Rechtswörterbuch

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Online-Auktion

 Normen 

§ 156 BGB

 Information 

1. Allgemein

Eine Online-Auktion ist eine Auktion (Versteigerung) im Internet. Verschiedene Unternehmen bieten im Internet Auktionen an. Die Teilnehmer können online ihre Gebote abgeben. Die Online-Auktionen sind zeitlich begrenzt und oft mit Mindestgeboten versehen.

2. Vertragsschluss

Die Internetauktion ist als Versteigerung im rechtlichen Sinn ein Kaufvertrag. Der Bieter unterbreitet ein Angebot. Mit dem Zuschlag wird dieses Angebot vom Auktionator angenommen. Es handelt sich um Willenserklärungen unter Anwesenden und der Kaufvertrag ist mit Zuschlag geschlossen. Der Bieter kann die von ihm ersteigerte Sache gegen Zahlung des Zuschlagpreises heraus verlangen.

Der Erklärungsinhalt der Willenserklärungen richtet sich auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auktionshauses (BGH 08.06.2011 - VIII ZR 305/10).

Kommt nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Falle der Rücknahme des Angebots ein Kaufvertrag mit dem zu dieser Zeit Höchstbietenden nicht zustande, sofern der Anbietende gesetzlich dazu berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen, ist dies aus der Sicht der an der Internetauktion teilnehmenden Bieter dahin zu verstehen, dass das Angebot des Verkäufers unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht (BGH 08.01.2014 - VIII ZR 63/13).

Ein bei der Internetplattform eBay eingestelltes Verkaufsangebot ist aus der Sicht des an der eBay-Auktion teilnehmenden Bieters dahin auszulegen, dass es unter dem Vorbehalt einer nach den eBay-Bedingungen berechtigten Angebotsrücknahme steht. Will der Verkäufer eines angebotenen Artikels das Gebot eines Bieters aufgrund eines in dessen Person liegenden Grundes vor Ablauf der Auktionsfrist folgenlos streichen, kommen hierfür nur solche Gründe in Betracht, die den Verkäufer nach dem Gesetz berechtigen würden, sich von seinem Verkaufsangebot zu lösen oder Gründe, die von vergleichbarem Gewicht sind. Ein zur Gebotsstreichung berechtigender Grund in der Person des Bieters muss für den Entschluss des Verkäufers, dieses Angebot vor Ende der Auktion zu streichen, kausal geworden sein (BGH 23.09.2015 - VIII ZR 284/14).

3. Geltung des allgemeinen E-Commerce-Rechts

Bei Versteigerungen und versteigerungsähnlichen Auktionen im Internet sind die besonderen Vorschriften über Fernabsatzverträge bzw. den E-Commerce zu beachten.

Bei Kaufverträgen zwischen einem gewerblichen Anbieter und einem Verbraucher, die im Rahmen einer Internet-Auktion durch Angebot und Annahme und nicht durch einen Zuschlag nach § 156 BGB zustande kommen, ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht ausgeschlossen (BGH 03.11.2004 - VIII ZR 375/03).

4. Grobes Missverhältnis zwischen Preis und Warenwert

Die Diskrepanz zwischen erreichtem Preis und dem Wert eines Artikels in einem von Angebot und Nachfrage regierten Markt kann grundsätzlich nicht dazu führen, dass die Durchsetzung eines "Schnäppchens" als rechtsmissbräuchlich angesehen wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Verkäufer Artikel zur Versteigerung anbieten, für die es regelmäßig keinen Markt gibt. Dann kann die Nichterzielung des realen Wertes für einen Artikel nicht zum Nachteil des Bieters als rechtsmissbräuchlich ausgelegt werden.

Aber in dem der Entscheidung LG Koblenz 18.03.2009 - 10 O 250/08 zugrunde liegenden Fall wurde eine Schadensersatzpflicht des Verkäufers abgelehnt, u.a. da er in Annahme der Zulässigkeit und der Gebotenheit einer unmittelbaren Behebung des von ihm fehlerhaft oder unvollständig verfassten Angebots schnellstmöglich und noch vor Abgabe etwaiger Gebote versuchte, die Auktion abzubrechen.

5. Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos

In dem der Entscheidung BGH 11.05.2011 - VIII ZR 289/09 zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Ehemann der Beklagten eine Gastronomieeinrichtung zum Verkauf eingestellt. Nach dem Zuschlag verweigerte die Inhaberin des Mitgliedskontos die Herausgabe. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz, da die Einrichtung einen tatsächlichen Wert von 33.800,00 EUR gehabt hat und er den Zuschlag bei 1.000,00 EUR bekommen hatte.

Der BGH hat zur Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos Folgendes ausgeführt:

"Wird bei der Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und wird dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen, finden die Regeln über die Stellvertretung und die hierzu entwickelten Grundsätze entsprechend Anwendung, obwohl dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte (...). Dies gilt auch für Geschäfte, die über das Internet abgewickelt werden (...). Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensträger daher regelmäßig nur dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (...) oder vom Namensinhaber nachträglich genehmigt worden ist. (...) Ohne Vollmacht oder nachträgliche Genehmigung des Inhabers eines eBay-Mitgliedskontos unter fremdem Namen abgegebene rechtsgeschäftliche Erklärungen sind dem Kontoinhaber nur unter den Voraussetzungen der Duldungs- oder der Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Für eine Zurechnung reicht es nicht bereits aus, dass der Kontoinhaber die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff des Handelnden geschützt hat."

6. Fehlender Mindestkaufpreis

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH 07.11.2001 - VIII ZR 13/01) ist in dem folgenden Fall ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden, wobei das Gericht maßgeblich auf die gesondert abgegebene Erklärung des Händlers abstellte:

Ein Händler hatte einen Neuwagen zum Listenpreis von rund 57.000,00 DM auf einer eigenen Angebotsseite ins Internet gestellt. Er legte den Startpreis (10,00 DM), die Schrittweiten der Gebote sowie die Dauer der Auktion fest und gab eine vorgegebene Erklärung ab, in der es unter anderem heißt: "Bereits zu diesem Zeitpunkt erkläre ich die Annahme des höchsten, wirksam abgegebenen Kaufangebotes." Einen Mindestkaufpreis setzte der Beklagte nicht fest. In den einsehbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen fand sich unter anderem folgende Formulierung: "Bei r. private Auktionen erklärt der anbietende Teilnehmer bereits mit der Freischaltung seiner Angebotsseite gemäß § 3 Abs. 5 die Annahme des höchsten unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 und 5 wirksam abgegebenen Kaufangebots. Der anbietende Teilnehmer wird von r.private.de vom Zustandekommen des Vertrages alsbald, spätestens jedoch bis 24.00 Uhr des zweiten Werktages nach Ende des Angebotszeitraums (§ 6) per E-Mail unter der von dem anbietenden Teilnehmer angegebenen E-Mail-Adresse unterrichtet."

Das letzte Angebot belief sich auf 26.350,00 DM. Der Bieter wurde seitens des Auktionators unterrichtet. Der Händler wollte in der Folgezeit den Wagen nicht zu diesem Preis herausgeben.

7. Online-Auktion durch den Gerichtsvollzieher

Neben der Präsenzversteigerung kann der Gerichtsvollzieher einen Gegenstand gemäß § 814 Absatz 2 ZPO auch im Wege der Internetversteigerung versteigern (Versteigerung gepfändeter Sachen).

8. Gefahrtragung

Nach dem Urteil LG Berlin 01.10.2003 - 18 O 117/03 wird beim Kauf mittels des Internet-Auktionshauses "ebay" ein Versendungskauf vereinbart, im Rahmen dessen die Gefahr erst auf den Käufer übergehen kann, wenn der Verkäufer die Ware der "zur Versendung bestimmten Person" übergeben hat.

9. Haftung

Der BGH hat mit der Entscheidung vom 19.04.2007 - I ZR 35/04 seine Rechtsprechung zur Haftung eines Internetauktionshauses dahin gehend erweitert, als dass die Unanwendbarkeit des Haftungsprivilegs gemäß § 10 Satz 1 TMG nicht nur für den auf eine bereits geschehene Verletzung gestützten, sondern auch für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch gilt.

10. Umsatzsteuer

Der regelmäßige Verkauf von Gegenstände aus Haushaltsauflösungen auf der Internet-Auktions-Plattform "ebay" in Form von Versteigerungen zum Verkauf ist ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang (BFH 12.05.2022 - V R 19/20).

 Siehe auch 

Fernabsatzvertrag

Kaufvertrag

Soziale Netzwerke

Versteigerung

BGH 10.12.2014 - VIII ZR 90/14 (Abbruch der Auktion - Entscheidung zu vormaliger eBay-AGB)

BGH 28.03.2012 - VIII ZR 244/10 (grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Versteigerungsobjekts und dem Maximalgebot eines Bieters)

BGH 31.03.2010 - I ZR 34/08 (Zur Zulässigkeit eines Haftungsausschluss für Mängel bei eBay)

OLG Hamm 16.11.2006 - 28 U 84/06 (Beweislast für das Zustandekommen eines Kaufvertrages)

http://www.justiz-auktion.de (Online-Versteigerung gepfändeter Sachen)

Hoffmann: Die Entwicklung des Internetrechts bis Ende 2018; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2019, 481

Hupka: Unverzüglichkeit der Widerrufsbelehrung bei eBay-Versteigerungen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 1122

Jänich: Markenverletzungen auf Online-Marktplätzen. Anmerkung zu EuGH, U. v. 12.07.2011 - Rs. C-324/09 - L'Oréal ./. eBay; Zeitschrift für deutsches, europäisches und internationales Marenrecht - MarkenR 2011, 293

Kulke: Sittenwidrigkeit und Beschaffenheitsvereinbarungen bei Internetauktionen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 2697

Leible/Sosnitza: Haftung von Internetauktionshäusern; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2007, 3324

Ludyga: Ansprüche gegen die Bewertung eines Anbieters einer Online-Auktion; Datenschutz und Datensicherheit - DuD 2008, 277

Oechsler: Der vorzeitige Abbruch einer Internetauktion und die Ersteigerung unterhalb des Marktwerts der Sache; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2015, 665

Petershagen: Rechtsschutz gegen Negativkommentare im Bewertungsportal von Internetauktionshäusern; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 953

Sutschet: Anforderungen an die Rechtsgeschäftslehre im Internet; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 1041

Szczesny/Holthusen: Aktuelles zur Unternehmereigenschaft im Rahmen von Internet-Auktionen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2007, 2586