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Verein - Mitgliederversammlung

 Normen 

§§ 32 - 37 BGB

 Information 

1. Allgemein

Die Mitgliederversammlung ist eines der zwingenden Organe eines Vereins. Gemäß § 32 BGB werden die Angelegenheiten des Vereins, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet.

Als ordentliche Mitgliederversammlung wird im Vereinsleben die nach der Satzung turnusmäßig einzuberufende Mitgliederversammlung bezeichnet. Außerordentliche Mitgliederversammlung ist die aus besonderen Gründen bzw. nach dem Willen einer Minderheit einzuberufende Mitgliederversammlung.

Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen ordentlichen und außerordentlichen Mitgliederversammlungen.

2. Pflicht zur Einberufung

Eine Mitgliederversammlung ist einzuberufen, wenn

  • die in der Satzung bestimmten Voraussetzungen vorliegen,

    Die Voraussetzungen, unter denen eine Mitgliederversammlung einzuberufen ist, können in der Satzung geregelt werden. Die Satzung eines die Eintragung in das Vereinsregister (Rechtsfähigkeit) anstrebenden Vereins hat die Voraussetzungen zwingend zu enthalten.

  • das Vereinsinteresse es erfordert (§ 36 BGB) oder

    Das Vereinsinteresse ist betroffen, wenn ein Zusammenhang mit dem Verein als Ganzem und nicht nur ein Bezug zu einzelnen Mitarbeitern besteht.

  • 10 % der Mitglieder oder eine andere, in der Satzung bestimmte Mehrheit es verlangen.

    Gemäß § 37 BGB ist eine Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn mindestens 10 % der Mitglieder dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt. Die Satzung kann eine andere Mehrheit festlegen.

Ebenfalls in der Satzung ist zu bestimmen, durch wen die Mitgliederversammlung einzuberufen ist. Fehlt eine Bestimmung in der Satzung, ist die Mitgliederversammlung im Zweifel von dem Vorstand einzuberufen.

Die Einberufung der Mitgliederversammlung kann gerichtlich durchgesetzt werden.

3. Form und Frist der Einberufung

Es bestehen keine gesetzlichen Vorschriften über die Form und die Frist der Einberufung. In der Satzung können (und sollten) Bestimmungen über die Form und Frist der Einladung enthalten sein. Dabei ist es ausreichend, wenn die Einberufung in Textform erfolgen soll (OLG Schleswig 25.01.2012 - 2 W 57/11).

Gemäß § 32 BGB sind die in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse nur gültig, wenn den Mitgliedern der Gegenstand des Beschlusses bei der Einberufung mitgeteilt wurde.

Ist der Gegenstand der Beschlussfassung nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 BGB nichtig.

In der Entscheidung BGH 02.07.2007 - II ZR 111/05 hat der BGH einen Beschluss einer Mitgliederversammlung für nichtig erklärt, da in der Einladung nur der Tagungsordnungspunkt "Verkauf Clubhaus" angegeben worden war, obwohl tatsächlich über einen konkreten Vertrag, der mit dem Erwerber bereits im Einzelnen bis hin zum Kaufpreis ausgehandelt worden war, abgestimmt werden sollte. Die Mitglieder sollten nicht nur einen "Grundsatzbeschluss" über einen künftigen Verkauf treffen, sondern einer konkreten Veräußerung zustimmen. Falls Gegenstand der Beschlussfassung die Durchführung eines Vertrages bildet, so ist sowohl der Vertragspartner als auch der Inhalt des Vertrages in der Tagesordnung schlagwortartig anzugeben, weil nur so dem Zweck der vorherigen Mitteilung entsprochen werden kann, die Mitglieder in die Lage zu versetzen zu entscheiden, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen.

Durch eine anderweitige Bestimmung in der Satzung kann dieses gesetzliche Erfordernis abgeändert werden, etwa dahin gehend, dass die Einberufung keine Nennung der Tagesordnung erfordert oder dass auch nach der Einberufung eingehende Anträge noch als Tagesordnungspunkte aufgenommen werden können.

4. Hybride und virtuelle Teilnahme

Da sich digitale Besprechungen und Sitzungen während der Corona-Pandemie bewährt haben, liegt gemäß der am 21. März 2023 in Kraft getretenen Fassung des § 32 Abs. 2 BGB die Abhaltung einer Versammlung, an der Vereinsmitglieder im Wege der Videokonferenztechnik teilnehmen können, im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands.

Einer Satzungsregelung oder einer Zustimmung der Mitglieder bedarf es hierfür nicht mehr. Den Vereinsmitgliedern steht es nach der Neuregelung frei, an der Versammlung vor Ort oder im Wege der Videokonferenztechnik teilzunehmen. § 32 Abs. 2 BGB ermöglicht es dem Vorstand aber nicht, Mitgliederversammlungen vollständig im Wege der Videokonferenztechnik durchzuführen, sofern sich hiermit nicht alle Mitglieder ausdrücklich einverstanden erklären. Von der Gesetzesänderung unberührt bleibt nach wie vor die Möglichkeit der Vereine, abweichende Satzungsregelungen vorzunehmen.

Ziel der Gesetzesänderung war es nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/2532), dass durch zeitgemäße und praktikable Rahmenbedingungen das ehrenamtliche Engagement gefördert und erleichtert wird.

5. Ort und Zeit der Versammlung

Es besteht ebenfalls keine gesetzliche Regelung über den Ort und die Zeit einer Mitgliederversammlung. Beide können in der Satzung festgelegt werden, können aber auch in der Mitgliederversammlung jedes Mal neu gewählt werden.

In der Satzung kann auch bestimmt werden, dass eine Mitgliederversammlung virtuell (online) durchgeführt werden kann (OLG Hamm 27.09.2011 - 27 W 106/11).

6. Rechte der Mitglieder in der Versammlung

Vereinsmitglieder sind immer berechtigt, an der Mitgliedsversammlung teilzunehmen.

Das Rederecht erfordert, dass ein Bezug zu einem Tagesordnungspunkt besteht. Es kann in der Länge beschränkt werden, wenn es sonst zu erheblichen Verzögerungen im Verlauf der Versammlung kommen würde.

Jedes Mitglied hat einen Anspruch gegen die Vereinsorgane auf Auskunft über die den Verein betreffenden Belange.

Grundsätzlich ist jedes Mitglied Inhaber eines Stimmrechts, das nicht auf andere übertragbar ist. Die Satzung kann eine Bestimmung erlassen, wonach das Stimmrecht auf einen Vertreter übertragen werden kann (Vereinsversammlung - Vertretung).

Das Stimmrecht ist gemäß § 34 BGB ausgeschlossen, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem Mitglied oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft.

7. Verlauf der Versammlung

Der Verlauf der Versammlung kann in einer Vereinsordnung niedergelegt sein.

Durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder Bestimmung der Satzung kann ein Versammlungsleiter bestimmt werden.

Verbreitet sind Satzungsbestimmungen, wonach zunächst durch den Versammlungsleiter die ordnungsgemäße Einberufung und die Beschlussfähigkeit festzustellen ist.

Danach sind die Tagesordnungspunkte in der durch das Einladungsschreiben bekannt gegebenen Reihenfolge durchzugehen.

8. Beschlussfassung

Die Beschlussfassung erfordert das Vorliegen der jeweils erforderlichen Mehrheit.

 Siehe auch 

Verein - Ausschluss

Verein - Geschäftsordnung

Verein - Mehrheiten

Verein - Mitgliedschaft

Verein - nichtrechtsfähiger

Verein - rechtsfähiger

Verein - Satzungsänderung

Verein - Zweckänderung

Vereinsgericht

Vereinsschiedsgericht

Vereinsversammlung - Vertretung

Mecking: Mitgliederversammlung 2.0: Zur Zulässigkeit der Willensbildung im Verein über elektronische Medien; Zeitschrift für Stiftungs- und Vereinswesen - ZStV 2011, 161

Reichert/Schimke/Dauernheim/Schiffbauer: Handbuch Vereins- und Verbandsrecht; 15. Auflage 2023

Schäfer: "Schriftliche" Einladung zur Mitgliederversammlung eines eingetragenen Vereins auch per E-Mail?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 891