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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 06.05.2011, Az.: VIII B 99/10
Beschränkung der Aussetzung eines finanzgerichtlichen Verfahrens auf das Vorliegen beachtlicher Gründe nach Maßgabe des § 74 FGO; Entscheidung über die Verfahrensaussetzung im Rahmen des gerichtlichen Ermessens; Berücksichtigung besonderer prozessökonomischer Gesichtspunkte sowie der Interessen der Beteiligten
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.05.2011
Referenz: JurionRS 2011, 19751
Aktenzeichen: VIII B 99/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Rheinland-Pfalz - 05.05.2010 - AZ: 5 K 1190/08

Rechtsgrundlage:

§ 74 FGO

Fundstelle:

BFH/NV 2011, 1537

BFH, 06.05.2011 - VIII B 99/10

Gründe

1

I.

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben gegen das ihnen ausweislich der Gerichtsakten am 26. Mai 2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte finanzgerichtliche Urteil, mit dem ihre Klage teilweise abgewiesen wurde, Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Die Begründung ihrer Beschwerde ist nicht innerhalb der bis zum 26. August 2010 verlängerten Begründungsfrist (vgl. § 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern erst am 9. September 2010, d.h. verspätet, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen.

2

Den Klägern ist gemäß § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zu bewilligen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägervertreters beruht die Fristversäumnis auf einem Büroversehen einer von ihm sorgfältig ausgesuchten und überwachten Angestellten. Da der Klägervertreter als Rechtsanwalt im Allgemeinen darauf vertrauen darf, dass die seinem zuverlässigen Büropersonal erteilten ausdrücklichen und eindeutigen (mündlichen) Anweisungen befolgt werden, darf ihm der Fehler seiner Rechtsanwaltsfachangestellten nicht angelastet werden.

3

II.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der von den Klägern gerügte Verfahrensmangel der unterlassenen Aussetzung des Verfahrens liegt nicht vor.

4

Zwar kann das Unterlassen der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO einen Verfahrensmangel darstellen (Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 103). Im Streitfall ist ein solcher indes nicht gegeben, da für das Finanzgericht (FG) keine beachtlichen Gründe gegeben waren, die eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO rechtfertigen konnten. Die Aussetzung des Verfahrens ist grundsätzlich eine Ermessensentscheidung, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind (BFH-Beschluss vom 18. September 2002 XI B 126/01, BFH/NV 2003, 189).

5

Gegen die hier getroffene Entscheidung des FG bestehen keine Bedenken. Das FG hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, das Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2005 (Az. 5 K 1856/07) sei für das die Aufteilungsbescheide betreffende Klageverfahren nicht vorgreiflich, weil die Verfahren nicht derart miteinander verknüpft seien, dass eine einheitliche Entscheidung ergehen müsse (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 17. Mai 2001 X B 69/00, BFH/NV 2001, 1521). Diese Auffassung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Sollte nämlich das Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2005 zu einer Verminderung oder Erhöhung der Einkommensteuerfestsetzung führen, so wären daraus gemäß § 273 Abs. 1 bzw. § 280 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auch Konsequenzen für den Aufteilungsbescheid 2005 zu ziehen. Zudem ordnet § 276 Abs. 6 Satz 2 AO für etwaige Überzahlungen ausdrücklich die Erstattung des überzahlten Betrages an. Unabhängig davon ist nicht erkennbar, weshalb ein Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2005 Vorgreiflichkeit für Aufteilungsbescheide betreffend andere Jahre als 2005 besitzen soll. Da es im Streitfall nur noch um die Aufteilungsbescheide für 2003 geht, ist nicht erkennbar, weshalb das Klageverfahren Einkommensteuer 2005 Vorgreiflichkeit für die Aufteilungsbescheide betreffend 2003 haben soll.

6

Nur ergänzend weist der Senat in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Aufteilung der Steuer gemäß §§ 268 ff. AO zu Gunsten von zur Einkommensteuer zusammen veranlagten Gesamtschuldnern lediglich eine Vollstreckungsbeschränkung im Sinne einer persönlichen Haftungsbeschränkung bezweckt (vgl. Müller/Eiselt in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 268 AO Rz 1 f.), nicht aber einen Ausschluss der Vollstreckung. Denn die Aufteilung der Steuerschuld nach den §§ 268 ff. AO berührt die Gesamtschuld gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 AO als solche nicht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1521).

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