Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Vergütungsvereinbarung - Rechtsanwalt

 Normen 

§ 3a f. RVG

 Information 

1. Allgemein

Eine Vergütungsvereinbarung ist eine Vereinbarung zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandant über die Höhe der Vergütung.

Rechtsanwälte und Mandanten können im Wege einer Vergütungsvereinbarung andere als die nach dem RVG vorgesehenen Gebühren vereinbaren. Dabei kann eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung nur für die außergerichtliche Tätigkeit verlangt werden.

Die Vergütungsvereinbarung kann grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt mit dem Mandanten abgeschlossen werden.

Inhalte von Vergütungsvereinbarungen können u.a. sein:

  • die Vereinbarung eines Pauschalhonorars

  • die Vereinbarung eines Zeithonorars

  • die Vereinbarung eines höheren Gebührenstreitwerts / Gegenstandswertes

  • das Abbedingen der Anrechnung von Gebühren

  • die Vereinbarung einer Erhöhung der gesetzlichen Gebühren

  • die Vereinbarung eines Erfolgshonorars

  • die Erhöhung des Gebührenstreitwertes / Gegenstandswertes auf einen pauschalen Wert

  • das Abbedingen von Anrechnungsvorgaben, wie z.B. die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Prozessgebühr etc.

  • die Vereinbarung eines Abwesenheitsgeldes für die Wahrnehmung weiter entfernter Gerichtstermine

Beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf eine Beratung, so ist er verpflichtet, mit dem Mandanten eine Gebührenvereinbarung abzuschließen.

Wird der Rechtsstreit vor einem weiter entfernten Gericht verhandelt, empfiehlt es sich, den Mandanten über die Möglichkeit zu informieren, anstelle der Beauftragung eines Unterbevollmächtigten den Prozess durch den Hauptbevollmächtigten wahrnehmen zu lassen und diesem ein entsprechend erhöhtes Abwesenheitsgeld zu zahlen.

Bestimmtheitsgebot: Bei einer Vergütungsvereinbarung muss eindeutig feststehen, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll. Eine pauschale Bezeichnung der anwaltlichen Tätigkeit lässt nicht den Schluss zu, dass die Vergütungsvereinbarung ohne jede zeitliche Beschränkung auch für alle zukünftigen Mandate gelten soll (OLG Karlsruhe 28.08.2014 - 2 U 2/14).

2. Kriterien für die Vergütungshöhe

Bei der Bestimmung der zu vereinbarenden Honorarhöhe können u.a. folgende Kriterien berücksichtigt werden:

  • Vorliegen eines juristischen Spezialgebiets

  • Bedeutung für den Mandant

  • Schwierigkeit der Rechtsfrage

  • Fixkostenhöhe des Büros

Sittenwidrigkeit:

Die von der Rechtsprechung entwickelte Grenze für das auffällige Missverhältnis, die auf anderen Gebieten bei der Überschreitung von knapp 100 % der "normalen" Vergütung angenommen wird, gilt für Vergütungsvereinbarungen im unteren und mittleren Streitwertbereich nicht (OLG München 03.05.2012 - 24 U 646/10).

Das mehrfache Überschreiten der gesetzlichen Gebühren begründet grundsätzlich ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Aufwands nicht schon für sich genommen die Schlussfolgerung auf eine Sittenwidrigkeit in der Form des Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung (BGH 04.02.2010 - IX ZR 18/09). Eine Grenze besteht bei der mehr als fünffachen Überschreitung der gesetzlichen Höchstgebühren, die eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung bildet.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Frage der Unangemessenheit unter dem allgemeinen Gesichtspunkten des § 242 BGB zu beurteilen, also danach, ob sich das Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als unzumutbar und als ein unerträgliches Ergebnis darstellt. Der Richter ist jedoch nicht befugt, die vertraglich ausbedungene Leistung durch die billige oder angemessene zu ersetzen. Folglich ist nicht darauf abzustellen, welches Honorar im gegebenen Fall als angemessen zu erachten ist, sondern darauf, ob die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nach Sachlage als unangemessen hoch einzustufen ist. Für eine Herabsetzung ist nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten, und ein krasses, evidentes Missverhältnis zwischen der anwaltlichen Leistung und ihrer Vergütung gegeben wäre (OLG Karlsruhe 28.08.2014 - 2 U 2/14).

Die Vereinbarung in Höhe des Zweifachen der gesetzlichen Gebühr ist nicht unangemessen hoch (OLG München 30.11.2016 - 15 U 1298/16).

Nach der Entscheidung OLG Düsseldorf 08.01.2019 - 24 U 84/18 ist ein anwaltlicher Stundensatz i.H.v. 250,00 EUR ist nicht zu beanstanden:

"Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines anwaltlichen Zeithonorars, welches um das Sechsfache im Vergleich zur gesetzlichen Vergütung erhöht ist, ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt, ob dies auf der Höhe des Stundensatzes oder auf den angefallenen Tätigkeitsstunden beruht. Ist diese Überhöhung auf den hohen Zeitaufwand zurückzuführen, spricht dies gegen eine Sittenwidrigkeit, sofern keine Anhaltspunkte für ein unangemessenes Aufblähen der Arbeitszeit vorliegen."

Zudem urteilte das Gericht in dem obigen Urteil, dass "das Gericht aus eigener Sachkunde in der Lage ist, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen (§ 287 ZPO), denn auch ein Richter leistet vergleichbare Arbeit, indem er Informationen rechtlicher Art verarbeitet, Recherchen durchführt und Dokumente erstellt."

3. Formanforderungen

Die Formanforderungen einer Vergütungsvereinbarung sind sowohl für erfolgsunabhängige als auch für erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarungen in § 3a RVG geregelt. Danach bestehen folgende Anforderungen:

  • Die Vergütungsvereinbarung muss in Textform erstellt werden.

  • Sie darf nicht in einer Vollmacht enthalten sein.

  • Sie muss von anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt sein. Dies gilt nicht für die Auftragserteilung.

  • Es muss ein Hinweis enthalten sein, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.

Diese Formanforderungen gelten nicht für die Vergütungsvereinbarung im Rahmen einer rechtsanwaltlichen Beratung.

4. Verletzung der Formvorschriften

Gemäß § 4b RVG ist der Rechtsanwalt bei einer gegen die Formvorschriften verstoßenden Vergütungsvereinbarung auf die gesetzliche Vergütung nach dem RVG beschränkt, d.h. auch wenn die Parteien eine höhere Vergütung vereinbart hatten, hat der Rechtsanwalt hierauf keinen Anspruch.

Weiterhin Gültigkeit haben jedoch die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. In diesem Bereich ist insbesondere § 814 BGB zu beachten: Hat der Rechtsanwalt den Mandanten darüber aufgeklärt, dass eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart wurde und wurde die Vergütung bereits bezahlt, so kann sie nach der Vorschrift des § 814 BGB nicht zurückgefordert werden.

Mit der Entscheidung BGH 05.06.2014 - IX ZR 137/12 änderte der BGH seine Rechtsprechung zu den Folgen einer formwidrigen Vergütungsvereinbarung. Danach gilt nunmehr Folgendes:

Eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, die gegen die Formvorschriften oder die Voraussetzungen für den Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung verstößt, ist wirksam. Aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr gefordert werden. Ist die gesetzliche Gebühr höher, kann nur die vereinbarte Vergütung verlangt werden.

Der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der über die gesetzlichen Gebühren hinaus erbrachten Zahlungen ist, kann nach § 814 BGB ausgeschlossen sein. Nach dieser Vorschrift kann das zur Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Die Anwendung der Norm setzt voraus, dass der Leistende zum Zeitpunkt seiner Leistung positiv gewusst hat, nicht zur Leistung verpflichtet gewesen zu sein. Allein die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen der rechtlichen Verpflichtung ergibt, genügt nicht. Der Leistende muss auch gewusst haben, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (BGH 22.10.2015 - IX ZR 100/13).

5. Anrechnung

Die für eine vorgerichtliche Tätigkeit zwischen den Parteien vereinbarte Vergütungsvereinbarung ist nicht auf die Rechtsanwaltsvergütung für die gerichtliche Tätigkeit anzurechnen (BGH 09.09.2009 - Xa ZB 2/09).

6. Vergütungsvereinbarung eines Pflichtverteidigers

"Ein zum Pflichtverteidiger bestellter Anwalt muss vor Abschluss einer Vergütungsvereinbarung dem Beschuldigten einen eindeutigen Hinweis erteilen, dass er auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung zu weiterer Verteidigung verpflichtet ist" (BGH 13.12.2018 - IX ZR 216/17).

7. Drohung

Die Ankündigung der Mandatsniederlegung zur Durchsetzung einer Vergütungsvereinbarung ist zwar eine Drohung, diese ist aber nicht rechtswidrig, weil der Rechtsanwalt das Mandat - abgesehen von Fällen der Unzeit (unmittelbar vor Beginn der Hauptverhandlung) - jederzeit kündigen darf (BGH 04.02.2010 - IX ZR 18/09).

8. Erfolgsunabhängige Vergütung

Rechtsgrundlage einer erfolgsunabhängigen Vergütungsvereinbarung ist § 4 RVG.

(Nur) in außergerichtlichen Angelegenheiten kann eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden. Sie muss jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen.

Ob diese Vorgabe angesichts des Urteils des EuGH (Juli 2019) zu den Höchst- und Mindestsätzen der HOAI noch wirksam ist, ist mehr als zweifelhaft.

Der Rechtsanwalt kann sich für gerichtliche Mahnverfahren und Zwangsvollstreckungsverfahren nach den §§ 803 bis 863 ZPO und §§ 899 bis 915b ZPO dahin gehend verpflichten, dass er, wenn der Anspruch des Auftraggebers auf Erstattung der gesetzlichen Vergütung nicht beigetrieben werden kann, einen Teil des Erstattungsanspruchs an Erfüllungs Statt annehmen werde.

Der nicht durch Abtretung zu erfüllende Teil der gesetzlichen Vergütung und die sonst nach § 4 Abs. 2 RVG vereinbarten Vergütungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen.

In der Vereinbarung kann es gemäß § 4 Abs. 3 RVG dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer überlassen werden, die Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen. Ist die Festsetzung der Vergütung dem Ermessen eines Vertragsteils überlassen, gilt die gesetzliche Vergütung als vereinbart.

 Siehe auch 

Pauschalhonorar

Rechtsanwaltsvergütung

Rechtsanwaltsvergütung - Anrechnung

Rechtsanwaltsvergütung - außergerichtlich

Rechtsanwaltsvergütung - Beratung

Rechtsanwaltsvergütung - Einigungsgebühr

Rechtsanwaltsvergütung - Gerichtliche Tätigkeit

Zeithonorar

BGH 03.11.2011 - IX ZR 47/11 (nachträgliche handschriftlicher Ergänzungen)

BGH 19.05.2009 - IX ZR 174/06 (Abschrift der Vereinbarung + unangemessene Höhe)

BGH 27.01.2005 - IX ZR 273/02 (Angemessenheit einer Honorarvereinbarung für eine Strafverteidigung)

BGH 08.06.2004 - IX ZR 119/03 (Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung)

BGH 24.07.2003 - IX ZR 131/00 (Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung)

BVerfG 12.08.2002 - 1 BvR 328/02 (Anforderungen an die Honorarvereinbarung)

Bestelmeyer/Feller u.a.: RVG - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz; 8. Auflage 2021

Deckenbrock: Grenzen anwaltlicher Vergütungsvereinbarungen - Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020, 1776

Schneider: Keine Anrechnung bei Anwaltswechsel und vorgerichtlicher Vergütungsvereinbarung; Zeitschrift für die Anwaltspraxis - ZAP 2009, 475

Schneider: Die Vergütung im Dauermandat; Anwaltsblatt - AnwBl 2009, 208