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Umgangsrecht - Kosten

 Normen 

§ 1684 BGB

 Information 

1. Einführung

Durch die Wahrnehmung des Umgangsrechts entstehende Kosten.

Bei der Frage, ob diese Kosten zu einer Minderung der Unterhaltszahlung des Unterhaltspflichtigen führen, ist wie folgt zu unterscheiden:

2. Kosten des Umgangsberechtigten

2.1 Unterhaltsrecht: Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens

Die durch die Wahrnehmung des Umgangsrechts für den Umgangsberechtigten selbst entstehenden Kosten (Fahrtkosten, Übernachtungskosten, Verpflegungskosten, Kosten etc.) führen grundsätzlich nicht zur Minderung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit. Auch kann er von dem sorgeberechtigten Elternteil keine Erstattung dieser Kosten verlangen.

Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn der das Kind betreuende Elternteil außergewöhnlich weit von dem Umgangsberechtigten entfernt wohnt, die Entfernung evtl. auch noch von dem Sorgeberechtigten durch einen Umzug veranlasst wurde und beengte finanzielle Verhältnisse bestehen.

Nach dem Urteil BGH 23.02.2005 - XII ZR 56/02 können die angemessenen Kosten des Umgangs zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts bzw. einer Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das unterhaltsrelevante Einkommen ganz oder teilweise nicht zugute kommt.

Diese Rechtsprechungsvorgabe wurde u.a. in der Entscheidung OLG Bremen 23.10.2007 - 4 WF 155/07 angewendet, nach der die durch größere Entfernungen entstehenden Fahrtkosten - sofern sie nicht anderweitig abgedeckt werden können - in vollem Umfang berücksichtigt werden können.

Die Unterhaltspflicht kann sich verschieben, wenn die Betreuungsleistung des das Umgangsrecht ausübenden Elternteils einer Mitbetreuung gleichkommen oder sich die Eltern in der Betreuung abwechseln. Zu Einzelheiten siehe den Beitrag "Barunterhaltspflicht".

2.2 SGB II: Anspruch auf höhere Sozialleistungen

Der umgangsberechtigte Bezieher von Bürgergeld hat zur Ausübung des Umgangsrechts einen Anspruch auf Mehrbedarf. Die angemessene Höhe einer Mehrbedarfshärteleistung für die Aufwendungen durch die Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts bestimmt sich nach der kostengünstigsten und gleichwohl im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Umgangsrechts verhältnismäßigen sowie zumutbaren Art der Bedarfsdeckung im Einzelfall (BSG 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R).

Rechtsgrundlage ist die Härtefallklausel in § 21 SGB II. In der Höhe sind die Kosten grundsätzlich nicht begrenzt, jedoch hat der Berechtigte die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

Auch Eheleute, die familienrechtlich nicht getrennt leben, können bei getrennten Wohnsitzen zur Ausübung des Umgangsrechts mit ihrem Kind Mehrbedarfshärteleistungen beanspruchen, wenn die Begründung und Aufrechterhaltung zweier Wohnsitze im Einzelfall gerechtfertigt ist und damit auch Einsparmöglichkeiten der Unabweisbarkeit des Bedarfs nicht entgegenstehen (BSG 11.02.2015 - B 4 AS 27/14 R).

2.3 SGB XII:

Im Bereich der Sozialhilfe begründen die Kosten des Umgangsrechts bei Vorliegen der Voraussetzungen eine abweichende Regelsatzfestsetzung nach § 27a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB XII.

Eine weitere Rechtsgrundlage ist § 73 SGB XII, wonach Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden können, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen.

3. Kosten des Kindes

Bei den Kosten des Kindes ist zu unterscheiden:

Durch die Ausübung des Umgangsrechts entstehende außergewöhnliche Kosten, z.B. für Unternehmungen oder auswärtige Unterbringung, sind nicht unterhaltsmindernd zu berücksichtigen.

Die Lebenshaltungskosten des Kindes bei einem längeren Aufenthalt des Kindes bei dem Umgangsberechtigten können zu einer Minderung des Unterhaltsanspruchs des Kindes führen. Voraussetzung ist aber ein mehrere Wochen andauernder Aufenthalt, eine genaue Grenze wurde durch die Rechtsprechung noch nicht festgelegt.

4. Rechtsanwaltliche Gebühren

Die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zur Berücksichtigung der Kosten des Umgangsrechts richten sich nach den allgemeinen Gebühren zur Minderung der Unterhaltspflicht.

5. Sozialhilfe

Die Kosten des Umgangsrechts können bei einem Empfänger von Sozialhilfe in der Form der Hilfe in anderen Lebenslagen ersetzt werden. Voraussetzung ist jedoch die vorherige Anmeldung des Umgangsrechts sowie die vorherige Beantragung der Kostenübernahme.

6. Steuerliche Berücksichtigung

Die Kosten des Umgangsrechts sind nicht (mehr) steuerlich absetzbar.

 Siehe auch 

Aufenthaltsbestimmungsrecht

Haager Minderjährigenschutzabkommen

Kindesunterhalt

Sorgerecht

Sozialhilfe

Umgangsrecht

Umgangsrecht des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters

BFH 22.02.2001 VI R 115/96 (Umgangsrechtskosten keine außergewöhnliche Belastungen)

BGH 09.11.1994 - XII ZR 206/93 (Fahrtkosten nicht unterhaltsmindernd)

Christl: Umgangskosten als Mehrbedarf in der Prozess- und Verfahrenskostenhilfe; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2016, 3687

Gerhardt/von Heintschell-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 12. Auflage 2021

Jüdt/Kleffmann/Weinreich: Formularbuch des Fachanwalts Familienrecht; 7. Auflage 2023

Schmidt: Der Umgang von Eltern und Kind im Existenzsicherungsrecht; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020, 812

Schmidt: Die Kosten des Umgangs - SGB II-Ansprüche im Interesse des Kindes; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 2465