Kläger war im Jahr 2007 (Streitjahr) überwiegend als "Bauträger" tätig. Er war zugleich alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der X-GmbH (GmbH), über deren Vermögen im März 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

3

Der Kläger bezog im Streitjahr von der GmbH Rohbauarbeiten für ein Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück A-Straße in B.

4

Für die geleisteten Arbeiten erteilte die GmbH zunächst zwischen dem 17. April 2007 und dem 31. Oktober 2007 an den Kläger 12 Abschlagsrechnungen über insgesamt ... €, in denen sie auf die angeforderten Abschlagszahlungen § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG anwandte und den Kläger auf eine Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfänger hinwies. Der Kläger meldete die Umsatzsteuer aus den Umsätzen der GmbH in seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen an und führte diese ab.

5

In der Schlussrechnung vom 17. Dezember 2007 hingegen wies die GmbH Umsatzsteuer offen aus.

6

In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 4. Quartal 2007 erklärte der Kläger erhaltene Bauleistungen gemäß § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG, für die er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulde, mit einer negativen Bemessungsgrundlage. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nach Durchführung einer Außenprüfung nicht, sondern ging im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 4. Quartal 2007 vom 1. April 2008 davon aus, dass gemäß § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG der Kläger als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die an ihn erbrachten Bauleistungen schulde.

7

Mit seinem Einspruch trug der Kläger vor, die GmbH habe ihn von Anfang an zu Unrecht gemäß § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG als Steuerschuldner angesehen. Im Jahr 2006 (Vorjahr) seien weniger als 10 % seiner Umsätze Bauleistungen gewesen, was nach Abschn. 182a Abs. 10 Satz 2, Satz 3, 1. Spiegelstrich der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- (jetzt: Abschn. 13b.3. Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--) Voraussetzung für die nachhaltige Erbringung von Bauleistungen sei. Mit der Erstellung der Abschlagsrechnungen der GmbH habe er sich als Geschäftsführer nicht persönlich befasst. Erst bei der Erteilung der Schlussrechnung habe er den Fehler bemerkt.

8

Das FA wies den Einspruch des Klägers durch Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Der Kläger und die GmbH hätten in insgesamt 12 Abschlagsrechnungen § 13b UStG angewandt und dadurch dokumentiert, dass der Kläger Steuerschuldner sei. Der Kläger habe der GmbH eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b des Einkommensteuergesetzes (EStG) für umsatzsteuerliche Zwecke vorgelegt (Hinweis auf Abschn. 182a Abs. 10 Satz 2, Satz 3, 2. Spiegelstrich UStR 2005; jetzt Abschn. 13b.3. Abs. 1 und 3 UStAE). Die nachträgliche Erkenntnis, dass der Kläger im Vorjahr die 10 %-Grenze nicht erreicht habe und somit nicht als Bauleistender angesehen werden könne, sei nicht von Bedeutung, da durch die Verwendung der Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG Vertrauensschutz entstanden sei. Außerdem sei der Kläger auch gegenüber anderen Auftragnehmern als Bauleistender i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG aufgetreten.

9

Im Laufe des Klageverfahrens erließ das FA am 7. September 2009 einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen, der nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Das FA führte in den Erläuterungen zum Bescheid aus, der Kläger habe keine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr abgegeben, und nahm u.a. weiterhin an, dass der Kläger die Umsatzsteuer aus den Bauleistungen der GmbH schulde.

10

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 282 veröffentlicht.

11

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

12

Er trägt vor, er sei kein Unternehmer, der Leistungen i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG erbracht habe.

13

Im Hinblick auf die Ausführungen des FG zur 10 %-Grenze hat der Kläger zunächst vorgetragen, dass er in den Jahren 2006 und 2007 überhaupt keine Bauleistungen erbracht habe. Seine frühere Aussage, "95 % der Leistungen" des Jahres 2006 seien keine Bauleistungen gewesen, sei dahingehend zu verstehen, dass "mindestens 95 % der Leistungen" keine Bauleistungen gewesen seien. Die übrigen 5 % seien damals nicht näher überprüft worden. Das FG hätte auf Basis seiner Rechtsauffassung die Umsatzverhältnisse bei ihm, dem Kläger, im Jahr 2007 von Amts wegen aufklären müssen. Da er, der Kläger, in beiden Jahren (überhaupt) keine Bauleistungen erbracht habe, komme es weder auf die Vorlage der Freistellungsbescheinigung i.S. des § 48b EStG noch auf die 10 %-Grenze an. Auch hätten sich deshalb die Verhältnisse zwischen Abschlagsrechnungen und Schlussrechnung nicht geändert. Im Laufe des Revisionsverfahrens hat der Kläger --nach Einwendungen des FA gegen die Richtigkeit dieses Sachvortrags-- seinen Vortrag geändert und behauptet nunmehr, im Jahr 2007 Bauleistungen mit einer Bemessungsgrundlage von ca. ... € ausgeführt zu haben. Dies seien nur rund 0,2 % seiner Umsätze gewesen. Es liege auch keine Steuerflucht oder Steuerumgehung vor.

14

Der Kläger beantragt,

das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 aufzuheben sowie den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 7. September 2009 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um ... € vermindert wird,

hilfsweise,

die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

15

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

16

Es verteidigt die Verwaltungsauffassung in Abschn. 182a Abs. 10 Satz 2, Satz 3, 2. Spiegelstrich UStR 2005 bzw. Abschn. 13b.3. Abs. 1 und 3 UStAE, wonach davon auszugehen sei, dass der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringe, wenn er dem Leistenden eine Freistellungsbescheinigung i.S. des § 48b EStG vorlege. Im Interesse der Rechtssicherheit könne es keine Rolle spielen, wenn sich später herausstelle, dass die Parteien von einem falschen Sachverhalt ausgegangen seien. Bei Zweifeln an der Anwendbarkeit des § 13b UStG werde es nach Abschn. 182a Abs. 23 UStR (jetzt: Abschn. 13b.8. UStAE) nicht beanstandet, wenn sich die Beteiligten über die Anwendung des § 13b UStG einig seien und der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert werde. Diese Einigung sei im Streitfall durch Ausstellung der Abschlagsrechnungen, Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer dokumentiert worden.

17

Im Übrigen sei die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft nicht in das Belieben der Vertragsparteien gestellt. Deshalb sei es nicht möglich, in Abschlagsrechnungen § 13b UStG anzuwenden, in der Schlussrechnung hingegen die Anwendung zu unterlassen. Der willkürliche Wechsel könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Ein Wechsel der Steuerschuldnerschaft zu diesem Zeitpunkt sei im Hinblick auf § 42 der Abgabenordnung äußerst bedenklich. Der Insolvenzantrag der GmbH sei bereits am 3. Januar 2008 gestellt worden.

18

Hilfsweise macht das FA geltend, der Kläger habe auch im Jahr 2007 Bauleistungen erbracht. Dem FA liege eine Rechnung des Klägers vom 1. Juni 2007 an die GmbH über Bauleistungen vor. Außerdem habe der Kläger in seiner mittlerweile eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 angegeben, Umsätze i.S. des § 13b Abs. 1 Nr. 2 bis 4 UStG ausgeführt zu haben, für die die Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulden.

19

Ebenfalls hilfsweise wendet das FA ein, es liege eine Organschaft zwischen dem Kläger als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft vor, wenn man mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. April 2003 V R 63/01 (BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434) eine wirtschaftliche Eingliederung als gegeben ansehe. Der Kläger sei Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der GmbH.

20

Der Kläger ist dem Einwand des FA, es liege eine Organschaft vor, entgegengetreten.

II.

21

Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

22

Das FG konnte bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130 [BFH 22.08.2013 - V R 37/10]) § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass es für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Dazu sind vom FG weitere Feststellungen zu treffen.

23

1. Die im Streitjahr 2007 maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

24

a) Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG in der seinerzeit geltenden Fassung schuldet in den in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannten Fällen der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Leistungen i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. § 13b Abs. 1 UStG lautet wie folgt:

25

"(1) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats: ...

4. Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. ..."

26

b) § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 UStG beruhten im Streitjahr 2007 unionsrechtlich auf Art. 199 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).

27

aa) Art. 199 der MwStSystRL hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

28

"(1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der steuerpflichtige Empfänger die Mehrwertsteuer schuldet, an den folgende Umsätze bewirkt werden:

a) Bauleistungen, einschließlich Reparatur-, Reinigungs-, Wartungs-, Umbau- und Abbruchleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken sowie die auf Grund des Art. 14 Abs. 3 als Lieferung von Gegenständen betrachtete Erbringung bestimmter Bauleistungen; ...

(2) Bei der Anwendung der in Abs. 1 geregelten Möglichkeit können die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen und die Kategorien von Lieferern und Dienstleistungserbringern sowie von Erwerbern oder Dienstleistungsempfängern bestimmen, für die sie von diesen Maßnahmen Gebrauch machen. ..."

29

Gemäß Art. 14 Abs. 3 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Erbringung bestimmter Bauleistungen als Lieferung von Gegenständen betrachten.

30

bb) Zur Begründung des Art. 199 der MwStSystRL ist im 42. Erwägungsgrund ausgeführt, die Mitgliedstaaten sollten in die Lage versetzt werden, in bestimmten Fällen den Erwerber von Gegenständen oder den Dienstleistungsempfänger als Steuerschuldner zu bestimmen. Dies würde es den Mitgliedstaaten erlauben, die Vorschriften zu vereinfachen und die Steuerhinterziehung und -umgehung in bestimmten Sektoren oder bei bestimmten Arten von Umsätzen zu bekämpfen.

31

2. Ausgehend davon ist --wie der V. Senat des BFH in seinem Urteil in BStBl II 2014, 128 [BFH 22.08.2013 - V R 37/10], [BFH 22.08.2013 - V R 37/10] BFH/NV 2014, 130 unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 13. Dezember 2012 C-395/11 --BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH-- (Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 63, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2013, 190) entschieden hat-- im Hinblick auf das sich aus dem Unionsrecht ergebende Erfordernis der Rechtssicherheit § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG dahingehend teleologisch einschränkend auszulegen, dass eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.

32

3. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung an.

33

Das bezeichnete Urteil des V. Senats des BFH ist zwar zur Rechtslage im Jahr 2005 ergangen, in dem bei Bauleistungen unionsrechtliche Rechtsgrundlage für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger Art. 2 Nr. 1 der Entscheidung 2004/290/EG des Rates vom 30. März 2004 zur Ermächtigung Deutschlands zur Anwendung einer von Artikel 21 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichenden Regelung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 94 vom 31. März 2004, S. 59) war, während im Jahr 2007 --wie unter II.1.b dargelegt-- Art. 199 der MwStSystRL maßgeblich ist. Mit Einführung des Art. 199 der MwStSystRL zum 1. Januar 2007 wurden jedoch lediglich alle Mitgliedstaaten durch eine unbefristete Bestimmung in die Lage versetzt, in bestimmten Fällen den Leistungsempfänger als Steuerschuldner zu bestimmen, um die Vorschriften zu vereinfachen und die Steuerhinterziehung und -umgehung in bestimmten Sektoren oder bei bestimmten Arten von Umsätzen zu bekämpfen. An § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG hat sich dadurch nichts geändert.

34

4. Entgegen der Auffassung des FA ist nicht entscheidungserheblich, ob sich die Beteiligten über die Handhabung der Steuerschuldnerschaft ursprünglich einig waren und ob möglicherweise der Leistungsempfänger dem Leistenden eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorgelegt hatte. Denn das Gesetz stellt den Übergang der Steuerschuldnerschaft zur Sicherung des Steueranspruchs nicht zur Disposition der Vertragsparteien (BFH-Urteil in BStBl II 2014, 128 [BFH 22.08.2013 - V R 37/10], [BFH 22.08.2013 - V R 37/10] BFH/NV 2014, 130, Rz 55, m.w.N.).

35

5. Die Vorentscheidung ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sie ist deshalb aufzuheben. Über die vom Kläger hilfsweise erhobene Verfahrensrüge (Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG) muss folglich nicht mehr entschieden werden.

36

6. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob und inwieweit der angefochtene Umsatzsteuerbescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

37

a) Zunächst hat das FG --aus seiner Sicht folgerichtig-- keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger die Bauleistungen der GmbH ganz oder teilweise zur Ausführung von Bauleistungen verwendet hat. Die Tz. 15 und 17 des Berichts vom 11. März 2008 über die Außenprüfung beim Kläger könnten zwar dafür sprechen, dass der Kläger die Vorleistungen der GmbH nicht zur Erbringung von Bauleistungen verwendet hat, zumal das FG den Kläger als "Bauträger" bezeichnet hat. Vom FG i.S. des § 118 Abs. 2 FGO hinreichend tatsächlich festgestellt ist dies indes nicht.

38

b) Weiter steht nicht fest, ob der Kläger Umsatzsteuer aus von ihm erbrachten Bauleistungen schuldet, die bisher vom FA --auf Basis seiner Rechtsauffassung konsequenterweise-- nicht erfasst worden ist. Dies kann vom Senat schon deshalb nicht beurteilt werden, weil das FG nicht festgestellt hat, in welchem Umfang der Kläger im Streitjahr 2007 überhaupt Bauleistungen erbracht hat. Die Feststellungen des FG beziehen sich auf das Jahr 2006, das nicht Streitjahr ist. Zum Streitjahr 2007 sind deshalb tatsächliche Feststellungen nachzuholen. Sollte der Kläger Bauleistungen erbracht haben, wird vom FG zusätzlich festzustellen sein, ob die Leistungsempfänger des Klägers diese ihrerseits zu Ausführungen von Bauleistungen verwendet haben und der Kläger die darauf entfallende Umsatzsteuer darum nicht schuldet.

39

c) Vom FG sind außerdem im zweiten Rechtsgang Feststellungen zu der --vorrangigen, zwischen den Beteiligten jedoch erstmals im Revisionsverfahren streitig gewordenen-- Frage zu treffen, ob zwischen dem Kläger als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft im Streitjahr eine Organschaft bestand. Dazu müsste --worauf bereits das FG von sich aus beide Beteiligte im Klageverfahren hingewiesen hatte-- neben einer (vom FG tatsächlich festgestellten) finanziellen und organisatorischen Eingliederung auch eine wirtschaftliche Eingliederung bestehen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434; vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256). Dazu hat das FG keine Feststellungen getroffen.

40

d) Das FG muss im zweiten Rechtsgang überdies noch der Frage nachgehen, ob der Kläger mit der Schlussrechnung der GmbH vom 17. Dezember 2007 ein --ggf. ganz oder teilweise bestehendes-- Recht auf Vorsteuerabzug (vgl. dazu Tz. 17 des Berichts vom 11. März 2008) ausüben kann.

41

aa) Dazu ist u.a. zu klären, ob die Leistungsbeschreibung (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. Mai 2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836, m.w.N.) "Rohbau" und "Mehrmassen Stahl" deshalb ausreicht, weil in der Rechnung auf ein Angebot vom 28. Februar 2007 Bezug genommen wird, dessen Inhalt indes nicht festgestellt ist.

42

bb) Außerdem ist zu klären, ob der Leistungszeitraum (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432) mit der Bezeichnung "November bis Dezember 2007" richtig angegeben ist. Dagegen spricht, dass nach den Feststellungen des FG von der GmbH bereits bis Oktober 2007 insgesamt 12 Abschlagsrechnungen erteilt worden sind.

43

cc) Eine zukünftige Berichtigung der Schlussrechnung durch die GmbH hätte nach dem EuGH-Urteil vom 8. Mai 2013 C-271/12 --Petroma Transports S.A. u.a.-- (Mehrwertsteuerrecht 2013, 272, HFR 2013, 656, Rz 34 ff.) keine Auswirkungen auf das Streitjahr.

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