Rechtswörterbuch

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Lenkzeiten Kraftfahrer

 Normen 

FPersG

SelbKraftArbZG

FPersV

VO 561/2006

VO 2020/1054 zur Änderung der VO 56172006

VO 165/2014

RL 2006/22

BKrFQG

 Information 

1. Einführung

Die Lenkzeit ist Teil der Arbeitszeit eines Kraftfahrers. Daneben gehören auch das Be- und Entladen, die Fahrzeugpflege etc. zur Arbeitszeit.

Die Einhaltung der Lenkzeiten wird durch den in dem Fahrzeug pflichtig einzurichtenden Fahrtenschreiber kontrolliert.

Rechtsgrundlagen der Lenk- und Ruhezeiten von Kraftfahrern sind das Fahrpersonalgesetz sowie die Fahrpersonalverordnung, deren Inhalte durch die folgenden europäischen Rechtsvorgaben ergänzt werden:

  • die VO 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr

  • die VO 2020/1054 zur Änderung der VO 56172006

  • die VO 165/2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der VO 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der VO 561/2006

  • die RL 2006/22

Mit dem Gesetz zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern wurde die Ausweitung des Anwendungsbereichs der RL 2002/15 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die hauptsächlich Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben auf selbstständige Kraftfahrer in das deutsche Recht umgesetzt. Siehe insofern die Ausführungen unten im Beitrag.

2. Lenkzeiten / Ruhezeiten

Es bestehen die in § 1 FPersV i.V.m. Art. 8 VO 561/2006 sowie Nr. 6 der ÄnderungsVO 2020/1054 aufgeführten Vorgaben zur täglichen und wöchentlichen Ruhezeit.

Arbeitszeitaufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz müssen zwei Jahre aufbewahrt werden. Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten können auch für Zwecke der Mindestlohnkontrolle eingesetzt werden. Ebenso, wie für Zwecke des Sozial- und Steuerrechts bereits vorgesehen, können gemäß § 4 Abs. 3 FPersV Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten für Zwecke der Mindestlohnkontrolle im Betrieb verwahrt werden. Dies betrifft die Aufbewahrungspflichten im Mindestlohngesetz als auch die inhaltsgleichen Vorschriften im Arbeitnehmer-Entsendegesetz und im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Für den Unternehmer wird doppelter Dokumentationsaufwand vermieden.

3. Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern

Die Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern (SelbKraftArbZG) lehnen sich - soweit für Selbstständige möglich - an die geltenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes an. Das Gesetz gilt nur für echte selbstständige Kraftfahrer. Dies sind Fahrer, die weder angestellt noch scheinselbstständig sind. Scheinselbstständige sind Personen, die formal selbstständig, tatsächlich aber abhängig beschäftigt sind. Diese Personen sind rechtlich Arbeitnehmer. Die Vorschriften des ArbZG gelten für sie unmittelbar.

Echte selbstständige Kraftfahrer fallen nur dann unter den Anwendungsbereich des Gesetzes, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Sie müssen Fahrzeuge lenken, die unter den Anwendungsbereich der VO 561/2006 fallen. Dies sind Fahrzeuge zur Güterbeförderung, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger 3,5 Tonnen übersteigt oder Fahrzeuge zur Personenbeförderung, die für die Beförderung von mehr als neun Personen konstruiert und zu diesem Zweck bestimmt sind. Fallen die verwendeten Fahrzeuge nicht unter den Anwendungsbereich der VO 561/2006 oder können sie Ausnahmen in Anspruch nehmen, findet dieses Gesetz keine Anwendung.

  • Das Gesetz findet ferner nur Anwendung auf Personen, deren berufliche Tätigkeit hauptsächlich darin besteht, mit Gemeinschaftslizenz oder einer anderen berufsspezifischen Beförderungsermächtigung gewerblich im Sinne des Gemeinschaftsrechtes Fahrgäste oder Waren im Straßenverkehr zu befördern. Dies sind insbesondere Beförderungen, für die eine Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr oder den grenzüberschreitenden Personenkraftverkehr nach den Verordnungen 1072/2009 oder Verordnungen 1073/2009 oder eine Erlaubnis nach den Vorschriften des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) oder des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) erforderlich ist.

Die Arbeitszeit für selbstständige Kraftfahrer wird in § 2 SelbKraftArbZG definiert. Nicht zur Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes zählen allgemeine administrative Tätigkeiten, die keinen Zusammenhang mit der gerade ausgeführten spezifischen Transporttätigkeit aufweisen (zum Beispiel Buchführung, allgemeine Büroarbeiten). Zur Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes zählen zum Beispiel das Be- und Entladen, Hilfe beim Ein- und Aussteigen der Fahrgäste, das Sichern der Ladung, Erledigung von Formalitäten bei Behörden im Zusammenhang mit einer gerade ausgeführten Transporttätigkeit.

Die Vorgaben für die Arbeitszeit sind in den §§ 3 - 5 SelbKraftArbZG aufgeführt.

4. AETR

Daneben besteht als Rechtsgrundlage für die Einhaltung von Ruhezeiten für Fahrpersonal das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR).

Hinweis:

Das AETR enthält für Fahrer von Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (Straßengüterverkehr und Straßenpersonenverkehr) Vorschriften über das Mindestalter der Fahrer, die höchstzulässigen Lenkzeiten, die Mindestdauer der Unterbrechungen und der Ruhezeiten sowie über die Kontrollmittel. Das AETR gilt sowohl für Fahrer, die sich in einem Beschäftigungsverhältnis befinden, wie auch für selbstfahrende Unternehmer.

Dem AETR gehören zurzeit folgende Staaten an:

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union sowie folgende Staaten: Albanien, Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Kasachstan, Liechtenstein, Moldau, Monaco, Montenegro, Norwegen, Russische Föderation, San Marino, Republik Serbien, Schweiz, Mazedonien, Türkei, Turkmenistan, Ukraine und Usbekistan.

Die Vorschriften des AETR im Bereich der Lenk- und Ruhezeiten von Kraftfahrern sind an die Vorgaben der VO 561/2006 angepasst.

In bestimmten Fällen ist das AETR anstelle der VO 561/2006 gemäß Art. 2 Abs. 3 VO 561/2006 anwendbar:

  • Bei Fahrten, die streckenweise außerhalb der EU, des EWR oder der Schweiz erfolgen, sofern das Fahrzeug in der EU, dem EWR oder einem AETR-Staat zugelassen ist.

  • Ist das Fahrzeug außerhalb dieser Staaten zugelassen, gelten die Vorschriften des AETR nur für die Streckenabschnitte, die innerhalb der EU, des EWR oder eines AETR-Staates liegen.

Sofern der Unternehmer in den in § 25 FPersV aufgeführten Fällen gegen die Vorgaben des AETR verstößt, begeht er eine Ordnungswidrigkeit.

5. Kündigung wegen des Verlangens der Lenkzeitüberschreitung

Sofern ein Kraftfahrer das Arbeitsverhältnis kündigt, da sein Arbeitgeber von ihm dauerhaft eine nicht unerhebliche Überschreitung der Lenkzeiten fordert, ist nach der Entscheidung BSG 06.02.2003 - B 7 AL 72/01 die Verhängung einer Sperrzeit für den Bezug des Arbeitslosengeldes insoweit zulässig, als dass der Arbeitnehmer nicht zuvor einen zumutbaren Versuch unternommen hat, um die arbeitsrechtliche Situation zu bereinigen.

Nur wenn der Arbeitnehmer aufgrund individueller Umstände, z.B. eines entsprechenden Verhaltens des Arbeitgebers, das über das bloße Dulden bzw. Akzeptieren von Lenkzeitüberschreitungen hinausgeht, annehmen durfte, dass ein Lösungsversuch im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Aussicht auf Erfolg haben werde, ist keine Sperrzeit zu verhängen.

Die Entscheidung LSG Nordrhein-Westfalen 15.10.2008 - L 12 AL 3/07 entspricht der obigen Rechtsprechung des BSG.

 Siehe auch 

Arbeitszeit

Rufbereitschaft

Ruhepause

Ruhezeiten - Arbeitsrecht

BGH 12.09.2013 - 4 StR 503/12 (Verknüpfung mehrerer tatmehrheitlicher Verstöße innerhalb des Überprüfungszeitraums zu einer Tat)

BAG 25.01.2001 - 8 AZR 465/00 (Geldbußen wegen Lenkzeitüberschreitung)

OLG Hamm 09.12.2008 - 9 U 20/08 (Haftung des Arbeitgebers bei einem Unfall)

LG Nürnberg 08.02.2006 - 2 Ns 915 Js 144710/2003 (Mit-)Verantwortlichkeit des Spediteurs für Verkehrsunfälle infolge Lenkzeitüberschreitung)

Mindorf: VO (EG) Nr. 561/2006: Lenkzeiten, Lenkzeit- / Fahrtunterbrechungen, Ruhezeiten; Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht - NZV 2007, 341

Schliemann: Arbeitszeitgesetz mit Nebengesetzen. Kommentar; 3. Auflage 2017

Steinborn: Neue Lenk- und Ruhezeiten; Transportrecht - TranspR 2007, 460