Rechtswörterbuch

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Verwaltungsrechtsweg

 Normen 

§ 40 VwGO

§ 33 FGO

§ 51 SGG

§ 23 EGGVG

Art. 14 Abs. 3 GG

 Information 

1. Allgemein

Der Rechtsweg zu den (allgemeinen) Verwaltungsgerichten ist eröffnet gemäß § 40 VwGO bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen:

  1. a)

    Vorliegen einer öffentlich-rechtliche Streitigkeit:

    Diese liegt vor, wenn die streitentscheidende Norm öffentlichrechtlich, d.h. nicht privatrechtlich ist. Dies ist eindeutig dann der Fall, wenn die Träger der öffentlichen Gewalt ordnend oder lenkend unter Ausübung ihrer Hoheitsbefugnisse eingreifen, und eindeutig nicht der Fall, wenn die Maßnahmen der Fiskalverwaltung dienen (Anschaffung von Büromaterial oder Einstellung oder Kündigung von Angestellten). Eine klare Einordnung ist jedoch in vielen Fällen problematisch (Abgrenzung Öffentliches Recht - Privatrecht).

    "Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist und ob die ordentlichen Gerichte oder die Verwaltungsgerichte zuständig sind, richtet sich, soweit keine Sonderzuweisung besteht, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. (...). Maßgeblich ist die wahre Natur des Rechtsverhältnisses, nicht die vom Kläger vorgenommene rechtliche Zuordnung" (BGH 25.07.2013 - III ZB 18/13).

  2. b)

    Nichtverfassungsrechtlicher Art: Verfassungsrechtlicher Art ist ein Streit, in dem Verfassungsorgane über Staatsverfassungsrecht streiten.

  3. c)

    Keine ausdrückliche gesetzliche Zuweisung an ein anderes Gericht:

    Keine abdrängende Zuweisung an die ordentlichen Gerichte (§ 40 Abs. 2 S. 1 VwGO, Art. 14 Abs. 3 GG, § 23 EGGVG), an besondere Verwaltungsgerichte, wie z.B. an die Finanzgerichte (§ 33 FGO), die Sozialgerichte (Sozialgerichtsbarkeit - § 51 SGG), Disziplinargerichte (für Beamte, Richter und Soldaten), Berufsgerichte (z.B. für Rechtsanwälte), § 54 BeamtStG (Rechtsgrundlagen, aber zudem in den Beamtengesetzen der Länder, z.B. NRW (§ 103 LBG NRW) oder Niedersachen (§ 105 NBG)), § 54 BAföG, Wehrgerichte (§ 32 WPflG).

    Nach der Vorschrift des § 23 Abs. 1 EGGVG, die von vornherein nur vorübergehend Bedeutung haben sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1974 - 1 C 11.73, BVerwGE 47, 255, 258), entscheiden über die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten unter anderem auf dem Gebiet der Strafrechtspflege getroffen werden, auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Betrifft der Antrag eine Angelegenheit der Strafrechtspflege, so entscheidet ein Strafsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Justizbehörde ihren Sitz hat (BGH 25.07.2013 - III ZB 18/13).

2. Beispiele aus der Rechtsprechung

Rückzahlungsanspruch einer Sparkasse:

Bei der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen einer Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts von Zahlungen an Privatpersonen im Rahmen eines staatlichen Förderprogramms ist nach der Entscheidung BVerwG 30.05.2006 - 3 B 78/05 nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Abtretung von Besoldungsansprüchen eines Beamten:

"Die Abtretung einer Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen. Der für den Besoldungsanspruch des Beamten gemäß § 126 Abs. 1 BRRG gegebene Verwaltungsrechtsweg bleibt daher auch nach der Abtretung des Besoldungsanspruchs für den Rechtsstreit des Zessionars gegen den Dienstherrn als Drittschuldner eröffnet (BGH 25.07.2013 - III ZB 18/13).

Überprüfung von Presseäußerungen eines Staatsanwalts zu einem Strafverfahren:

Bei der Beanstandung einer staatsanwaltschaftlichen Presseerklärung über den Stand eines Strafverfahrens handelt es sich um eine Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist (BGH, 27.07.2017 - 2 ARs 188/15).

3. Rechtsfolge bei Unzuständigkeit des Verwaltungsrechtswegs

Ist der Verwaltungsrechtsweg beschritten worden, obwohl dies nach den o.a. Voraussetzungen nicht der richtige Rechtsweg ist, spricht das unzuständige Gericht gemäß § 17a GVG, der nach § 173 VwGO auch im Verwaltungsgerichtsverfahren anwendbar ist, nach Anhörung der Parteien die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit durch Beschluss zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges.

 Siehe auch 

Abgrenzung Öffentliches Recht - Privatrecht

Rechtsweg

Rechtsweg - Einheitlichkeit

Sozialgerichtsbarkeit

Verwaltungsgerichtsbarkeit

BGH 17.12.2009 - III ZB 47/09 (Verwaltungsrechtsweg bei Streitigkeiten über das Entgelt für die Notfallversorgung - Hessen)

BGH 24.06.1998 - 5 AR (VS) 1/98

BVerwG 17.11.2008 - 6 B 41/08 (Verwaltungsrechtsweg bei Streitigkeiten über die Kosten für die Verlegung einer Telekommunikationslinie)

BVerwG 30.03.2000 - 4 B 23/00

BVerwG 05.10.1990 - 7 C 7/90

BVerwG 06.02.1986 - 3 C 74/84

OVG Nordrhein-Westfalen 13.05.2011 - 16 E 174/11 (Rechtsweg bei von Jobcenter ausgesprochenem Hausverbot - Abweichung von BSG-Rechtsprechung)

OVG Nordrhein-Westfalen 30.09.2008 - 13 B 1384/08 (Rechtliche Einordnung der Rettungsdiensttätigkeit)

Müller: Das Aus für den Verwaltungsrechtsweg bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte; Gemeindehaushalt 2007, 260

Terwiesche: Handbuch des Fachanwalts Verwaltungsrecht; 4. Auflage 2021