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Kündigung - Arbeitsrecht - Form

 Normen 

§ 623 BGB

 Information 

1. Form

1.1 Schriftform

Eine Kündigung kann gemäß § 623 BGB nur schriftlich ausgesprochen werden, die elektronische Form ist dabei ausdrücklich ausgeschlossen.

Für die Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber die Kündigung unterzeichnet:

Beispiel 1:

Gemäß dem Urteil BAG 21.04.2005 - 2 AZR 162/04 müssen bei einer Personengesellschaft alle Gesellschafter die Kündigung unterzeichnen oder, wenn ein Gesellschafter vertreten wird, muss dies in der Kündigung durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen.

Das Vertretungsverhältnis kann dabei bereits durch den der Unterschrift beigefügten Stempelabdruck angezeigt werden, ohne dass es dazu weiterer Unterschriften der übrigen geschäftsführenden Gesellschafter bedarf (BGH 23.01.2013 - XII ZR 35/11).

Beispiel 2:

Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um einen eingetragenen Verein. Nach der Satzung sind der Vorsitzende und sein Stellvertreter zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des Vereins berechtigt. Die Kündigung wird dann von dem Schatzmeister ausgesprochen und das Kündigungsschreiben enthält keinen die Vertretung anzeigenden Zusatz. Die Kündigung ist daher nicht wirksam.

1.2 Kündigung mit dem Zusatz "i.A."

Nach den Ausführungen in dem Urteil BAG 13.12.2007 - 6 AZR 145/07 gilt Folgendes:

Ist das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz "i.A." unterschrieben, mag das im Einzelfall eher dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt des von ihm unterzeichneten Kündigungsschreibens übernehmen will, während der Zusatz "i.V." darauf hindeutet, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt.

Bei der Auslegung der Erklärung ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen, nichtjuristischen Sprachgebrauch nicht immer hinreichend zwischen "Auftrag" und "Vertretung" unterschieden wird. Oftmals werden die Zusätze "i.V." und "i.A." lediglich verwendet, um unterschiedliche Hierarchieebenen auszudrücken. Deshalb folgt nicht bereits aus dem Zusatz "i.A.", dass der Erklärende lediglich als Bote gehandelt hat. Maßgeblich sind vielmehr die Gesamtumstände. Wenn sich hieraus ergibt, dass der Unterzeichner ersichtlich im Namen eines anderen die Kündigung erklärt hat, ist von einem Handeln als Vertreter auszugehen. Ob der Unterzeichner tatsächlich bevollmächtigt war, ist dabei für die Wahrung der Schriftform unerheblich. Hat der Gekündigte Zweifel an einer wirksamen Bevollmächtigung des Unterzeichners, kann er die Kündigung gemäß § 174 S. 2 BGB unverzüglich zurückweisen. Dann scheidet auch eine nachträgliche Genehmigung nach §§ 180 S. 2, § 177 BGB aus.

1.3 Fehlen eines konkreten Beendigungsdatums

Das Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung verlangt vom Kündigenden nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist. Auch eine Kündigung "zum nächstzulässigen Termin" ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (BAG 10.04.2014 - 2 AZR 647/13).

Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert. Die Ermittlung der maßgeblichen Kündigungsfrist kann sich aus Angaben im Kündigungsschreiben oder aus einer vertraglich in Bezug genommenen tariflichen Regelung ergeben (BAG 20.01.2016 - 6 AZR 782/14).

Sofern jedoch das Kündigungsschreiben keine weiteren Fakten oder Begleitumstände enthält, aus denen sich die Kündigungsfrist ermitteln lässt, ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zum "nächstmöglichen Termin" zu unbestimmt und damit unwirksam (LAG Düsseldorf 28.08.2014 - 5 Sa 1251/13).

1.4 Zur Kündigung befugte Person / Vollmacht

1.4.1 Allgemein

Nach § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unabhängig vom Bestehen einer Vollmacht und ohne die Möglichkeit einer Heilung oder Genehmigung unwirksam, wenn der Bevollmächtigte weder eine Vollmachtsurkunde vorlegt noch die Bevollmächtigung dem Erklärungsempfänger vom Vollmachtgeber zuvor bekannt gegeben worden ist, und der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist.

Dabei wurde der Anwendungsbereich der Vorschrift vom BAG wie folgt festgelegt (BAG 05.12.2019 - 2 AZR 147/19):

  • "Nach seinem eindeutigen Wortlaut ("Bevollmächtigter", "Vollmachtgeber", "Vollmachtsurkunde") gilt § 174 BGB unmittelbar lediglich für das Handeln eines Vertreters aufgrund einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht; vgl. die Legaldefinition in § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB). (...).

  • Danach ist § 174 BGB auf gesetzliche oder ihnen gleichzustellende Vertreter nicht analog anzuwenden (vgl. BAG 20. September 2006 - 6 AZR 82/06). Das Recht zur Zurückweisung besteht auch im Fall der organschaftlichen Vertretung grundsätzlich nicht.

  • § 174 BGB ist indes analog anzuwenden, wenn eine organschaftliche Gesamtvertretungsmacht kraft Ermächtigung eines einzelnen Organmitglieds durch die zusammen mit ihm gesamtvertretungsbefugten Organmitglieder zu einer organschaftlichen Alleinvertretungsmacht erweitert wird. Mit dem Bundesgerichtshof (BGH 20. Februar 2014 - III ZR 443/13 (...) und der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum (...) findet § 174 BGB auch analoge Anwendung auf einseitige Rechtsgeschäfte, die ein abweichend von der gesetzlichen Grundregel der §§ 709, 714 BGB gemäß § 710 BGB allein vertretungsberechtigter Gesellschafter im Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vornimmt."

Beispiel:

"Ein Gesamtprokurist, der die Gesellschaft gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertreten darf, ist für den Ausspruch der Kündigung mit einer Handlungsbevollmächtigten auch dann nicht bevollmächtigt, wenn diese selbst die Kündigung "zusammen mit einem Prokuristen" aussprechen darf" (LAG Berlin-Brandenburg 21.06.2017 - 17 Sa 180/17).

1.4.2 Zurückweisung

Für die Zurückweisung gelten folgende Grundsätze:

  1. a)

    Für die Unverzüglichkeit der Zurückweisung gelten die Maßstäbe des § 121 BGB. Der Unverzüglichkeit steht es nicht entgegen, wenn sich der gekündigte Arbeitnehmer zunächst rechtlich beraten lässt und daher die Zurückweisung erst einige Tage später erfolgt. Dabei darf der Zeitraum von ca. 8 Tagen nicht überschritten werden.

    Die Zurückweisung muss unverzüglich gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen!

  2. b)

    Die Zurückweisung muss wegen der Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde erfolgen (und nicht wegen einer fehlenden Vollmacht).

  3. c)

    Der die Zurückweisung aussprechende Rechtsanwalt muss darauf achten, dass er dem Schreiben selbst eine Originalvollmacht seines Mandanten vorlegt!

1.4.3 Ausschluss der Zurückweisung

Die Zurückweisung ist gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Bevollmächtigung (vorher) in Kenntnis gesetzt hat. Eine konkludente Mitteilung genügt, die Erlangung der Kenntnis auf anderem Wege dagegen nicht.

Dabei reicht es aus, wenn der Arbeitgeber den Kündigenden in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Das Inkenntnissetzen gegenüber den Betriebsangehörigen liegt in der Regel darin, dass der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - z.B. durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stellung beruft, mit der das Kündigungsrecht verbunden zu sein pflegt (BAG 20.09.2006 - 6 AZR 82/06).

Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Bei der Kündigung durch eine Prokuristen wird die Kenntnis jedoch gemäß § 15 HGB fingiert (BAG 25.09.2014 - 2 AZR 567/13).

Auch wenn die Vertretungsmacht nicht auf der Erteilung einer Vollmacht durch den Vertretenen beruht, sondern auf gesetzlicher Grundlage (z.B. Vormund, Betreuer, Insolvenzverwalter), scheidet eine Zurückweisung aus.

Dies gilt ebenso für eine organschaftliche Vertretungsmacht (z.B. GmbH-Geschäftsführer). Hierzu gehört die Vertreterstellung aufgrund der Satzung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die auf einer gesetzlichen Satzungsermächtigung beruht (BAG 20.09.2006 - 6 AZR 82/06).

Die Inkenntnissetzung ergibt sich auch nicht aus einem Vertretungszusatz. Das Inkenntnissetzen setzt eine entsprechende Information über die Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber und nicht einen Hinweis des Vertreters auf seine Vertreterstellung voraus. Mit einer Tätigkeit im höheren Dienst ist nicht stets und ständig eine Bevollmächtigung zu Personalentscheidungen, insbesondere zu Kündigungen, verbunden. Die allgemeinen und öffentlich einsehbaren Vertretungsregeln der Behörden können bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Inkenntnissetzung begründen (BAG 12.01.2006 - 2 AZR 179/05).

1.4.4 Rechtsfolge

Mit einer wirksamen Zurückweisung wird die Kündigung mit ex-tunc-Wirkung unwirksam, die auf der Unwirksamkeit beruhende Kündigungsschutzklage muss innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist eingereicht werden. Der Formfehler kann nicht nachträglich durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde geheilt werden.

 Siehe auch 

Abwicklungsvertrag - Arbeitsrecht

Arbeitszeugnis

Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Außerordentliche Kündigung

Arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit

Berufsausbildungsverhältnis

Betriebsbedingte Kündigung

Kündigung - Anhörung des Betriebsrats

Kündigung - Arbeitsrecht - Zugang

Kündigungsfrist - Arbeitsrecht

Kündigungsschutz

Kündigungsschutzklage

Mutterschutz

Personenbedingte Kündigung

Verhaltensbedingte Kündigung