Rechtswörterbuch

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Innenbereich

 Normen 

§ 30 BauGB

§ 34 BauGB

 Information 

1. Allgemein

Zum Innenbereich gehören die Grundstücke,

Soll ein Bauvorhaben außerhalb des Geltungsbereiches eines qualifizierten / vorhabenbezogenen Bebauungsplans verwirklicht werden, ist für dessen planungsrechtliche Zulässigkeit von entscheidender Bedeutung, ob sich das zu bebauende Grundstück im (sonstigen) Innenbereich gemäß § 34 BauGB oder im sogenannten Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet, da der Außenbereich im Regelfall nicht bebaut werden darf, während der Innenbereich grundsätzlich immer Bauland darstellt.

2. Vorliegen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils

2.1 Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs

Liegt eine Satzung nicht vor, so liegt gemäß § 34 Abs. 1 BauGB Innenbereich innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile vor (Bebauungszusammenhang).

Wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit die Grenze zwischen Innenbereich und Außenbereich verläuft, lässt sich nicht unter Anwendung von geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern nur aufgrund einer die gesamten örtlichen Gegebenheiten berücksichtigenden wertenden Betrachtung bestimmen (BVerwG 01.04.1997 - 4 B 11/97).

In dem Urteil BVerwG 19.09.1986 - 4 C 15/84 hat das Bundesverwaltungsgericht zu den Voraussetzungen eines Bebauungszusammenhangs Stellung genommen: Ausschlaggebend für die Annahme eines Bebauungszusammenhangs ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es unabhängig von vorhandenen Baulücken auf die Verkehrsauffassung und den Einzelfall an.

Diese Auffassung wurde in dem Urteil BVerwG 09.11.2005 - 4 B 67/05 bestätigt.

Die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich kann unregelmäßig - verwinkelt - verlaufen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ortsrand oftmals durch uneinheitliche Bebauung gekennzeichnet ist. Insbesondere in ländlichen Gebieten sind zwischen dem Hauptgebäude (z.B. eines landwirtschaftlichen Betriebs) und dem Außenbereich Nebenanlagen gelegen, die je nach der Hauptnutzung unterschiedlich ausgestaltet sind.

Beispiele:

Gartenhäuser, Hühnerställe, Schuppen, Spiel- oder Sportanlagen

Dieser durch solche Nebenanlagen geprägte hintere Grundstücksbereich gehört ebenfalls zum Innenbereich, doch ist hier Folgendes zu beachten: Gehört dieser Grundstücksbereich nur um dieser "Hilfsfunktion" willen noch zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil, so ist dort die Errichtung eines Wohnhauses in aller Regel planungsrechtlich unzulässig (OVG Saarland 02.10.1981 - 2 Z 2/80).

Beispiel:

Ein Grundstück, das sich an eine Wohnparzelle längs einer Straße mit Randbebauung rückwärts in Richtung freie Feldmark anschließt, kann noch als im Innenbereich gelegen angesehen werden, wenn und soweit die im gleichen Abstand von der Straße benachbarten Grundstücksteile "bebauungsakzessorisch", etwa als Höfe oder Hausgärten, genutzt werden (OVG Saarland 27.05.1988 - 2 R 513/85, BauR 1989).

Ob ein Grundstück im Bebauungszusammenhang liegt, ist weiter nicht ausschließlich danach zu beurteilen, ob es von Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet.

Beispiel:

Trotz Umgebung von einer zusammenhängenden Bebauung gehört ein Grundstück nicht zum Bebauungszusammenhang, wenn seine tatsächliche Lage es gleichsam als "Bebauungsinsel" erscheinen lassen würde (BVerwG 22.06.1990 - 4 C 6/87).

Der Außenbereich fängt also dort an, wo die geschlossene Bebauung - der Bebauungszusammenhang - aufhört. Auch ein unbebautes Grundstück, dass am Rande eines Bebauungszusammenhangs liegt, ist daher grundsätzlich dem Außenbereich zuzuordnen.

Nach dem Urteil BVerwG 19.09.1986 - 4 C 15/84 verliert jedoch ein früher bebaut gewesenes Grundstück in Innenstadtlage seine Innenbereichsqualität nicht dadurch, dass es länger als zehn Jahre unbebaut geblieben ist.

Ob eine Straße einen Bebauungszusammenhang herstellt oder ob ihr trennende Funktion zwischen dem Innen- und dem Außenbereich zukommt, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (BVerwG 12.12.1990 - 4 C 40/87), wenn auch von einer "Regelvermutung" einer Trennung bei einseitig bebauten Straßen auszugehen ist (BVerwG 16.02.1988 - 4 B 19/88).

2.2 Bestimmung des Begriffs "Ortsteil"

Trotz des Vorliegens eines Bebauungszusammenhangs muss die "Innenbereichsqualität" aber verneint werden, wenn der Bebauungskomplex nicht einem Ortsteil angehört. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Ausdehnung einer unerwünschten Splittersiedlung verhindert werden soll.

Ortsteil ist aber schon jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.

Einen Ortsteil können daher bereits wenige - mindestens jedoch fünf - Wohnhäuser und/oder landwirtschaftliche Anwesen darstellen, wenn

  • in der jeweiligen Gegend entsprechende Siedlungsformen typisch sind,

  • diese nicht durch unterschiedlich große Zwischenräume voneinander getrennt sind, sodass sie nicht mehr als ein zusammengehöriger Bebauungskomplex gelten können

    und

  • sie nicht nur als "gewisse Verdichtung" einer im anschließenden Gebiet vorhandenen Streubebauung zu werten sind (vgl. BVerwG 30.04.1969 - IV C 38/67).

Alternativ hierzu kann ein Bebauungskomplex auch deswegen Ortsteil sein, wenn er so an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil heranreicht, dass er diesen "abrundet", sodass das planerische Ziel der Bildung einer organischen Siedlungsstruktur gewahrt bleibt (für einen Bebauungskomplex von sieben landwirtschaftlichen Anwesen und einem sonstigen Wohnhaus entschieden vom Bayerischen VGH 29.07.1985 - N 84 A.1390)

2.3 Zentrale Versorgungsbereiche

Von Vorhaben innerhalb eines Bebauungszusammenhangs dürfen gemäß § 34 Abs. 3 BauGB keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

Zentrale Versorgungsbereiche sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt.

Innenstädte sind, wenn nicht stets, so doch in der Regel als Versorgungsbereiche zentral, weil sie nach Lage, Art und Zweckbestimmung nicht nur der Versorgung ihrer Bewohner dienen, sondern auf einen Kundenkreis aus einem größeren Einzugsbereich ausgerichtet sind (BVerwG 11.10.2007 - 4 C 7/07).

3. Satzungsmäßige Festlegung der Zuordnung zum Innenbereich

Die Zuordnung zum Innenbereich lässt sich dann unproblematisch vornehmen, wenn die Gemeinde von ihrer Satzungsbefugnis nach § 34 Abs. 4 BauGB Gebrauch gemacht hat, sodass der Bebauungszusammenhang unabhängig von seiner tatsächlichen Qualität rechtlich bindend festgelegt ist.

4. Entscheidung im Streitfall

Im Streitfall entscheidet das Verwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsbarkeit). Für das Gericht ist nicht bindend, dass Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde die Fläche bisher als dem Innenbereich zugehörig angesehen haben und dies auch Ausdruck im Flächennutzungsplan gefunden hat (BVerwG 15.07.1994 - 4 B 109/94).

 Siehe auch 

Außenbereich

Bebauungsplan - einfacher

Bebauungsplan - qualifizierter

BVerwG 15.09.2005 - 4 BN 37/05 (Klärung des Begriff "Außenbereich im Innenbereich")

BVerwG 01.04.1997 - 4 B 11/97

BVerwG 15.07.1994 - 4 B 109/94

BVerwG 22.06.1990 - 4 C 6/87

BVerwG 12.12.1990 - 4 C 40/87

BVerwG 16.02.1988 - 4 B 19/88

Kuffer/Wirth: Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht; 5. Auflage 2017

Janning: Der Ausschluss des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich; Baurecht - BauR 2005, 1723

Rappen/Küas: Neue Herausforderungen für die Innenentwicklung von Städten. Möglichkeiten der Konfliktbewältigung durch passive Schallschutzmaßnahmen; Baurecht - BauR 2013, 874

Scheidler: Bauen im unbeplanten Innenbereich - Zur Anwendung des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB in der Praxis; Baurecht - BauR 2009, 597

Schiwy: Baugesetzbuch. Kommentar; Loseblattwerk

Schink: Innenentwicklung und Eingriffsausgleich; Baurecht - BauR 2013, 861