Rechtswörterbuch

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Abgeordnete

 Normen 

AbgG

Art. 38 GG

Art. 46-48 GG

BWG

EuWG

Bekanntmachung der Ausführungsbestimmungen zu den Vorschriften des Zehnten und Elften Abschnitts des Abgeordnetengesetzes

Abgeordnetengesetze der Länder:

Baden-Württemberg: AbgG,BW

Bayern: BayAbgG,BY

Berlin: LAbgG,BE

Brandenburg: AbgG,BB

Bremen: BremAbgG,HB

Hamburg: AbgG,HH

Hessen: HessAbgG,HE

Mecklenburg-Vorpommern: AbgG,MV

Niedersachsen: NAbgG,NI

Nordrhein-Westfalen: AbgG NRW,NW

Rheinland-Pfalz: AbgGRhPf,RP

Saarland: AbgG SL,SL

Sachsen: SächsAbgG,SN

Sachsen-Anhalt: AbgG LSA,ST

Schleswig-Holstein: SH AbgG,SH

Thüringen: ThürAbgG,TH

 Information 

1. Allgemein

Abgeordnete sind die Mitglieder des Bundestages und der Landtage. Sie werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden (freies Mandat) und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Dem Schutz der Unabhängigkeit der Abgeordneten dienen eine Reihe von grundgesetzlich normierten Vorrechten:

  • Indemnität

  • Immunität

  • Zeugnisverweigerungsrecht:

    Danach sind die Abgeordneten berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern.

Sie schulden in Abgrenzung zu Arbeitnehmern rechtlich keine Dienste, sondern nehmen in Freiheit ihr Mandat wahr. Der Abgeordnete entscheidet grundsätzlich frei und in ausschließlicher Verantwortlichkeit gegenüber dem Wähler über die Art und Weise der Wahrnehmung seines Mandats; dies betrifft auch die Frage, welche Kosten er dabei auf sich nimmt.

2. Vergütung

Gemäß Art. 48 Abs. 3 GG haben die Abgeordneten Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung (sog. "Diäten" der Abgeordneten). Die Diäten setzen sich aus der sog. Amtsausstattung (einer steuerfreien Pauschale für die mandatsbedingten Ausgaben, vgl. § 12 AbgG), sowie der Abgeordnetenentschädigung (dem eigentlichen Abgeordneten-Gehalt, das 12 mal im Jahr gezahlt und versteuert wird, § 11 AbgG) zusammen. Ausgeschiedene Mitglieder des Bundestages erhalten gemäß §§ 18 ff. AbgG Übergangsgeld, Altersentschädigung, Versorgungsabfindung, Sterbegeld und Hinterbliebenenversorgung.

Mit § 12 Abs. 3a AbgG wird die Erstattung für Tätigkeiten der Mitarbeiter ausgeschlossen, die nicht der Unterstützung bei der Erledigung der parlamentarischen Arbeit dienen und deshalb nicht in der Arbeitszeit ausgeübt werden dürfen. Das Präsidium kann gegen ein Mitglied des Bundestages, das hiergegen verstößt, ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung festsetzen. Der Präsident macht das Ordnungsgeld durch Verwaltungsakt geltend. Bei der Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Regeln der Mitarbeiterbeschäftigung bleibt ein etwaiger Rückforderungsanspruch unberührt, insoweit kann auf den in der Rechtsprechung anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verwiesen werden.

3. Transparenz der Abgeordnetentätigkeit

Die Vorgaben für die Transparenz der Abgeordnetentätigkeit sind im Oktober 2021 erneut verschärft worden. Transparenz setzt sowohl die Anzeige als auch die Veröffentlichung von Informationen voraus, die auf etwaige Interessenkonflikte hinweisen können. Darüber hinaus wurden solche Nebentätigkeiten verboten, denen ein Interessenkonflikt immanent ist und die daher von vornherein nicht mit der Unabhängigkeit des Mandates vereinbar sind.

Insbesondere wurden folgende Regelungen eingeführt oder verbessert:

  • Anzeigepflichtige Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen werden betragsgenau (auf Euro und Cent) veröffentlicht. Einkünfte sind anzeigepflichtig, wenn sie im Monat den Betrag von 1.000,00 EUR oder bei ganzjährigen Tätigkeiten im Kalenderjahr in der Summe den Betrag von 3.000,00 EUR übersteigen (§ 45 AbgG).

  • Direkte oder indirekte Beteiligungen sowohl an Kapitalgesellschaften als auch an Personengesellschaften werden bereits ab 5 % (zuvor: 25 %) der Gesellschaftsanteile angezeigt und veröffentlicht, indirekte Beteiligungen dabei erstmals (§ 45 Abs. 2 Nr. 6 AbgG).

  • Auch Einkünfte aus anzeigepflichtigen direkten oder indirekten Unternehmensbeteiligungen (z.B. Dividenden, Gewinnausschüttungen) sind anzeige- und veröffentlichungspflichtig (§ 45 Abs. 2 Nr. 6 AbgG).

  • Die Einräumung von Optionen auf Gesellschaftsanteile, die als Gegenleistung für eine Tätigkeit gewährt werden, sind anzeige- und veröffentlichungspflichtig und zwar unabhängig von der Frage, ob sie einen bezifferbaren Wert haben (§ 45 Abs. 3 AbgG).

  • Von Dritten bezahlte Lobbytätigkeit von Bundestagsabgeordneten gegenüber der Bundesregierung oder dem Bundestag sind gesetzlich verboten. Ehrenamtliche Tätigkeiten gegen Aufwandsentschädigung, etwa im Vorstand eines Vereins, bleiben erlaubt, sofern die Aufwandsentschädigung verhältnismäßig ist (§ 44a AbgG).

  • Honorare für Vorträge im Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit sind untersagt (§ 44a AbgG).

  • Der Missbrauch der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag zu geschäftlichen Zwecken wurde mit einem Ordnungsgeld sanktioniert (§ 44a Abs. 4 AbgG).

  • Wenn Abgeordnete ihre Mitgliedschaft missbrauchen oder gegen das gesetzliche Verbot der entgeltlichen Interessenvertretung für Dritte verstoßen und hierdurch Einnahmen erzielen, sind diese Einnahmen an den Bundestag abzuführen (§ 44a Abs. 3 AbgG).

  • Die Entgegennahme von Geldspenden durch Abgeordnete wurde verboten (§ 44a Abs. 2 AbgG).

Einige Abgeordnete legten gegen die Pflicht zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte Verfassungsbeschwerde ein. Diese wurde jedoch als unbegründet abgewiesen (BVerfG 04.07.2007 2 BvE 1/06).

4. Tätigkeit als Beamter/Richter

Unvereinbar mit dem Mandat als Abgeordneter ist die Tätigkeit als Beamter oder Richter (Inkompatibilität). Entsprechend bestimmt § 5 AbgG für die Mitglieder des Bundestages, dass die Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis eines in den Bundestag gewählten Beamten vom Tage der Annahme der Wahl für die Dauer der Mitgliedschaft ruhen.

5. Beschlagnahme

Besonderheiten bestehen bei der Beschlagnahme von Gegenständen der Abgeordneten.

6. Abgeordnetenbestechung

Die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, d.h. die Abgeordnetenbestechung, ist ein Straftatbestand.

7. Ordnungsmaßnahmen

Bei verschiedenen Störungen der Ordnung im Reichstagsgebäude und angrenzenden Büroliegenschaften des Bundestages in der jüngeren Vergangenheit hat sich gezeigt, dass diese Störungen erst durch Mitglieder des Bundestages ermöglicht wurden. Störungen der Ordnung können nicht zuletzt das Sicherheitsgefühl von Personen beeinträchtigen, die sich in den Liegenschaften des Bundestages aufhalten.

Insofern ist es erforderlich, auch gegenüber Mitgliedern des Bundestages wirksame Sanktionen zur Durchsetzung der Hausordnung einzuführen. Denn die Parallelnormen in § 106b StGB und § 112 OWiG schließen eine Sanktion aus, da sie die Mitglieder des eigenen Parlaments ausdrücklich von der Geltung ausnehmen.

Mit § 44e AbgG wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR, im Wiederholungsfall von 2.000,00 EUR als neue Ordnungsmaßnahme eingeführt, das vom Präsidenten bei einer nicht nur geringfügigen Verletzung der folgenden Regelungen / Standards des Bundestages festgesetzt werden kann:

  • Ordnung

  • Würde

  • Hausordnung

 Siehe auch 

Bundestag

Fraktion

Mandat - freies

Plenum

BVerfG 26.07.2010 - 2 BvR 2227/08 (Berücksichtigung von beruflich bedingten Aufwendungen)

BVerfG 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 (Offenlegung von Einkünften)

BVerfG 17.12.2001 - 2 BvE 2/00 (Aufhebung der Immunität - Pofalla-Urteil)

https://www.bundestag.de

Fuchs: Truppenbesuchsrecht für Abgeordnete? Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl. 2017, 1522

Käß: Das Verbot gegenleistungsloser Zahlungen an Abgeordnete (§ 44a Abs. 2 AbgG) nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; Verwaltungs-Archiv 2010, 457

Linck: Verfestigung des Leitbilds vom Berufsabgeordneten durch das BVerfG; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 24

Wiefelspütz: Das Immunitätsrecht der Abgeordneten des Bundestages nach dem Pofalla-Urteil des Bundesverfassungsgerichts; Zeitschrift für Parlamentsfragen - ZParl 2003, 754

Winkelmann: Handbuch für die Parlamentarische Praxis; Loseblattwerk