Rechtswörterbuch

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Straßenanliegergebrauch

 Normen 

Art. 14 GG

§ 8a FStrG

§ 14a StrWG NRW

§ 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO

 Information 

Beim Straßenanliegergebrauch handelt es sich um eine den Gemeingebrauch übersteigende Nutzungserlaubnis, die den Eigentümern und Besitzern von an einer öffentlichen Straße gelegenen Grundstücken eingeräumt ist.

Der erlaubnisfreie Anliegergebrauch umfasst eine nach der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten angemessene Nutzung des öffentlichen Straßenraums durch den Anlieger, soweit diese Benutzung den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt, erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift.

Danach haben Anlieger das Recht, eine Straße über die Verkehrsbenutzung hinaus in dem Maße in Anspruch zu nehmen, wie es eine angemessene Nutzung des Anliegergrundstücks erfordert.

In der Entscheidung OVG Sachsen 11.02.2013 - 1 B 241/12 wurden als Beispiele für den Anliegergebrauch die kurzfristige Lagerung von angeliefertem Heiz- oder Baumaterial sowie das vorübergehende Aufstellen von Abfallbehältern auf dem Gehweg vor dem eigenen Grundstück für eine alsbaldige turnusmäßige Entleerung genannt.

Auch die Nutzung der Straße zur Einsicht in das Schaufenster eines Geschäfts unterfällt dem Straßenanliegergebrauch:

"... von einem unter den Anliegergebrauch im Sinne des Kontakts nach außen fallenden, der Verkehrsfläche zugewandten Schaufenster, das den Passanten zum Betrachten und Verweilen veranlassen und letztlich auch geschäftliche Kontakte anbahnen soll" (VG Köln 24.08.2012 - 18 K 5128/11).

Anfahrt zu einem Grundstück:

"Das Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) enthält keine Vorschrift, die dem Straßenanlieger ein subjektives Recht darauf gewährt, mit Kraftfahrzeugen unmittelbar bis an seine Grundstücksgrenze heranfahren zu dürfen. § 14a StrWG NRW (Straßenanliegergebrauch) räumt nur das Recht ein, die an das Grundstück angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus zu benutzen, "soweit diese Benutzung zur Nutzung des Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift". (...) Zur Bestimmung dieses Gewährleistungsminimums kann auf die frühere - aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleitete - Rechtsprechung des BVerwG und des BVerfG zurückgegriffen werden, die gleichfalls auf die Erforderlichkeit einer angemessenen Grundstücksnutzung abgestellt hat" (OVG Nordrhein-Westfalen 27.09.2005 - 8 A 2947/03).

Die uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit zu einem Grundstück, in dem der Eigentümer auch wohnt, bis "unmittelbar vor die eigene Haustür" gehört im städtischen Ballungsgebiet einer Fußgängerzone nicht zu dem durch Art. 14 GG geschützten Kernbereich des Anliegergebrauchs. Die Straßenverkehrsbehörde darf den Anliegerverkehr im Fußgängerbereich vielmehr aufgrund der Ermächtigung des § 45 StVO insoweit zulassen oder einschränken, als dies bei Berücksichtigung der straßenverkehrsrechtlichen Belange einerseits und der Interessen des Anliegers andererseits mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist (OVG Saarland 25.04.2014 - 1 A 401/13).

Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb:

Ein Abwehrrecht gegen die Änderung einer Verkehrsverbindung zu seinem Grundstück steht einem Anlieger nur so weit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert. Angemessen ist nicht schon jede Nutzung, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet. Maßgebend ist, was aus dem Grundstück unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht. § 8a FStrG garantiert nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit. Aus ihm lässt sich kein Anspruch auf den Fortbestand einer Verkehrsverbindung herleiten, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist. Der Anliegergebrauch sichert lediglich die nach den jeweiligen Umständen zumutbare Zugänglichkeit des Grundstücks im Sinne einer ausreichenden Verbindung von und zur Straße, bedeutet aber weder eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße noch die Gewährleistung von optimaler Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs (OVG Sachsen-Anhalt 13.01.2015 - 2 L 162/13).

Anwohnerparken:

"§ 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2a StVO enthält in doppelter Hinsicht eine Ermessensermächtigung, nämlich neben der Ermächtigung zur Einrichtung von Bewohnerparkzonen auch die Rechtsgrundlage für die in diesem Zusammenhang erfolgende Erteilung von Bewohnerparkausweisen. Hat die Straßenverkehrsbehörde in einem ersten Schritt von ihrem Ermessen und der Ermächtigung zur Kennzeichnung bzw. Einrichtung einer Bewohnerparkzone Gebrauch gemacht, so folgt auf einer zweiten Stufe die Ermessensentscheidung zur Erteilung von Bewohnerparkausweisen" (OVG Nordrhein-Westfalen 22.09.2022 - 8 A 1005/20).

Verpflichtung zur Duldung des Betriebs einer E-Ladesäule:

Der Straßenanlieger hat die mit dem Betrieb einer E-Ladesäule vor seinem Haus verbundenen Störungen zu tolerieren (OVG Berlin-Brandenburg 11.10.2022 - 1 Sa 28/22).

 Siehe auch 

Öffentliche Sache

Straßenbenutzungsrecht

Verkehrslärm

Wegerecht

Widmung

Widmung im Straßen- und Wegerecht

Winterdienst

Axer: Der Anliegergebrauch an Straßen; Die öffentliche Verwaltung - DÖV 2014, 323