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Good will

 Normen 

Gesetzlich nicht geregelt.

 Information 

1. Einführung

Der Good will ist Teil der Bewertung.

Bei einem Unternehmen / einer Praxis / einer Kanzlei ist der Good will der über den Sachwert des Gebäudes und der Einrichtungsgegenstände (Substanzwert) hinausgehende ideelle Wert. Teilweise (und fälschlicherweise) wird der Good will auch Firmenwert / Praxiswert oder Kanzleiwert genannt. Dies ist aber insofern ungenau, als dass der Firmenwert / Praxiswert oder Kanzleiwert aus dem Good will und dem Substanzwert besteht.

"Der ideelle Wert einer Praxis gründet sich auf immaterielle Faktoren wie Mitarbeiterstamm, günstigen Standort, Art und Zusammensetzung der Mandanten, Konkurrenzsituation und ähnliche Faktoren, die regelmäßig auf einen Nachfolger übertragbar sind, aber auch auf Faktoren wie Ruf und Ansehen des Praxisinhabers, die mit dessen Person verknüpft und deshalb grundsätzlich nicht übertragbar sind" (BGH 02.02.2011 - XII ZR 185/08).

Der Good will muss z.B. in folgenden Situationen berechnet werden:

  • bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs (sofern das Unternehmen von dem Zugewinn erfasst wird)

  • bei der Berechnung einer Abfindung bzw. Auszahlung anlässlich des Ausscheidens / Todes eines Gesellschafters

  • bei der Berechnung der Kapitaleinlage im Rahmen der Aufnahme eines neuen Gesellschafters

  • bei der Berechnung des Praxiswertes im Rahmen der Übernahme der Praxis durch einen neuen Inhaber

In der Rechtsprechung ist ein Good will bei dem Gewerbebetrieb eines selbstständigen Handelsvertreters nur ausnahmsweise und in besonders gelagerten Fällen anerkannt worden, bei einer Versicherungsagentur eines selbstständigen Handelsvertreters wurde der Good will abgelehnt (BGH 04.12.2013 - XII ZB 534/12).

Hinweis:

Zu den allgemeinen Grundsätzen der Bewertung eines Unternehmens / einer Praxis oder Kanzlei siehe den Beitrag "Bewertung".

2. Berechnung des Good will

Die Berechnung des Good will erfolgt nunmehr nach der modifizierten Ertragswertmethode, die sich an den durchschnittlichen Erträgen orientiert und davon einen individuellen Unternehmerlohn des Inhabers absetzt, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert.

Nach der Entscheidung BGH 09.02.2011 - XII ZR 40/09 kann "nur auf diese Weise der auf den derzeitigen Praxis(mit)inhaber bezogene Wert ausgeschieden werden, der auf dessen persönlichem Einsatz beruht und nicht auf einen Übernehmer übertragbar ist. (...) Auch für einen Erwerber kommt es bei der Wertermittlung wesentlich darauf an, mit welchem Einsatz der zugrunde gelegte Ertrag zu erzielen ist. Einer freiberuflichen Praxis, deren Ertrag mit einem geringeren zeitlichen Aufwand des Inhabers aufrechterhalten werden kann, kommt stets ein höherer Goodwill zu als einer Praxis mit gleichem Ertrag, die einen erheblich höheren Einsatz des Inhabers erfordert."

Auch das OLG Hamm hat dieser Methode in der Entscheidung OLG Hamm 15.01.2009 - 1 UF 119/07 den Vorzug gegeben.

Hinweis:

Die Unterlagen zur Praxiswertermittlung dürfen keine Rückschlüsse auf die Auftraggeber zulassen, es sei denn, diese haben zuvor eingewilligt (OLG Hamm 15.12.2011 - 2 U 65/11).

3. Verbot der Doppelverwertung von Vermögensdispositionen

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH 06.02.2008 - XII ZR 45/06) ist es unzulässig, wenn ein Vermögenswert doppelt verwertet wird - nämlich einerseits im Zugewinnausgleich und andererseits im Wege des Unterhalts. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Wert eines Unternehmens, einer Unternehmensbeteiligung oder einer freiberuflichen Praxis güterrechtlich außer Betracht zu lassen wäre, wenn aus den hieraus erzielbaren künftigen Erträgen auch Unterhalt zu leisten ist.

Zu einer Konkurrenz zwischen Zugewinnausgleich und Unterhalt kann es daher nur dann kommen, wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen wird. Das ist bei der Bewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu beachten.

Bei der Bewertung einer freiberuflichen Praxis ist zu berücksichtigen, dass sich die Ertragsprognose nicht von der Person des derzeitigen Inhabers trennen lässt. Die Erwartung künftigen Einkommens, das der individuellen Arbeitskraft des Inhabers zuzurechnen ist, kann für den Zugewinnausgleich aber nicht maßgebend sein, weil es insoweit nur auf das am Stichtag vorhandene Vermögen ankommt. Bewertungsobjekt können deshalb nur solche Ertragsmerkmale sein, die auf einen potenziellen Erwerber übertragbar sind.

Der BGH hat es in Anbetracht der Meinungsvielfalt in diesen Fragen für sachgerecht erachtet, wenn eine Bewertungsmethode herangezogen wird, die in Form einer Richtlinie von einem Gremium der zuständigen Standesorganisation empfohlen und verbreitet angewendet wird.

Das aus der subjektiven Leistung des Praxisinhabers resultierende Einkommen ist aber entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen auch für den Unterhalt einzusetzen.

Um eine doppelte Teilhabe - im Wege des Zugewinnausgleichs und des Unterhalts - zu vermeiden, ist bei der Ermittlung des Good will deshalb nicht ein pauschal angesetzter kalkulatorischer Unternehmerlohn in Abzug zu bringen, sondern der im Einzelfall konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn.

"Für die Vermögensbewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichs wird der übertragbare Teil des ideellen Werts (Goodwill) nur dann zutreffend ermittelt, wenn von dem zunächst festgestellten durchschnittlichen Jahresüberschuss nicht ein pauschaler Unternehmerlohn, sondern der den individuellen Verhältnissen entsprechende Unternehmerlohn in Abzug gebracht wird. Nur auf diese Weise wird der auf den derzeitigen Praxisinhaber bezogene Wert eliminiert, der auf dessen Arbeit, persönlichen Fähigkeiten und Leistungen beruht und auf einen Übernehmer nicht übertragbar ist" (BGH 02.02.2011 - XII ZR 185/08).

Auf diese Weise wird erreicht, dass Vermögen im Wege des Zugewinnausgleichs und Einkommen im Wege des Unterhalts ausgeglichen wird. Zu einer doppelten Teilhabe würde es nur dann kommen, wenn zulasten des Vermögensstamms Entnahmen getätigt werden und in den Unterhalt fließen, ohne dass dies güterrechtlich berücksichtigt würde.

4. Namensfortführung

Zur Erhaltung des Good will ist es möglich, dass auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters / Partners etc. dessen Name (bzw. die Firma) fortgeführt werden kann, sofern der Namensinhaber einwilligt. Rechtsgrundlage ist im Handelsrecht § 22 HGB, in den Berufsordnungen der freiberuflichen Berufe ist dies nicht mehr ausdrücklich geregelt.

Die Zulässigkeit der Namensfortführung gilt auch dann, wenn der ausgeschiedene Partner weiterhin beruflich tätig ist und es zu Verwechslungen kommen kann (BGH 28.02.2002 - I ZR 195/99).

 Siehe auch 

Bewertung

Partnerschaftsgesellschaft

Rechtsanwalts GmbH

Sozietät

Ballhorn/König: Die modifizierte Ertragswertmethode im Zugewinnausgleich - "Narrenfreiheit" für die Sachverständigen?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2018, 1911

Boos: Bewertung von Arztpraxen im Rahmen des Zugewinnausgleichs; Medizinrecht - MedR 2005, 203

Klein: Handbuch Familienvermögensrecht; 2. Auflage 2015

Kogel: Meileinstein und Wendepunkt in der güterrechtlichen Bewertungspraxis; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2011, 3337

Kogel: Der Wert des Unternehmens im Zugewinn; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2007, 556

Kuckenburg: Unternehmenswertgutachten im Zugewinnausgleich; Neue Zeitschrift für Familienrecht - NZFam 2015, 390

Münch: Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich und Doppelverwertungsverbot - Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 1201

Olbrich/Olbrich: Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich: Einige betriebswirtschaftliche Anmerkungen zum jüngsten BGH-Urt. v. 06.02.2008 - XII ZR 45/06; Der Betrieb - DB 2008, 1483

Römermann: Praxisverkauf und Praxisbewertung bei Freiberuflern - ein (scheinbar) unlösbares Problem; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 1694

Wiechers: Bewertung von Arztpraxen; Beraterbrief Betriebswirtschaft - BBBW 2005, 61

Winkemann: Realteilung von Freiberuflergesellschaften - Steuerfalle Praxiswert; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 1308