Rechtswörterbuch

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Vorsorgevollmacht

 Normen 

§ 1896 Abs. 3 BGB

VRegV

§ 1358 BGB

 Information 

1. Allgemein

Vollmacht, in dem der Erklärende eine oder mehrere Personen bevollmächtigt, für den Fall des Verlustes seiner Geschäftsfähigkeit Willenserklärungen in seinem Namen abzugeben.

Erfasst die Vollmacht auch den Aufgabenbereich einer Betreuung, kann sie eine zusätzliche Betreuungsverfügung überflüssig werden lassen.

Im Prozess kann aber die Aktiv- oder Passivlegitimation nicht durch die Bevollmächtigung ersetzt werden, auch wenn sie sich ausdrücklich auf einen Prozess bezieht. Erforderlich ist ein gesetzlicher Vertreter, d.h. eine Betreuerbestellung.

Grundsätzlich kann die Vorsorgevollmacht mündlich erteilt werden, aus Beweisgründen sollte sie aber zumindest der Schriftform entsprechen. Soll der Bevollmächtigte auch über das Leben gefährdende Maßnahmen entscheiden, muss die Vollmacht schriftlich erteilt worden sein.

Auf der elektronischen Gesundheitskarte besteht gemäß § 291a SGB V die Möglichkeit, die Hinterlegung einer Patientenverfügung bzw. einer Vorsorgevollmacht zu vermerken.

Hinweis:

Auch ohne Vorsorgevollmacht besteht jetzt ein gesetzliches Vertretungsrecht von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge:

Neu eingeführt wurde zum 01.01.2023 mit § 1358 BGB ein gegenseitiges gesetzliches Vertretungsrecht von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge (Siehe insofern den Beitrag "Ehe"). Nach § 21 Lebenspartnerschaftsgesetz gilt die Vorschrift auch für Lebenspartner. Entsprechend den Vorgaben im Koalitionsvertrag, nach der es Ehepartnern ermöglicht werden soll, im Betreuungsfall füreinander Entscheidungen über medizinische Behandlungen zu treffen, sollen Ehegatten unter eng begrenzten Voraussetzungen berechtigt sein, den anderen Ehegatten in bestimmten Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend vertreten zu können.

2. Betreuerbestellung trotz Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen. Steht die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht fest, kann aber gleichwohl eine Betreuung erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet. Letzteres ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte mangels Befähigung oder wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (BGH 15.06.2022 - XII ZB 85/22).

3. Kontrollbetreuung

Gemäß § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden (Kontrollbetreuung).

Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Voraussetzung ist nach der Entscheidung BGH 30.03.2011 - XII ZB 537/10 "der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil die zu besorgenden Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und/oder besonderem Umfang sind (...) oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen."

4. Zentrales Vorsorgeregister

Vorsorgevollmachten können in das bei der Bundesnotarkammer geführte Zentrale Vorsorgeregister (http://www.vorsorgeregister.de) eingetragen werden. Rechtsgrundlage ist die Vorsorgeregister-Verordnung. Ziel des Registers ist u.a. die Erleichterung zugunsten der Gerichte bei der Informationseinholung über das Bestehen einer Vorsorgevollmacht / Betreuungsverfügung. Dabei kann die Abfrage durch die Gerichte auch im Online-Verfahren durchgeführt werden.

Für die Eintragung wird eine aufwandsbezogene Gebühr erhoben, deren Höhe von dem gewählten Eintragungsverfahren abhängt und sich auf einen Betrag in Höhe von ca. 25,00 EUR beläuft.

5. Unwirksamkeit

Es gilt die Vermutung der Wirksamkeit: "Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es bei der wirksamen Bevollmächtigung" (BGH 29.07.2020 - XII ZB 106/20).

 Siehe auch 

Betreuung

Betreuungsverfügung

Patientenverfügung

BGH 15.12.2010 - XII ZB 165/10 (Wirksamkeit der Vollmachterteilung als Hinderungsgrund für die Betreuerbestellung)

OLG München 26.02.2010 - 31 Wx 16/10 (Anordnung der Nachlasspflegschaft bei Vorsorgevollmacht)

BayObLG, 27.05.1993 - 3Z BR 78/93

Dien/Rebhahn: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2010, 326

Horn/Schabel: Auskunfts- und Rückforderungsansprüche nach möglichem Vollmachtsmissbrauch; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 3473

Müller-Engels/Braun: Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 6. Auflage 2022

Tersteegen: Bankgeschäfte mittels Vorsorgevollmacht - Verpflichtung der Banken zur Anerkennung von Vorsorgevollmachten?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2007, 1717

Zimmermann: Die Formulierung der Vorsorgevollmacht; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 1573