Rechtswörterbuch

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Arbeitsgelegenheit

 Normen 

§ 16d SGB II

§ 443 SGB III

 Information 

Die in § 16d SGB II geregelten Arbeitsgelegenheiten sind Ersatztätigkeiten für erwerbsfähige Leistungsberechtigte ohne Arbeit im Sinne des Sozialgesetzbuches II.

Arbeitsgelegenheiten dienen der Erhaltung und Wiedererlangung der Beschäftigungsfähigkeit und insoweit der Erzielung von Integrationsfortschritten. Sie sollen Vermittlungshemmnisse abbauen und die Chancen auf eine reguläre Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhöhen. Die in Arbeitsgelegenheiten verrichteten Tätigkeiten müssen bestimmte gesetzlich normierte Voraussetzungen erfüllen, damit erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihnen zugewiesen werden können.

Bei den Arbeitsgelegenheiten muss es sich um zusätzliche Arbeiten handeln, die im öffentlichen Interesse liegen. Arbeitsgelegenheiten dürfen reguläre Beschäftigungsverhältnisse nicht verdrängen und nicht den Wettbewerb verzerren:

  • Eine in Arbeitsgelegenheiten verrichtete Tätigkeit ist gemäß § 16d Abs. 2 SGB II zusätzlich, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würde. Mit dem Kriterium der Zusätzlichkeit wird nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/6277) erreicht, dass nur Tätigkeiten gefördert werden, die die Schaffung von Tätigkeitsfeldern bedingen, die bestehende Arbeitsplätze nicht verdrängen. Arbeiten, die aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung durchzuführen sind oder die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, sind nur förderungsfähig, wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchgeführt werden. Entscheidend für die Zusätzlichkeit ist damit der Zeitpunkt der Durchführung. Nach Satz 3 sind Arbeiten zur Bewältigung von Naturkatastrophen und sonstiger außergewöhnlicher Ereignisse von der Voraussetzung der Zusätzlichkeit ausgenommen.

  • Arbeiten liegen gemäß § 16d Abs. 3 SGB II im öffentlichen Interesse, wenn ihr Ergebnis der Allgemeinheit dient und die Arbeiten nicht im erwerbswirtschaftlichen Bereich durchgeführt werden. Die Arbeitsgelegenheiten dürfen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sein. Die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer juristischen Person, die Arbeitsgelegenheiten anbietet, rechtfertigt nicht von vornherein die Annahme, dass die von ihr durchgeführten Arbeiten im öffentlichen Interesse liegen.

  • § 16d Abs. 4 SGB II definiert die Wettbewerbsneutralität. Arbeiten sind wettbewerbsneutral, wenn durch sie eine Beeinträchtigung der Wirtschaft als Folge der Förderung nicht zu befürchten ist und Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder verdrängt noch in ihrer Entstehung verhindert wird. Die Arbeitsgelegenheiten sind damit geprägt von ihrer Neutralität gegenüber Funktionsfähigkeit und Entwicklungspotenzialen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Bestand und Entwicklung ungeförderter Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden.

  • Erwerbsfähige Leistungsberechtigte dürfen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht länger als insgesamt 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden. 2Der Zeitraum beginnt mit Eintritt in die erste Arbeitsgelegenheit. Abweichend davon können seit dem 01.08.2016 erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach Ablauf der 24 Monate bis zu zwölf weitere Monate in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden, wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 und 5 weiterhin vorliegen.

  • Auf Antrag werden die unmittelbar im Zusammenhang mit der Verrichtung von Arbeiten nach Absatz 1 erforderlichen Kosten erstattet, hierzu können auch Personalkosten gehören, die entstehen, wenn eine besondere Anleitung, eine tätigkeitsbezogene Unterweisung oder eine sozialpädagogische Betreuung notwendig ist. Auch diese Erweiterung wurde zum 01.08.2016 eingefügt.

Grundsätzlich erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Können diese Personen jedoch keine Arbeit finden, so sind gemäß § 16d SGB II Arbeitsgelegenheiten zu schaffen.

Mit der Ausführung der Arbeitsgelegenheiten wird kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründet, jedoch sind die Vorschriften des Arbeitsschutzes und des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend anzuwenden. Auch die Haftung bestimmt sich nach den Vorschriften bzw. der einschlägigen Rechtsprechung des Arbeitsrechts. Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (25.08.2005 - 75 Ca 10146/05) handelt es sich um ein privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis eigener Art, wobei der Leistungsberechtigte als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen ist.

Bei Rechtsstreitigkeiten ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

 Siehe auch 

Agentur für Arbeit

Arbeitslosengeld

Bürgergeld

Sozialgeld

BAG 20.02.2008 - 5 AZR 290/07 (Überschreitung der gesetzlichen Vorgaben)

Estelmann: SGB II. Kommentar; 1. Auflage 2023