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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 09.01.2013, Az.: I B 81/12
Anforderungen an die Darlegung einer Verfahrensrüge gem. § 116 Abs. 3 S. 3 FGO
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 09.01.2013
Referenz: JurionRS 2013, 32224
Aktenzeichen: I B 81/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Baden-Württemberg - 16.04.2012 - AZ: 6 K 202/09

Fundstelle:

BFH/NV 2013, 752-753

BFH, 09.01.2013 - I B 81/12

Redaktioneller Leitsatz:

Stützt sich die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, so ist dieser gem. § 116 Abs. 3 S. 3 FGO darzulegen.

Gründe

1

I. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, ist die Unternehmensberatung und Vermittlung von Immobilien sowie die Vermittlung von Schwimmbecken. Gesellschafter-Geschäftsführer war in den Streitjahren (1999 und 2000) X.

2

X vermietete der Klägerin in dem im Übrigen von X und seiner Familie privat genutzten Haus neben mehreren Räumen zur Benutzung als Büro bzw. zu Vorführzwecken u.a. auch ein Schwimmbecken nebst Dusche und Technikraum.

3

Die Klägerin aktivierte 1999 die Kosten für eine Dusche am Schwimmbad als Einbauten in fremden Grundstücken und schrieb diese in den Streitjahren entsprechend ab. Im Jahr 2000 wurden Kosten für eine Dusche, Büro-Toilette und ein Waschbecken im Obergeschoß als Büroeinrichtung aktiviert und abgeschrieben sowie Kosten für den Einbau einer Dachgaube in den Büroräumlichkeiten als Erhaltungsaufwendungen bei der Klägerin berücksichtigt. Daneben berücksichtigte die Klägerin Aufwendungen für Kleidungsstücke sowie Weineinkäufe als Betriebsausgaben, da es sich insoweit um Belohnungen für Vermittlungsleistungen Dritter sowie Kosten für die Verköstigung von Geschäftspartnern gehandelt habe.

4

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte die Mietzahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an und erkannte die geltend gemachten Aufwendungen nur zu einem geringen Teil als betrieblich veranlasst an. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ebenso wie die Klage erfolglos. Das Finanzgericht (FG) schloss sich im Wesentlichen der Auffassung des FA an. Es behandelte die Mietzahlungen als vGA zugunsten des X, da die vermieteten Räume nicht von den privat genutzten Räumen hinreichend deutlich abgegrenzt seien. Die geltend gemachten Aufwendungen für Kleidung und Wein ließ es nicht zum Abzug zu, lediglich die Kosten für die Dusche am Schwimmbad wurden zu 25 v.H. als betrieblich veranlasst angesehen, im Übrigen die dementsprechend zu Unrecht vorgenommene Abschreibung als vGA behandelt. Ebenso wurde die Übernahme der Kosten für die sanitären Einrichtungen im Obergeschoß sowie der Dachgaube als vGA beurteilt. Die Revision wurde vom FG nicht zugelassen. Der Kläger macht mit seiner Beschwerde geltend, dass die Revision gegen das angefochtene Urteil wegen verschiedener Verfahrensmängel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.

5

II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Denn die Klägerin hat einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

6

Stützt sich die Nichtzulassungsbeschwerde, wie im Streitfall, auf einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, so ist dieser gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen. Hierzu müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hinreichend substantiiert dargelegt werden. Dabei ist zu beachten, dass Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO grundsätzlich nur Verstöße des FG gegen die Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts sind (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Dezember 2003 III B 135/03, BFH/NV 2004, 339).

7

a) Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin zunächst einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) geltend. Sie habe vom FA erst zu einem so späten Zeitpunkt Zugang zu ihren gesamten Geschäftsunterlagen aus dem Prüfungszeitraum, insbesondere Sachkontenblättern, Kontoauszüge und Geschäftskonten sowie Buchungsbelegen erhalten, dass ein ordnungsgemäßes Durcharbeiten der Unterlagen bis zum Termin der mündlichen Verhandlung nicht mehr möglich gewesen sei. Dies sei dem FG bekannt gewesen, es habe dennoch einem Antrag auf Terminsverlegung nicht entsprochen. Bei ausreichender Vorbereitungszeit hätten entsprechende Ausführungen gemacht werden können, aufgrund derer das Gericht zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen. Diesem Vortrag kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 96 FGO nicht entnommen werden. Der Mangel kann im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht werden.

8

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör der Klägerin durch die Nichtverlegung des Termins verletzt worden ist. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie die Verletzung ihres Rechts auf Gehör vor dem FG gerügt hat. Dies wäre aber für eine schlüssige Bezeichnung des Verfahrensverstoßes nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich gewesen, weil es sich bei der Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör um eine verzichtbare Verfahrensrüge handelt (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Der Kläger, der sich auf eine mündliche Verhandlung einlässt, muss daher ggf. die Verletzung seines Rechts auf Gehör grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung rügen, weil sonst davon auszugehen ist, dass er auf sein Rügerecht verzichtet hat (BFH-Entscheidungen vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372, [BFH 31.01.1989 - VII B 162/88] und vom 15. Mai 1996 X R 252-253/93, BFH/NV 1996, 906; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 100 ff.). Er kann die Rüge auch dadurch anbringen, dass er in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Vertagung stellt (BFH-Beschluss vom 15. Februar 1995 VII B 156/94, BFH/NV 1995, 903). Der Nichtzulassungsbeschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in dieser Weise vor dem FG gerügt hat. Aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte. Auch wenn die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten war, ist ihr der Rügeverzicht zuzurechnen. Denn dem für sie aufgetretenen X war die Problematik der erschwerten Beweisführung aufgrund des verspäteten Zugangs der Geschäftsunterlagen der Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bekannt. So hat die Klägerin mehrfach im Vorfeld der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Klägerin mehr Zeit erhalten müsse, um die umfangreichen Unterlagen durchzuarbeiten. Dem Hinweis der Klägerin, eine Rüge in der mündlichen Verhandlung sei nicht möglich gewesen, da die Klägerin aus Kostengründen auf die Teilnahme ihres Anwaltes verzichten musste, ist von daher nicht weiter nachzugehen.

9

b) Schließlich rechtfertigt die Rüge der Klägerin, das FG sei selbst auch ohne weitere Substantiierung des Vorbringens durch die Klägerin verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter aufzuklären, nicht die Zulassung der Revision wegen einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO. Auch dieser Mangel kann im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Es handelt sich wiederum um eine verzichtbare Verfahrensrüge (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO), bei der das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren geht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge; ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich. Dies ist vorliegend der Fall, da die Klägerin zur Sache verhandelt hat, obwohl sie den Mangel kannte oder kennen musste. Die Klägerin hat damit das Rügerecht verloren.

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