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Asylberechtigte

 Normen 

§ 2 AsylG

 Information 

1. Allgemein

Asylberechtigte sind Ausländer, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Verfahren nach den §§ 12 ff. AsylG oder einem Verwaltungsgericht als asylberechtigt (d.h. als politisch Verfolgte) i.S.v. Art. 16a Abs. 1 GG anerkannt worden sind.

Hinweis:

Die Pflicht zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach §§ 73 AsylG gilt nach dem Leitsatz des Urteils BVerwG 01.03.2012 - 10 C 10/11 "nicht nur bei einer Änderung der Sachlage, sondern auch bei einer Änderung der Rechtslage, wenn der Gesetzgeber die Rechtslage nicht nur mit Wirkung für die Zukunft neu gestaltet hat, sondern die Regelung ausnahmsweise auch für bestandskräftig abgeschlossene Asylverfahren Geltung beansprucht und diese Rückwirkung mit der Verfassung in Einklang steht."

Mit der rechtskräftigen Anerkennung des Asylantrags ist es Asylberechtigten erlaubt, eine Erwerbstätigkeit auszuüben sowie sich im Bundesgebiet frei aufzuhalten. Es besteht der Anspruch auf die Erteilung einer dreijährigen Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 AufenthG.

Mit dem Ablauf der drei Jahre hat der Ausländer einen Anspruch auf die Erteilung der unbefristeten Niederlassungserlaubnis. Voraussetzung ist eine Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, dass keine Gründe für den Widerruf oder die Rücknahme der positiven Entscheidung vorliegen.

Keine Asylberechtigten sind Asylbewerber, deren Asylantrag abgelehnt wurde und bei denen ein Abschiebungshindernis besteht.

2. Asylbewerberleistungsgesetz

Rechtsgrundlage der den Asylberechtigten zustehenden Leistungen ist das Asylbewerberleistungsgesetz.

3. Wohnsitzpflicht

Zur Vermeidung von integrationshemmender Segregation - insbesondere in den Ballungsräumen - von Personen, die keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, keiner Ausbildung oder keinem Studium nachgehen und die aufgrund ihres Fluchthintergrundes vor besonderen Integrationsherausforderungen stehen, bedarf es einer verbesserten Steuerung der Wohnsitznahme von Schutzberechtigten.

Die Wohnsitzpflicht ist in §12a AufenthG geregelt:

Zur Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist ein Ausländer, der als Asylberechtigter, Flüchtling anerkannt worden ist oder dem erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, verpflichtet, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Land seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, in das er zur Durchführung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer, sein Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder minderjähriges Kind eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt oder aufgenommen hat, durch die diese Person mindestens über ein Einkommen in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Bedarfs nach den §20, 22 SGB II für eine Einzelperson verfügt, oder eine Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat oder in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis steht.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8615) sind davon auch berufsorientierende oder berufsvorbereitende Maßnahmen umfasst, die dem Übergang in eine entsprechende betriebliche Ausbildung dienen, sowie studienvorbereitende Maßnahmen i.S.v. § 16 Abs. 1 S. 2 AufenthG, studienvorbereitende Sprachkurse, Besuch eines Studienkollegs. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse heben die Verpflichtung nach Absatz 1 jedoch nicht auf.

Zum 01.09.2019 wurde die Befristung des Gesetzes aufgehoben und es kam insbesondere zu folgenden Ergänzungen:

Eine Verpflichtung zur Wohnsitznahme unter Bezug auf die Tätigkeit eines minderjährigen ledigen Kindes in einem anderen Land entfällt nicht nur dann, wenn der Ausländer für dieses Kind sorgeberechtigt ist, sondern auch dann, wenn ein Verwandtschaftsverhältnis besteht (etwa wenn der Ausländer der Onkel des Kindes ist) und der Ausländer mit dem Kind in familiärer Lebensgemeinschaft wohnt. Damit sollen aus Gründen des Kindeswohls neben der Kernfamilie auch fluchtbedingte familiäre Lebensgemeinschaften zwischen Verwandten geschützt werden. Nach Absatz 1 Satz 2 greift die Wohnsitzregelung des § 12a bei Vorliegen bestimmter dort genannter Gründe nicht. Zu diesen Gründen zählen auch berufsorientierende oder berufsvorbereitende Maßnahmen, die dem Übergang in eine entsprechende betriebliche Ausbildung dienen, sowie studienvorbereitende Maßnahmen im Sinne des § 16 Absatz 1 Satz 2 dieses Gesetzes, das heißt studienvorbereitende Sprachkurse, Besuch eines Studienkollegs. Ebenfalls erfasst sind Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Der neue Absatz 1a stellt klar, dass die Wohnsitzverpflichtung des § 12a nach Erreichen der Volljährigkeit zur Geltung kommt. Jedoch wird auf die Dauer der neu entstandenen Wohnsitzverpflichtung die Zeit zwischen der Anerkennung als Schutzberechtigter beziehungsweise der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 22, 23 oder 25 Absatz 3 und dem Eintritt der Volljährigkeit angerechnet. Wenn der Ausländer vor dem Eintritt der Volljährigkeit aus pädagogischen Gründen in einer Einrichtung untergebracht wurde, die in einem anderen Land liegt als dem Land des aufgrund der Verteilungs- oder Zuweisungsentscheidung örtlich zuständigen Jugendamts, soll die Wohnsitzregelung nach § 12a zur Vermeidung einer Härte gemäß Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a auf Antrag aufgehoben werden, wenn dies geboten erscheint, damit die Hilfe für den jungen Volljährigen in der Einrichtung, in der er sich bereits vor dem Eintritt der Volljährigkeit befunden hat, fortgesetzt werden kann.

Absatz 2 ermöglicht es den Landesbehörden, vorübergehenden und damit per se integrationshemmenden Wohnverhältnissen in Aufnahmeeinrichtungen oder anderen vorübergehenden Unterkünften innerhalb kurzer Frist abzuhelfen. Der integrationspolitische Mehrwert der Regelung nach Absatz 2 liegt daher in der Schaffung der in dieser Situation vordringlichen Grundlage für erfolgreiche Integration, nämlich einer regulären Wohnunterbringung in der Aufnahmegesellschaft. Dabei darf die Zuweisungsentscheidung einer erfolgreichen Integration nicht entgegenstehen. Durch die Bezugnahme auf Absatz 1 wird dabei verdeutlicht, dass auch andere integrationspolitisch relevante Kriterien, wie etwa die Aussichten einer Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt oder die Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Sprache, in der Entscheidung nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Im Regelfall muss eine Zuweisung nach Absatz 2 innerhalb von sechs Monaten nach der Anerkennung oder der Aufnahme erfolgen. Ist im Einzelfall eine Zuweisung angemessenen Wohnraums innerhalb dieses Zeitraums nicht möglich, kann eine Zuweisung nach Absatz 2 auch noch innerhalb von weiteren sechs Monaten erfolgen.

Absatz 3 ermöglicht die Wohnsitzregelung auf Grundlage einer Prognoseentscheidung hinsichtlich der für eine Integration wesentlichen Kriterien Wohnraumversorgung, Erwerb von Deutschkenntnissen sowie Integrationsmöglichkeiten in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt innerhalb von sechs Monaten nach Anerkennung oder erstmaliger Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

Der neue Satz 3 beseitigt Anreize, den Wohnsitz rechtswidrig in einem anderen Land zu nehmen. Die pflichtwidrige Wohnsitzverlegung in ein anderes Land kann nunmehr dazu führen, dass sich die Dauer der individuellen Wohnsitzverpflichtung verlängert. Satz 4 regelt insbesondere das in der Praxis aufgetretene Problem von nur kurzfristigen Arbeitsverhältnissen, die keine dauerhafte integrationsfördernde Wirkung entfalten, bisher aber gleichwohl eine dauerhafte Befreiung von der Wohnsitzverpflichtung begründen. In diesem Fall wirkt die Wohnsitzverpflichtung künftig im Land des neuen Wohnsitzes fort.

In Absatz 4 wird für die Landesbehörden als alternatives Mittel die Grundlage dafür geschaffen, lediglich den Zuzug in Gebiete mit erhöhten Segregationsrisiken im Einzelfall zu untersagen. Dies ist gegenüber einer Zuweisung nach Absatz 2 oder 3 ein milderes Mittel. Wichtiges Kriterium für die Prognose der Ausländerbehörde hinsichtlich einer zu befürchtenden sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung ist dabei die Möglichkeit für Betroffene an einem bestimmten Ort weitgehend ohne Kontakt mit der Aufnahmegesellschaft zu leben. Hierfür ist ein Indikator, ob der Ausländer Deutsch als wesentliche Verkehrssprache nutzen wird. Dies dürfte beispielsweise bei Familien mit schulpflichtigen Kindern in der Regel anders zu beurteilen sein als bei Alleinstehenden.

Absatz 5 ermöglicht die nachträgliche Anpassung einer Verpflichtung zur Wohnsitznahme, einer Zuweisung oder Zuzugssperre. Soweit der Ausländer unmittelbar im Anschluss an eine Zuweisung an einen bestimmten Wohnort um eine derartige Anpassung aus familiären Gründen oder in Härtefällen bittet, sollte, soweit möglich und geboten, aus verfahrensökonomischen Gründen von einer Umsetzung der Zuweisung bis zu einer Entscheidung über den Antrag abgesehen werden. Unter Nummer 1 erfasst werden dabei Fälle, in denen bereits wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration geschaffen wurden (hierzu gehören auch berufsorientierende oder berufsvorbereitende Maßnahmen, die dem Übergang in eine entsprechende betriebliche Ausbildung dienen, sowie studienvorbereitende Maßnahmen, d.h. studienvorbereitende Sprachkurse, Besuch eines Studienkollegs), sowie familiäre Bindungen an die Kernfamilie. Nummer 2 beinhaltet eine Härtefallregelung. Gründe für einen Härtefall können insbesondere bei besonders schutzbedürftigen Gruppen vorliegen. Insbesondere ist eine Verpflichtung zur Wohnsitznahme aufzuheben, sofern diese dem Wohl, der sozialen Entwicklung, Erwägungen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr oder den besonderen Bedürfnissen insbesondere von Kindern und Jugendlichen zuwiderläuft. Auch kann eine Härte mit Blick auf den besonderen Betreuungsbedarf bei Menschen mit Behinderungen in Betracht kommen. Eine unzumutbare Beschränkung durch eine Wohnortbindung besteht beispielsweise auch dann, wenn die Verpflichtung oder Zuweisung einen gewalttätigen oder gewaltbetroffenen Partner an den Wohnsitz des anderen Partners bindet, einer Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz entgegensteht, oder sonstigen zum Schutz vor Gewalt erforderlichen Maßnahmen entgegensteht.

Absatz 6 beinhaltet die Klarstellung, dass eine Verpflichtung oder Zuweisung auch für nachziehende Familienmitglieder gilt.

Rechtsmittel gegen eine Zuweisung entfalten gemäß Absatz 8 grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung.

4. Widerruf / Rücknahme der Anerkennung

§ 73 AsylG enthält die Widerrufs- und Rücknahmegründe für alle Schutzformen.

Die entsprechenden Verfahrensvorschriften sind in § 73b AsylG enthalten. Absatz 1 regelt die Anlassüberprüfung, die zu erfolgen hat, wenn ein entsprechender Anlass besteht. Die Regelüberprüfung nach drei Jahren wurde zum 01.01.2023 ersatzlos gestrichen.

 Siehe auch 

Asyl

Asylbewerber

Ausländischer Arbeitnehmer

Politische Verfolgung - Asylrecht

Eurodac

BVerwG 01.09.2011 - 5 C 27/10 (Einbürgerungsanspruch einer Asylberechtigten)

BVerwG 31.03.2011 - 10 C 2/10 (Kein Asyl für Kriegsverbrecher)

BVerwG 17.12.2002 - 1 C 10/02 (Zur Gewährung von Familienasyl)

OVG Berlin-Brandenburg 30.05.2006 - 10 B 3/05 (Türkischer Staatsangehöriger)

OVG Nordrhein-Westfalen 27.06.2000 - 8 A 609/00 (Einbürgerung eines asylberechtigten PKK-Sympathisanten)

Fritz/Vormeier: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz; Loseblattwerke

Hohm: Kommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz; Loseblattwerk

Zabel: Zulässigkeit ausländerrechtlicher Wohnsitzauflagen - Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2016, 1057