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Im Ausland arbeitsunfähig erkrankter AN

 Normen 

§ 5 Abs. 2 EFZG

 Information 

1. Einführung

Im Ausland eintretende, zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung des Arbeitnehmers.

Befindet sich der Arbeitnehmer zu Beginn einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung im Ausland, unterliegt er gemäß § 5 Abs. 2 EFZG einer verstärkten Nachweis- und Mitteilungspflicht.

Zu allgemeinen Ausführungen zur Arbeitsunfähigkeit siehe den Beitrag "Arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer".

2. Allgemeine Pflichten

Der Arbeitgeber muss über die voraussichtliche Dauer der Krankheit und die Adresse des Aufenthaltsortes informiert werden. Die Kosten der Übermittlung sind von dem Arbeitgeber zu übernehmen.

Wie bei einer Erkrankung im Inland hat der arbeitsunfähige Arbeitnehmer die Erkrankung ab dem 4. Tag durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen bzw. nach den vom Arbeitgeber bestimmten Vorgaben ggf. auch früher.

3. Anzeigepflicht gegenüber der Krankenkasse

Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser gegenüber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen.

Tritt die Arbeitsunfähigkeit in einem Mitgliedstaat der EU, Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums oder in einem Staat ein, mit dem die Bundesrepublik ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen unterhält, kann der Arbeitnehmer dabei gemäß § 5 Abs. 2 S. 5 EFZG auf ein sogenanntes vereinfachtes Nachweisverfahren zurückgreifen:

Danach kann die Anzeigepflicht auch dadurch erfüllt werden, dass die Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem ausländischen Sozialversicherungsträger angezeigt wird.

Die Staaten, mit denen ein Sozialversicherungsabkommen besteht, sind unter der Adresse http://www.dvka.de/oeffentlicheseiten/rechtsquellen/Verweis_SVA_BH.htm dargestellt.

Der ausländische Versicherungsträger ist dann verpflichtet, unverzüglich die deutsche Krankenkasse über den Beginn der Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer zu informieren. Die deutsche Krankenkasse wird ihrerseits den Arbeitgeber ihres Mitglieds benachrichtigen.

Nach einer zwischen den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände geschlossenen Vereinbarung braucht der erkrankte Arbeitnehmer in diesen Fällen die ärztliche Bescheinigung seinem Arbeitgebernicht direkt zukommen zu lassen.

Erkrankt der Arbeitnehmer während eines Aufenthaltes in einem anderen als den oben genannten Staaten arbeitsunfähig, bleibt es bei den o.g. "normalen" Anzeige- und Nachweispflichten gegenüber dem Arbeitgeber und der Krankenkasse.

Aber: Seit dem Inkrafttreten des § 5 Abs. 2 S. 5 EFZG sind die Kommunikationsmöglichkeiten aus dem Ausland sowohl extrem vereinfacht worden als auch wesentlich günstiger geworden. Insofern ist fraglich, ob eine Anzeige gegenüber dem ausländischen Sozialversicherungsträger auch in unseren Zeitalter noch ein "vereinfachtes Verfahren" darstellt.

4. Beweiswert einer ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Bezüglich des Beweiswerts einer ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt Folgendes:

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (u.a. EuGH 03.06.1992 - C 45/90) ist die in einem Mitgliedstaat der EU getroffene Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für den Arbeitgeber verbindlich. Es bleibt dem Arbeitgeber jedoch unbenommen, die nicht vorliegende Krankheit des Arbeitnehmers zu beweisen.

Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn der Arbeitgeber ernsthafte Zweifel für eine Erschütterung an der Arbeitsunfähigkeit vorbringt. Dies wurde vor den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes von dem Bundesarbeitsgericht als ausreichend erachtet. Hintergrund war die Vermeidung einer Beweisschwierigkeit des sich im Ausland befindenden Arbeitnehmers. In der Literatur wird erörtert, ob diese EuGH-Rechtsprechung angesichts der durch die VO 1206/2001 über die Zusammenarbeit der Gerichte der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen nunmehr veränderten Rechtslage weiterhin Bestand haben kann.

Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die in einem Land außerhalb der EU ausgestellt wurde, kommt im Allgemeinen der gleiche Beweiswert zu wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung. Die Bescheinigung muss jedoch erkennen lassen, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen hat. Unerheblich ist das Fehlen einer förmlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (BAG 01.10.1997 - 5 AZR 499/96).

 Siehe auch 

Arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer

Entgeltfortzahlung

Fortsetzungserkrankung

Wiederholungserkrankung

BAG 19.02.1997 - 5 AZR 747/93 (Beweislast für das Nichtvorliegen der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitgeber)

Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß: Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht; 12. Auflage 2015

Marburger: Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankung im Ausland; Betriebs-Berater - BB 1988, 557