Rechtswörterbuch

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Transsexuelle

 Normen 

TSG

§ 63 Abs. 2 PStG

BT-Drs. 19/17278 (zu dem Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen)

 Information 

1. Allgemein

Als Transsexualität wird eine Geschlechtsidentitätsstörung bezeichnet, nach der eine Person sich zu dem Geschlecht zugehörig fühlt, dem sie nach ihren physischen Merkmalen nicht angehört.

Zur Eingliederung des Transsexuellen in das Geschlecht, dem er sich zugehörig fühlt, hat er neben medizinischen Maßnahmen auch die Möglichkeit des Vornamenswechsels, die bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne medizinische Begleitmaßnahmen anerkannt wird.

2. Wechsel des Vornamens

Grundsätzlich muss in Deutschland der Vorname einen Hinweis auf das Geschlecht des Namensinhabers geben. Gemäß § 1 TSG kann der Vorname einer transsexuellen Person auf Antrag geändert werden, wenn sie sich dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben. Die Voraussetzungen der Namensänderung sind durch ein Gutachten zu bestätigen. Die Vornamensänderung zwingt nicht zur anschließenden Änderung des Geschlechts.

Die Entscheidung über die Änderung des Vornamens des Antragstellers wird aus den in § 7 TSG aufgeführten Gründen unwirksam. § 7 Abs. 1 Nr. 3 TSG bestimmte die Unwirksamkeit aufgrund der Eheschließung des Antragstellers.

Beispiel:

Wenn ein weiblicher Transsexueller seinen Vornamen auf einen männlichen Vornamen hin geändert hat und nun einen Mann heiraten möchte, so wird sein Vorname automatisch in den ursprünglich weiblichen Vornamen hin geändert.

Aber: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass § 7 Abs. 1 Nr. 3 TSG insoweit verfassungswidrig ist, als dass homosexuell orientierten Transsexuellen ohne Geschlechtsumwandlung eine rechtlich gesicherte Partnerschaft nicht ohne Verlust des nach § 1 TSG geänderten Vornamens eröffnet ist. Danach muss es auch Transsexuellen ohne Geschlechtsumwandlung nach nur der Änderung des Vornamens möglich sein, eine Ehe / eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen, ohne den gewählten Vornamen verlieren zu müssen (BVerfG 06.12.2005 - 1 BvL 3/03).

Die Vorschrift ist bis zum Inkrafttreten einer geänderten gesetzlichen Regelung nicht anwendbar. Die Entscheidung hat gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft.

Sind die Vornamen einer Person aufgrund des Transsexuellengesetzes geändert oder ist festgestellt worden, dass diese Person dem anderen als dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht angehört, so darf gemäß § 63 Abs. 2 PStG (abweichend von § 62 PStG) eine Personenstandsurkunde aus dem Geburtseintrag nur der betroffenen Person selbst und eine Personenstandsurkunde aus dem Ehe- oder Lebenspartnerschaftseintrag nur der betroffenen Person selbst sowie ihrem Ehegatten oder Lebenspartner erteilt werden.

Der Transsexuelle hat nach einer Geschlechtsumwandlung bzw. Vornamensänderung keinen Anspruch auf die Löschung des früheren Vornamens im Melderegister. Dem Interesse des Betroffenen kann durch die Eintragung einer Auskunftssperre Rechnung getragen werden (OVG Berlin-Brandenburg 24.09.2015 - OVG 5 N 3/13).

Mit dem Beschluss BVerfG 18.07.2006 - 1 BvL 1/04 wurde zudem § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG insoweit für verfassungswidrig erklärt, als er ausländische Transsexuelle, die sich rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, von der Antragsberechtigung zur Änderung des Vornamens und zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit ausnimmt.

3. Lebenspartnerschaft

Ändert ein Beteiligter einer eingetragenen Lebenspartnerschaft seine personenstandsrechtliche Geschlechtszugehörigkeit und schließt danach mit dem anderen Beteiligten dieser Lebenspartnerschaft eine Ehe, so erlischt die Lebenspartnerschaft, ohne dass es eines besonderen Aufhebungsverfahrens bedarf (OLG Nürnberg 21.09.2015 - 11 W 1334/15).

4. Zulässigkeit von Konversationstherapien

Als Konversationstherapien werden Behandlungen bezeichnet, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken.

Die Anbieter von sogenannten Konversionstherapien gehen von der Annahme aus, nicht heterosexuelle Orientierungen (zum Beispiel Homo- oder Bisexualität) oder abweichende Geschlechtsidentitäten (zum Beispiel Transgeschlechtlichkeit) seien behandlungsbedürftig. In Deutschland werden nach wie vor sogenannte Konversionstherapien angeboten und durchgeführt.

Ein wissenschaftlich valider Nachweis für die behauptete Wirkung derartiger "Therapien" im Sinne einer Änderung der sexuellen Orientierung existiert nicht. Wissenschaftlich nachgewiesen sind dagegen zum einen schädliche Effekte solcher "Therapien" auf behandelte Personen, zum Beispiel Depressionen, Ängste und gesteigerte Suizidalität, zum anderen Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.

Mit dem am 24.06.2020 in Kraft getretenen "Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen" wurde ein eigenständiges Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen geschaffen mit dem Ziel, die sexuelle und geschlechtliche Entwicklung und Selbstbestimmung sowie die körperliche Unversehrtheit besonders vulnerabler Personen zu schützen. Das Gesetz bündelt neue Rechtsvorschriften, die sich gegen sogenannte Konversionstherapien wenden. Er beinhaltet insbesondere neue Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten.

 Siehe auch 

Ehe

Lebenspartnerschaft

Namensänderung

Nichteheliche Lebensgemeinschaft

BVerfG 27.10.2011 - 1 BvR 2027/11 (Keine Aussetzung des Verfahrens bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung)

EuGH 07.01.2004 - C 117/01 (Ausschluss eines transsexuellen Partners von der Hinterbliebenenrente)

EuGH 30.04.1996 - C 13/94 (Unzulässigkeit einer Entlassung wegen der Geschlechtsumwandlung)

http://www.dgti.org (Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität)