Rechtswörterbuch

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Sachverständige - Arten

 Normen 

§ 36 GewO

§§ 402 - 424 ZPO

 Information 

1. Allgemein

Nicht zuletzt aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Regelung können für die verschiedenen Arten von Sachverständigen u.a. die folgenden Gruppen gebildet werden, wobei die Zuordnung eines Sachverständigen zu mehreren Gruppen möglich ist:

  • öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige/Gutachter

  • gerichtlich ernannte Sachverständige/Gutachter

  • staatlich anerkannte Sachverständige/Gutachter

  • zertifizierte Sachverständige/Gutachter

  • Gutachterausschüsse der öffentlichen Behörden

  • freie Sachverständige/Gutachter

  • verbandsanerkannte Sachverständige/Gutachter

  • Chartered Surveyors

Daneben kann eine Zuordnung auch nach dem Spezialbereich innerhalb der Wertermittlung geschehen: So gibt es Sachverständige für Bauschäden, Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Sachverständige für Mieten und Pachten.

2. Staatlich anerkannte Sachverständige

Staatlich anerkannte Sachverständige sind Sachverständige, die aufgrund einer besonderen (und nachgewiesenen) Qualifikation nach der Beantragung der Anerkennung und dem Nachweis der entsprechenden Anerkennungsvoraussetzungen von einer Behörde (z.B. Landesbehörde, Architekten- und Ingenieurskammern) in ihrem Fachbereich die staatliche Anerkennung verliehen bekommen haben.

Beispiel:

"Verordnung zur Anerkennung, zum Einsatz und zur Überwachung von Prüfsachverständigen im Eisenbahnbereich (Eisenbahn-Prüfsachverständigenverordnung - EPSV)" Die Anerkennung erfolgt gemäß § 3 der Verordnung durch das Eisenbahn-Bundesamt.

3. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige

Siehe insofern den Beitrag "Sachverständige - öffentlich bestellt".

4. Gerichtlich ernannte Sachverständige

Bei der Ernennung von Sachverständigen durch ein Gericht geschieht dies nicht generell, sondern immer nur für den jeweiligen Prozess. Bei der Auswahl des Sachverständigen ist der Richter nicht an den Antrag einer der Prozessparteien gebunden, einen bestimmten Sachverständigen zu benennen. Die Parteien sind jedoch vor der Ernennung zur Person des Sachverständigen zu hören. Der Richter ist grundsätzlich in seiner Auswahl frei. Davon bestehen zwei Ausnahmen:

  • Besteht für die Fachrichtung ein öffentlich bestellter Sachverständiger, so soll dieser gemäß § 404 Abs. 3 ZPO bestellt werden bzw. es ist aus dem Kreis der infrage kommenden öffentlich bestellten Sachverständigen einer auszuwählen. Etwas anderes gilt nur, wenn besondere Umstände die Ernennung eines anderen, öffentlich bestellten Sachverständigen rechtfertigen.

  • Einigen sich die Parteien auf eine bestimmte Person als Sachverständigen, so ist der Richter gemäß § 404 Abs. 5 ZPO an diese Wahl grundsätzlich gebunden.

Zu weiteren Ausführungen siehe den Beitrag "Sachverständigenbeweis" bzw. "Kindschaftssachen".

5. Zertifizierte Sachverständige

Im europäischen Rechts- und Wirtschaftsraums fehlte eine länderübergreifend anerkannte und bekannte Qualifikation für Sachverständige/Gutachter. Das System der öffentlichen Bestellung von Sachverständigen ist nur in Deutschland bekannt.

Ein europaweit einheitlich anerkannter Qualitätsnachweis wurde durch die Möglichkeit der Zertifizierung von Sachverständigen geschaffen. Die Zertifizierung richtet sich nach der DIN EN ISO/IEC 17024, die die DIN EN 45013 ablöste.

Der zertifizierte Sachverständige weist seine Qualifikation und persönliche Eignung in der Regel durch Prüfung nach. Darüber hinaus hat er sich regelmäßigen Fortbildungsmaßnahmen zu unterziehen und nach fünf Jahren die Zertifizierung zu erneuern.

Zuständig für die Zertifizierung von Zertifizierungsstellen ist die Deutsche Akkreditierungsstelle (http://www.dakks.de).

Das Verfahren der Zertifizierung verläuft in folgenden Abschnitten:

  1. a)

    Stellung des Antrags auf Akkreditierung

  2. b)

    Abschluss des Akkreditierungsvertrags

  3. c)

    Überprüfung der fachlichen Kompetenz des Gutachters

  4. d)

    Vergabe der Akkreditierungsurkunde und Eintragung des Gutachters im Register

Inhalte und Anforderungen an die zu zertifizierenden Sachverständigen sind in Form von normativen Dokumenten festgelegt. Das jeweilige Zertifikat bestätigt die Konformität mit den normativen Dokumenten.

6. Behörden als Sachverständige

Behörden und amtliche Stellen erstatten in vielen Fällen Gutachten. Für den Grundstücksbereich ist hier der Gutachterausschuss zu nennen, der in den Kreisen und kreisfreien Städten zu finden ist.

7. Freie Sachverständige

Zu den freien Sachverständigen zählen die selbstständig tätigen Sachverständigen, welche keine amtliche Anerkennung oder öffentliche Bestellung besitzen.

Der freie Sachverständige muss jeden Eindruck in der Öffentlichkeit vermeiden, dass er zum Kreise der öffentlich bestellten oder amtlich anerkannten Sachverständigen gehört. Diese scheinbare Zugehörigkeit kann beispielsweise schon durch die Verwendung eines Rundstempels entstehen, wie ihn öffentlich bestellte Sachverständige verwenden.

8. Verbandsanerkannte Sachverständige

Die verschiedensten Verbände benennen Sachverständige/Gutachter zur Grundstückswertermittlung nach ihren eigenen Anforderungen. Ein allgemeingültiges System der Voraussetzungen zur Benennung von Wertgutachtern besteht nicht.

9. Chartered Surveyors

The "Royal Institution of Chartered Surveyors" wurde als Fachverband für Immobilienfachleute 1868 in Großbritannien gegründet und ist heute ein weltweit tätiger Berufsverband von Immobilienfachleuten, der 100.000 Mitglieder in 146 Ländern rund um den Globus repräsentiert.

Kennzeichnend für den Verband sind die hohen fachlichen Anforderungen an die Mitglieder, die sich u.a. in den Aufnahmevoraussetzungen niederschlagen.

Die zur Immobilienbewertung vorgegebenen Standards sind in dem sogenannten Red Book niedergelegt.

 Siehe auch 

Beweis - allgemein

Obergutachten

Sachverständigenbeweis

Sachverständige - Haftung

Sachverständiger Zeuge

Zweitgutachten

BGH 09.03.2006 - III ZR 143/05 (Haftung des Gutachters gegenüber dem Ersteigerer im Zwangsvollstreckungsverfahren)

BGH 14.12.2005 - IX ZB 268/04 (Abgrenzung Sachverständiger - vorläufiger Insolvenzverwalter)

BGH 20.04.2004 - X ZR 250/02 (Voraussetzungen der Einbeziehung Dritter in den Vertrag)

BGH 14.11.2000 - X ZR 203/98 (Haftung für Dritte auch, wenn Sachverständiger nicht öffentlich bestellt)

BVerfG 25.03.1992 - 1 BvR 298/86 (Die öffentliche Bestellung eines Sachverständigen darf nicht von einem allgemeinem Bedürfnis abhängen)

http://www.bvfs.de (Bundesverband freier Sachverständiger)

Finn: Zur Haftung des Sachverständigen für fehlerhafte Wertgutachten gegenüber Dritten; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2004, 3752

Heumann: Das Sachverständigengutachten im familiengerichtlichen Verfahren; Familie und Recht - FuR 2001, 16

Ollmann: Zur Haftung von Jugendamt und Sachverständigem bei falschem Mißbrauchsverdacht; Familie und Recht - FuR 2005, 150

Thole: Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen - Haftungsfalle für den Prozessanwalt? Anwaltsblatt - AnwBl 2006, 91

Ulrich: Der gerichtliche Sachverständige; 13. Auflage 2016

Ulrich/Ulrich: Die Sachverständigen und ihr Honorar; 1. Auflage 2018