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Erbrecht des Ehegatten

 Normen 

§ 1931 BGB

§ 1371 BGB

§ 2305 BGB

 Information 

1. Allgemein

Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten beurteilt sich bei einer fehlenden gewillkürten Erbfolgeregelung grundsätzlich wie folgt:

  • Neben Erben der ersten Ordnung: 1/4

  • Neben Erben der zweiten Ordnung: 1/2

  • Neben Großeltern als Erben der dritten Ordnung: 1/2

  • Würde ein Teil des Erbanteils der Großeltern durch Abkömmlinge der Großeltern ersetzt, fällt dieser Teil dem überlebenden Ehegatten zu.

  • Erben der vierten Ordnung fällt kein Erbteil zu, der überlebende Ehegatte wird Alleinerbe.

Zusätzlich sind die Besonderheiten des jeweiligen Güterstandes zu beachten:

2. Gütertrennung

Bei der Gütertrennung: Das Erbrecht des Ehegatten beträgt grundsätzlich 1/4. Erben neben dem Ehegatten ein oder zwei Kinder, so muss gemäß § 1931 Abs. 4 BGB sichergestellt sein, dass der Anteil des überlebenden Ehegatten nicht geringer ist als der der Abkömmlinge.

Beispiel:

Neben dem Ehegatten gibt es als weiteren gesetzlichen Erben ein Kind: Das Erbrecht des Ehegatten und des Kindes beträgt je 1/2.

3. Gütergemeinschaft

Bei der Gütergemeinschaft besteht folgende Rechtslage: Der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut gehört zum Nachlass, der Erbteil des überlebenden Ehegatten richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Bei der durch Ehevertrag festgelegten fortgesetzten Gütergemeinschaft wird der Anteil am Gesamtgut nicht vererbt.

4. Zugewinngemeinschaft

Bei der Zugewinngemeinschaft bestehen für den Ehegatten zwei Möglichkeiten, zwischen denen aber kein Wahlrecht besteht. Der Ehegatte kann nur durch eine Ausschlagung der Erbschaft die güterrechtliche Lösung (kleiner Pflichtteil) herbeiführen.

Grundsätzlich steht dem Ehegatten 1/4 des Erbes zu.

4.1 Der überlebende Ehegatte ist (gesetzlicher) Erbe oder Vermächtnisnehmer (großer Pflichtteil)

Unschädlich ist die testamentarische Einsetzung als gesetzlicher Erbe oder als Vor- bzw. Nacherbe.

Der gesetzliche Erbteil des Ehegatten erhöht sich um 1/4.

Es bestehen dann folgende Erbanteile des Ehegatten:

  • neben Erben erster Ordnung: 1/2

  • neben Erben zweiter Ordnung: 3/4

  • neben Großeltern als Erben dritter Ordnung: 3/4

  • Das Erbrecht anderer Erben der dritten Ordnung fällt dem Ehegatten zu.

Ist das Erbe oder das Vermächtnis geringer, kann der Ehegatte den Pflichtteilsrestanspruch gegen die übrigen Erben geltend machen.

4.2 Der überlebende Ehegatte ist weder Erbe (kann auch durch Ausschlagung erreicht werden) noch Vermächtnisnehmer (kleiner Pflichtteil)

Dann erhält er als Ehegatte den Pflichtteil (1/4) und kann den Zugewinnausgleich geltend machen.

5. Tod während des Scheidungsverfahrens

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Erbfalls die Voraussetzungen für die Scheidung gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Anforderungen an die Zustimmung:

In der Entscheidung OLG Düsseldorf 12.09.2011 - I-3 Wx 179/11 werden die Anforderungen an die Zustimmung konkretisiert: "Eine Zustimmung ist eine Prozesshandlung (...). Sie kann zu Protokoll der Geschäftsstelle, in der mündlichen Verhandlung, in einem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten oder auch durch schriftliche Erklärung der anwaltlich nicht vertretenen Partei erfolgen (...). Maßgeblich ist darauf abzustellen, ob und welche Erklärungen der Erblasser innerhalb des Verfahrens gegeben hat."

Dabei muss die Zustimmung nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch durch Auslegung einer Parteierklärung im gerichtlichen Verfahren ergeben. Die Anforderungen an eine Zustimmung sind jedoch in den folgenden Fällen nicht erfüllt:

  • Der Erblasser ist in dem Scheidungsantrag dem Vorbringen des Antragstellers nicht entgegengetreten, dass beide Beteiligten geschieden werden wollen.

  • Der Erblasser hat sich im Scheidungsverfahren gar nicht geäußert, sodass es im Ansatz an einer auslegungsfähigen Erklärung fehlt.

  • Der Erblasser hat seine Zustimmung außerhalb des Scheidungsverfahrens gegenüber dem Ehegatten oder einem Dritten erklärt.

Unerheblich ist, ob der Scheidungsantrag eine hinreichenden Erklärung im Sinne § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG enthält (OLG Köln 11.03.2013 - 2 Wx 64/13).

Begründetheit und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags:

Das Eingreifen dieses gesetzlichen Erbrechtsausschlussgrundes setzt mithin in formeller Hinsicht voraus, dass zum vorgenannten Zeitpunkt ein Antrag auf Ehescheidung rechtshängig war, und in materiellrechtlicher Hinsicht, dass dieser Antrag zur Zeit des Erbfalls begründet war.

Rücknahme des Scheidungsantrags:

Eine erst nach Eintritt des Erbfalls erklärte und wirksam gewordene Rücknahme des Ehescheidungsantrags ändert nichts mehr am zuvor bereits kraft Gesetzes eingetretenen Ausschluss des Erbrechts (OLG Naumburg 30.03.2015 - 2 Wx 55/14).

Hinweis:

Durch den Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts wird der Pflichtteilsanspruch des überlebenden Ehegatten nicht berührt und kann nur durch eine Enterbung entzogen werden.

Prognose über die Wiederherstellung des Scheidungsantrags:

Sofern die Vermutungen für das endgültige Scheitern der Ehe des § 1566 BGB nicht eingreifen, hat der Tatrichter die Frage (es könne nicht erwartet werden, dass die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen) prognostisch unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (OLG Düsseldorf 25.10.2019 - 3 Wx 182/19).

 Siehe auch 

Berliner Testament

Erbengemeinschaft

Erbengemeinschaft - ungeteilt

Erbenhaftung

Erbfolge

Erbrecht in der EU

Erbschaft

Erbschaftsbesitzer

Erbschaftsteuer

Erbschein

Gemeinschaftliches Testament

Testament

Testamentsvollstrecker