Rechtswörterbuch

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Gemeinschaftliche Bankkonten

 Normen 

§ 430 BGB

BT-Drs. 19/19850 (zu der Pfändung des Gemeinschaftskontos)

 Information 

1. Einführung

Im Rahmen einer Betriebsführung bzw. Lebensgemeinschaft kann es erforderlich sein, einer weiteren Person die Verfügungsmacht über ein oder mehrere Bankkonten einzuräumen. Dabei stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, je nachdem wie viel "Macht" der weiteren Person eingeräumt werden soll bzw. wie praktikabel die Lösung sein soll.

2. Einzelkonto während bestehender Ehe

Ein Einzelkonto/-depot ist auch bei Eheleuten - im Gegensatz zu einem Gemeinschaftskonto - grundsätzlich allein dem Kontoinhaber zuzurechnen (BFH 29.06.2016 - II R 41/14).

3. Einzelkonto mit Vollmacht

Die Vollmacht kann durch den Kontoinhaber jederzeit widerrufen werden.

Für missbräuchliche Abhebungen des Vollmachtsinhabers gilt: War die Abhebung durch die zwischen den Kontoinhabern intern bestehende, meist konkludent vereinbarte Zweckbestimmung der Vollmachtseinräumung nicht mehr gedeckt, so hat der Kontoinhaber einen Herausgabeanspruch aus angemaßter Geschäftsführung und einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung.

Führt eine Bank versehentlich einen Zahlungsauftrag aus, der von einem ehemals Kontobevollmächtigten erteilt wurde, nachdem dessen Kontovollmacht ihr gegenüber bereits widerrufen worden war, vollzieht sich der bereicherungsrechtliche Ausgleich als Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) zwischen ihr und dem Zahlungsempfänger (BGH 02.06.2015 - XI ZR 327/14).

4. Gemeinschaftskonto als Und-Konto

Bei einem Und-Konto können nur beide Kontoinhaber gemeinsam über das Konto verfügen. Diese Form ist in der Praxis durch ihre geringe Alltagstauglichkeit eher selten.

Aufgrund der nur gemeinsam möglichen Kontoabhebungen ist jedoch ein Missbrauch durch einen Kontoinhaber fast ausgeschlossen.

5. Gemeinschaftskonto als Oder-Konto

Bei einem Oder-Konto sind beide Personen Kontoinhaber und können getrennt voneinander über das Konto verfügen. Sie sind Gesamtgläubiger mit der Folge, dass jeder Kontoinhaber Auszahlung des gesamten Kontoguthabens an sich verlangen kann.

Das Innenverhältnis beurteilt sich bei einem Oder-Konto nach § 430 BGB. Danach sind die Ehegatten an dem jeweiligen Kontostand eines Gemeinschaftskontos und insbesondere am Kontostand im Zeitpunkt der Trennung regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt.

Während intakter Ehe wird im Allgemeinen von einem Verzicht auf Ausgleich für Kontoabhebungen, die den Hälfteanteil übersteigen, ausgegangen.

Missbräuchliche Abhebungen, insbesondere im Rahmen einer Trennung:

Die missbräuchliche Abhebung führt zu einem Ausgleichsanspruch des anderen Kontoinhabers, der vor dem Zivilgericht einzuklagen ist. Will der Klagende eine andere als die gesetzlich vermutete hälftige Berechtigung geltend machen, so muss er diese beweisen.

"Danach sind die Ehegatten an dem jeweiligen Kontostand eines Gemeinschaftskontos regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt. Ein Guthaben ist also bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Der Grundsatz der Halbteilung kommt nur dann nicht zum Zuge, wenn ein anderes bestimmt ist. Entnimmt ein Ehegatte nach der endgültigen Trennung mehr als die Hälfte, besteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten (...). Ein Ausgleichsanspruch besteht nur dann nicht, wenn die Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst ist" (OLG Brandenburg 26.08.2021 - 9 UF 5/21).

So auch:

Ein Guthaben ist bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Der Grundsatz der Halbteilung kommt nur dann nicht zum Zuge, wenn ein anderes bestimmt ist. Entnimmt ein Ehegatte nach der endgültigen Trennung mehr als die Hälfte, besteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten. Ein Ausgleichsanspruch besteht nur dann nicht, wenn die Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst ist. Hat ein Ehegatte nach der Trennung das gesamte auf dem Konto befindliche Guthaben abgehoben und wird er auf hälftige Herausgabe in Anspruch genommen, so muss er gegebenenfalls den Beweis für seine Behauptung einer anderen Bestimmung führen. Eine anderweitige Bestimmung kann rechtsgeschäftlich vereinbart werden, sie kann sich aber auch aus dem Zweck des Rechtsgeschäft, aus der Natur der Sache oder den Gesamtumständen ergeben (OLG Bremen 03.03.2014 4 UF 181/13).

Der BGH hat zu der Nichtbeachtung des Grundsatzes zeitlicher Priorität durch das Kreditinstitut bei kollidierenden Weisungen der Inhaber des Oder-Kontos wie folgt Stellung genommen:

"Durch den Umstand, dass ein anderer Kontoinhaber ebenfalls Auszahlung des Kontoguthabens an sich verlangt, wird die Einzelverfügungsbefugnis eines jeden Kontoinhabers und die damit einhergehende Empfangszuständigkeit, Leistungen mit Erfüllungswirkung entgegenzunehmen (...), aber nicht berührt. Ohne eine dahingehende vertragliche Abrede hat ein Kontoinhaber des Oder-Kontos keine Möglichkeit, auf das selbständige Forderungsrecht eines Mitkontoinhabers einzuwirken, auch nicht durch ein zeitlich früheres Verlangen der Leistung. Die Befugnis eines jeden von ihnen, über das Konto ohne die Mitwirkung der anderen Kontoinhaber selbständig zu verfügen (...), beruht nicht auf einer gegenseitig eingeräumten Ermächtigung, sondern auf der eigenen Forderungsinhaberschaft (...). Das Forderungsrecht eines Gesamtgläubigers erlischt erst dann, wenn das Leistungsverlangen des anderen Gesamtgläubigers tatsächlich erfüllt wurde" (BGH 20.03.2018 - XI ZR 30/16).

6. Kontopfändungsschutz

Gemäß § 850k ZPO kann jeder Kontoinhaber durch Umwandlung seines Girokontos einen Kontopfändungsschutz erreichen.

Ein Pfändungsschutzkonto (sog. P-Konto) wird aufgrund einer vertraglichen Abrede zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden eingerichtet.

Die Vorschrift des § 850l ZPO (siehe auch BT-Drs. 19/19850) trifft erstmals Regelungen für die Pfändung von Guthaben auf einem Gemeinschaftskonto. Geregelt wird dabei der Anspruch auf Einrichtung von Einzelkonten und der Schutz der unpfändbaren Teile des Guthabens auf diesen Einzelkonten, wenn Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto gepfändet ist. Da das Recht auf Pfändungsschutz ein individuelles Recht ist, für dessen Bemessung auch die persönlichen Umstände des betroffenen Schuldners zu berücksichtigen sind, kann der Pfändungsschutz des P-Kontos nicht für ein Gemeinschaftskonto gewährt werden. Somit scheidet auch ein gemeinsames P-Konto aus.

 Siehe auch 

Ehegattenarbeitsverhältnis

Girovertrag

Kontokorrent

Postmortale Vollmacht

BGH 31.03.2009 - XI ZR 288/08 (Bausparkonto als Oder-Konto)

BGH 29.11.1989 - IVb ZR 4/89

BGH 16.04.1986 - IVa ZR 198/84

Fichtelmann: Gemeinschaftskonten von Ehegatten; Der Einkommensteuer-Berater - EStB 2004, 452

Gerhardt/von Heintschell-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 10. Auflage 2015

Klein: Handbuch Familienvermögensrecht; 3. Aufklage 2022

Lenkaitis/Messing: Nichts Neues zum Oder-Konto?; Zeitschrift für Bankrecht - ZBB 2007, 364

Perleberg-Kölbel: Das neue Pfändungsschutzkonto (P-Konto); Familie und Recht - FuR 2010, 311