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Honorarordnung für Architekten und Ingenieure

 Normen 

HOAI

BR-Drs. 539/20 (zu den am 01.01.2021 in Kraft getretenen Änderungen der HOAI)

 Information 

1. Allgemein

Die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) ist die Regelung zur Berechnung der Honoraransprüche von Architekten und Ingenieuren.

2. Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der HOAI wird leistungsbezogen definiert: Gemäß § 1 HOAI wird klargestellt, dass sich der Geltungsbereich der HOAI auf Honorare für Ingenieur- und Architektenleistungen bezieht.

Die Erwähnung der Berufsbezeichnung dient nur einer stärkeren Konturierung des Anwendungsbereichs in dem Sinne, dass es sich um Leistungen handelt, die üblicherweise von Ingenieuren oder Architekten erbracht werden. Damit ist aber gerade nicht ausgeschlossen, dass auch Vertreter anderer Berufe diese Leistungen ausführen.

Auch wenn keine verbindlichen preisrechtlichen Vorgaben mehr enthalten sind, sieht die HOAI auch weiterhin Maßstäbe und Grundlagen für die Berechnung von Honoraren für die von der HOAI erfassten Leistungen vor. Diese Berechnungsparameter können durch eine entsprechende Vereinbarung von den Parteien eines Vertrages, der von der HOAI erfasste Leistungen zum Gegenstand hat, zur Kalkulation des Honorars genutzt werden. Sofern die Vertragsparteien durch entsprechende vertragliche Vereinbarung von diesen Berechnungsparametern, ohne deren Änderung, Gebrauch machen, dienen diese als die maßgeblichen und von den Parteien anzuwendenden Regeln zur Honorarermittlung. Die Ergebnisse der Anwendung dieser Honorarberechnungsregelungen sind aber nicht verbindlich, es kann immer, beispielsweise durch einen Zu- oder Abschlag, ein abweichendes Honorar vereinbart werden. Die Kalkulationsregeln der HOAI müssen aber auch nicht genutzt werden. Das Honorar für von der HOAI erfasste Leistungen kann auch immer auf anderem Wege, beispielsweise durch eine Stundensatzvereinbarung oder über eine Pauschale, ermittelt werden. Aus diesem Grund ist auch die Beschränkung auf Anwender mit Sitz im Inland und die Erbringung der Leistung im Inland entfallen. Die Anwendbarkeit der Regelungen hängt maßgeblich von der Vereinbarung der Vertragsparteien ab. Eine Verpflichtung, sie anzuwenden, besteht nicht.

3. Leistungen und Leistungsbilder

Der neu gefasste § 3 HOAI enthält in Absatz 1 Satz 1 die neue Definition der Grundleistungen. Dabei dient die Definition der Abgrenzung der Grundleistungen von den Besonderen Leistungen für die Zwecke der Honorierung nach der HOAI. Grundleistungen zeichnen sich, insbesondere in Abgrenzung von den Besonderen Leistungen, dadurch aus, dass sie regelmäßig im Rahmen von Flächen-, Objekt- und Fachplanungen auszuführen sind. Es handelt sich also um das in Standardfällen durchzuführende Arbeitsprogramm bei solchen Planungsvorhaben.

Gleichzeitig soll die neue Definition klarstellen, dass die Leistungsbilder zwar den Regelfall abbilden, sich der konkrete Leistungsumfang aber letztlich nach der Vereinbarung der Parteien richtet. Diesen steht es frei, auch Teile von Leistungsbildern zu vereinbaren. Das bedeutet, dass es immer auch Ausnahmen geben kann, in denen weniger oder andere als die regelmäßig durchzuführenden Leistungen vereinbart werden. Das Leistungsprogramm ist immer abhängig von der Vereinbarung der Parteien im Einzelfall.

4. Voraussetzungen des Honoraranspruchs

Es bestehen folgende Voraussetzungen:

  • Ein wirksamer Architekten- oder Ingenieursvertrag.

  • Eine vertragsgemäße Leistungserbringung, die durch eine Abnahme bescheinigt wird.

  • Zugang einer prüffähigen Rechnung beim Auftraggeber.

5. Grundlagen des Honorars

Gemäß § 6 ist bei der Ermittlung des Honorars für Grundleistungen Folgendes zugrunde zu legen

  • das Leistungsbild

  • die Honorarzone

  • die dazugehörige Honorartafel zur Honorarorientierung

Hinweis:

Die Neufassung des § 6 HOAI stellt klar, dass die Honorartafeln der Honorarorientierung dienen. Die Honorartafeln enthalten für jedes Leistungsbild, zugeordnet nach den Honorarzonen gemäß § 5, Honorarorientierungen für die im Einzelfall jeweils angemessene Honorarhöhe. Hinsichtlich der Leistungen der Anlage 1 regelt § 6 Abs. 1 HOAI, welche Bezugsgrößen für die Honorarberechnung dieser Leistungsbilder herangezogen werden sollen.

6. Honorarvereinbarung

Rechtsgrundlage ist § 7 HOAI:

Abschluss:

Das Honorar richtet sich nach der Vereinbarung, die die Vertragsparteien in Textform treffen. Die Honorarvereinbarung muss damit nicht mehr, wie zuvor, schriftlich und bereits zum Zeitpunkt der Auftragserteilung geschlossen werden, um wirksam zu sein.

Das Ziel der Neuregelung ist es, den Parteien auch im Sinne der Rechtssicherheit eine praxisnahe und einfach umzusetzende Möglichkeit zum Abschluss wirksamer Honorarvereinbarungen zu eröffnen. Im Hinblick darauf, dass sich im Rahmen entsprechender Planungsprojekte auch später immer wieder Änderungen an den Vertragsinhalten ergeben können, soll es den Vertragsparteien auch möglich sein, erst im späteren Verlauf der Vertragsbeziehung eine Honorarvereinbarung zu schließen oder eine bereits geschlossene Honorarvereinbarung später bei Bedarf anzupassen.

Keine Honorarvereinbarung:

§ 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI enthält eine gesetzliche Fiktion hinsichtlich der Honorarhöhe. Um in solchen Fällen Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollen die Honorarberechnungsgrundlagen der HOAI zur Anwendung kommen. Als vereinbart gilt dann der jeweilige Basishonorarsatz (§ 2a S. 1 HOAI), der sich unter Anwendung der Honorargrundlagen des § 6 HOAI und nach der im Einzelfall anzuwendenden Honorartafel ergibt.

Die neue Regelung stellt damit eine Auffangregelung dar, die nur in den, voraussichtlich wenigen, Fällen zur Anwendung kommt, in denen eine wirksame Honorarvereinbarung nicht zustande gekommen ist.

Die Norm bezieht sich allerdings nur auf die Grundleistungen, da nur für diese Honorartafeln vorgesehen sind, deren Werte für die Festlegung der konkreten Honorarhöhe herangezogen werden können. Dabei sind die Leistungen der Anlage 1 den übrigen Grundleistungen gleichgestellt, sodass § 7 Abs. 1 S. 2 HOAI auch in Vertragsverhältnissen zur Anwendung kommen kann, die Leistungen der Anlage 1 zum Gegenstand haben.

Informationspflicht des Auftragnehmers:

Um sicherzustellen, dass der Orientierungscharakter der in den Honorartafeln enthaltenen Honorarwerte allen Vertragsparteien bekannt ist, sieht § 7 Abs. 2 HOAI eine neu eingeführte Hinweispflicht des Auftragnehmers vor. Dieser hat seinen Auftraggeber in Textform darauf hinzuweisen, dass auch ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln enthaltenen Werte vereinbart werden kann.

7. Mindest- und Höchstsätze

Die HOAI wurde zum 01.01.2021 reformiert:

Hintergrund:

Der EuGH hatte mit dem Urteil EuGH 04.07.2019 C-377/17 die HOAI für unvereinbar mit dem EU-Recht erklärt. Die Höchst- und Mindestsätze verstoßen nach der Ansicht der Richter gegen die Dienstleistungs-Richtlinie. Der Gesetzgeber musste für den Bereich der Vergütungssätze eine unionsrechtskonforme Lösung finden.

Die Regelungen der HOAI wurden in der Weise geändert, dass die Honorare für alle von der HOAI erfassten Leistungen jetzt frei vereinbart werden können und es keine verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze mehr gibt.

Aber:

Der BGH Bundesgerichtshof (BGH 02.06.2022 - VII ZR 229/19) hat die Anwendung der Höchst- und Mindestsätze für den folgenden Fall weiterhin für zulässig erklärt:

"Aus dem Unionsrecht folgt keine Verpflichtung, das (...) Mindestsatzrecht der HOAI im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, unangewendet zu lassen."

8. Fälligkeit und Abschlagszahlungen

Die Fälligkeit und die Möglichkeit Abschlagszahlungen zu vereinbaren sind in § 15 HOAI geregelt.

9. Rückforderung eines überzahlten Honorars

Der Anspruch auf Rückzahlung eines überzahlten Architektenhonorars verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Diese dreijährige Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen. Dabei kann der Rückzahlungsanspruch nicht vor dem Zeitpunkt fällig werden, zu dem der Vertrag beendet wird, sodass er mit einer Schlussrechnung abgerechnet werden kann (BGH 11.10.2012 - VII ZR 10/11).

 Siehe auch 

Architekt - Vollmacht

Bauvertrag - Einheitspreis

Bauvertrag - Pauschalvergütung

Bauvertrag BGB

Bauvertrag VOB/B

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen

BGH 09.02.2012 - VII ZR 31/11 (Mindestsatzunterschreitung)

BGH 23.11.2006 - VII ZR 110/05 (Vergütung für Ingenieurleistungen zur Grundlagenermittlung)

BGH 24.04.2004 VII ZR 259/02 (Architektenhonorarhöhe bei Nichterbringung eines Teilerfolges)

BGH 24.10.1996 - VII ZR 283/95

OLG Hamm 19.11.2014 - 12 U 58/14 (Tätigkeit des Architekten im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme gehört zu den Grundleistungen der Leistungsphase 8)

Kupczyk/Boisseree: Die Entwicklung des Architekten- und Ingenieurrechts seit Juli 20219; Neue Juristische Wochenschrift 2020, 2077

Locher/Koeble/Zahn: Kommentar zur HOAI. Vertrag, Honorar, Haftung. Gesamtdarstellung zum Architekten- und Ingenieurrecht; 15. Auflage 2021

Löffelmann/Keldungs/Baldringer: Architektenrecht; 7. Auflage 2021

Reichert/Reuber/Siegburg: Handbuch Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen; 1. Auflage 2017

Stoye/Schrammel: Die HOAI 2021 als flexibler Rechtsrahmen im Preis- und Leistungswettbewerb um öffentliche Planungsaufträge; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2021, 197

Werner/Pastor: Der Bauprozess; 18. Auflage 2023