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Elternzeit - Erwerbstätigkeit

 Normen 

§§ 15 ff. BEEG

BT-Drs. 20/3447

 Information 

1. Allgemein

Während der Inanspruchnahme der Elternzeit können beide Elternteile wöchentlich für einen Zeitraum von bis zu 32 (neu zum 01.09.2021) Wochenstunden arbeiten.

Die Tätigkeit kann grundsätzlich als Teilzeittätigkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber, bei einem anderen Arbeitgeber oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden.

Nach dem Ende der Elternzeit ist der Arbeitnehmer verpflichtet, wieder zu seiner ursprünglichen Wochenarbeitszeit zurückzukehren. Möchte er weiterhin mit einer reduzierten Arbeitszeit tätig sein, so kann er dies nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der Teilzeitarbeit.

2. Teilzeitarbeit bei dem bisherigen Arbeitgeber

2.1 Voraussetzungen

Der in Elternzeit befindliche oder in die Elternzeit gehende Arbeitnehmer hat gemäß § 15 Abs. 5 ff. BEEG einen Anspruch darauf, dass sein bisheriger Arbeitsplatz in einen Teilzeitarbeitsplatz mit einer Arbeitszeit von bis zu 30 Wochenstunden umgewandelt wird, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. a)

    Der Betrieb beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer, wobei die Auszubildenden nicht mitgerechnet werden.

  2. b)

    Die Teilzeitarbeit soll für mindestens zwei Monate ausgeübt werden.

  3. c)

    Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate.

  4. d)

    Arbeitnehmer kann seine Arbeitszeit auf einen Umfang von mindestens 15 und höchstens 30 Arbeitsstunden reduzieren.

    Hinweis:

    Dabei ist ausdrücklich festgelegt, dass sich die Grenze von 30 Wochenstunden nach dem Durchschnitt der Monatsarbeitsstunden bestimmt. Dies ermöglicht eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit.

  5. e)

    Es bestehen keine dringenden betrieblichen Gründe gegen die Ausübung einer Teilzeitarbeit.

    Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Es können betriebliche Interessen jeglicher Art sein. Sie sind zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Verhältnisse des Betriebs beziehen.

    Auch der Personalüberhang des Arbeitgebers kann ein betrieblicher Grund sein (BAG 15.04.2008 - 9 AZR 380/07).

    Im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 TzBfG genügen für die Ablehnung eines Anspruchs auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG jedoch nicht betriebliche Gründe jeder Art. Vielmehr müssen diese Gründe "dringend", d.h. von besonderem Gewicht sein.

2.2 Verfahren und Fristen

Das Verfahren ist wie folgt ausgestaltet:

  • Der Wunsch nach einer Verringerung der Arbeitszeit muss dem Arbeitgeber vorher schriftlich mitgeteilt werden. Dabei bestehen zwei unterschiedliche Fristen:

    • Die Anmeldefrist für Elternzeit und Elternzeit-Teilzeit zwischen Geburt und vollendetem dritten Lebensjahr beträgt wie bisher 7 Wochen.

    • Die Anmeldefrist für Elternzeit und Elternzeit-Teilzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes beträgt 13 Wochen.

  • Über den Antrag auf die Verringerung der Arbeitszeit sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 5 BEEG innerhalb von vier Wochen einigen.

  • Arbeitgeber, die den Wunsch eines Elternteils, die Arbeitszeit in der Elternzeit zu verringern oder zu verteilen, nicht entsprechen, sind seit dem 24.12.2022 verpflichtet, ihre Entscheidung innerhalb dieser Frist zu begründen. Hierdurch werden die Umstände, die zur Ablehnung des Antrages geführt haben, auch für die betroffenen Eltern transparent.

  • Die Zustimmung zur Verringerung gilt als erteilt und die Verringerung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt, wenn der Arbeitgeber den Antrag nicht innerhalb der folgenden Fristen schriftlich ablehnt:

    • in einer Elternzeit zwischen der Geburt und dem vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrags oder

    • in einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrags.

  • Ausnahme: Gemäß § 16 Abs. 1 S. 7 BEEG kann der Arbeitgeber die Inanspruchnahme eines dritten Abschnitts einer Elternzeit innerhalb von acht Wochen nach dem Zugang des Antrags aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, wenn der Abschnitt zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes liegen soll.

2.3 Gerichtliche Geltendmachung

Muss der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden, sind neue Begründungen des Arbeitgebers präkludiert:

"Klagt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer auf Zustimmung zu einer zuvor erfolglos beantragten Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit, kann der Arbeitgeber im Prozess nur solche der Elternteilzeit (...) entgegenstehenden Gründe einwenden, auf die er sich bereits in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben berufen hat" (BAG 11.12.2018 - 9 AZR 298/18).

2.4 Verteilung der Arbeitszeit

Gemäß § 15 Abs. 7 S. 3 BEEG soll der Arbeitnehmer die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Antrag angeben. Dadurch wird jedoch kein Anspruch auf eine bestimmte vertragliche Festlegung der verringerten Arbeitszeit begründet (LAG Schleswig-Holstein 12.06.2007 - 5 Sa 83/07).

Es bleibt danach bei dem allgemeinen Grundsatz, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeiten kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen festlegt.

Jedoch kann es sich bei den von ihm zur Abwehr des Verteilungswunsches vorgetragenen Gründen nur um dringende betriebliche Gründe handeln (BAG 09.05.2006 - 9 AZR 278/05).

Es ist ausdrücklich geregelt, dass die vom Arbeitnehmer gewünschte Lage der Arbeitszeit in den folgenden Fällen gemäß § 15 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG unabhängig von der Entscheidung des Arbeitgebers als festgelegt gilt:

  • Der Arbeitgeber hat den gesamten Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nicht innerhalb der Fristen schriftlich abgelehnt.

    oder

  • Es wurde über die Verteilung der Arbeitszeit verhandelt, aber kein Einvernehmen erzielt und der Arbeitgeber hat die gewünschte Verteilung nicht innerhalb der Fristen für die grundsätzliche Ablehnung des Antrags (s.o. Gliederungspunkt 2.2) schriftlich abgelehnt.

Hinweis:

Hier muss dringend in der Praxis auf die Einhaltung der Frist zur schriftlichen Ablehnung geachtet werden.

2.5 Vorzeitige Rückkehr aus der Elternzeit

Hinweis:

Zu dem Anspruch auf eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit siehe den Beitrag "Elternzeit".

Von der gänzlichen Beendigung des Elternzeit zu unterscheiden ist die vorzeitige, d.h. früher als geplante Rückkehr in das Arbeitsverhältnis bei reduzierter Stundenzahl:

Nach einem Urteil des BAG (19.04.2005 - 9 AZR 233/04) haben Arbeitnehmer, die zunächst Elternzeit auch unter völliger Freistellung von der vertraglichen Arbeit in Anspruch genommen haben, einen Anspruch auf die Ausübung einer Teilzeitarbeit, d.h auf vorzeitige Rückkehr bei reduzierter Stundenzahl. Diese Rechtsprechung wurde mit dem Urteil BAG 09.05.2006 - 9 AZR 278/05 bestätigt.

Der Anspruch auf Rückkehr in das Arbeitsverhältnis bei reduzierter Stundenzahl kann von dem Arbeitgeber nur beim Vorliegen dringender betrieblicher Gründe abgelehnt werden. Ein derartiger Grund wäre z.B. die Einstellung einer Vertretungskraft für die Dauer der erklärten Abwesenheit des Arbeitnehmers bzw. eine andere sachlich begründete fehlende Beschäftigungsmöglichkeit.

Demnach ist der Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 1 BEEG mit der erstmaligen Inanspruchnahme der Elternzeit zwar verpflichtet zu erklären, für welche Zeiten innerhalb der nächsten zwei Jahren er Elternzeit nehmen wird, er kann diese Erklärung jedoch dahin gehend abändern, dass er einen Teilzeitarbeitsanspruch geltend macht.

3. Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder in der Selbstständigkeit

Die Teilerwerbstätigkeit von bis zu 32 Stunden (hier keine Mindeststundenzahl) bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbstständiger bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers.

Die Begrenzung der Berufstätigkeiten auf 32 Wochenstunden gilt zudem nicht für in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer, die während der Elternzeit als selbstständige Kindertagespflegepersonen im Sinne des § 23 SGB VIII arbeiten: Diese können bis zu fünf Kinder in Tagespflege betreuen, auch wenn die wöchentliche Betreuungszeit 30 Stunden übersteigt.

Hinweis:

Der Vorbehalt der Zustimmung des Arbeitgebers zu einer anderweitigen Erwerbstätigkeit gilt aber auch für die Betätigung als Tagespflegeperson (OVG Niedersachsen 04.03.2015 - 4 LA 177/14).

Die Ablehnung seiner Zustimmung kann der Arbeitgeber nur mit entgegenstehenden betrieblichen Interessen innerhalb einer Frist von vier Wochen schriftlich begründen. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts entfällt nach Ablauf dieser vier Wochen das Zustimmungserfordernis. Nimmt der Arbeitgeber zu einem Antrag auf Teilerwerbstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbstständiger nicht Stellung oder lehnt er den Antrag nicht formgerecht ab, so darf der betroffene Arbeitnehmer eine dem zeitlichen Umfang nach zulässige Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber nach Ablauf der vierwöchigen Zustimmungsfrist auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers leisten.

Die Ingangsetzung der vierwöchigen Ausschlussfrist hängt nicht davon ab, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ergänzende Mitteilungen über Art, Umstände oder Örtlichkeit der beabsichtigten Erwerbstätigkeit macht, die dem Arbeitgeber bereits anderweitig bekannt sind (OVG Niedersachsen 04.03.2015 - 4 LA 177/14).

 Siehe auch 

Elterngeld

Elternzeit

Elternzeit - Sonderkündigungsschutz

Elternzeit - Sonderzahlungen

Mutterschutz

Teilzeitarbeit

Urlaub - Elternzeit und Mutterschutz

Joussen: Nebenpflichten während der Elternzeit; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2022, 889

Roos/Bieresborn: Mutterschutzgesetz - Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Kommentar; 3. Auflage 2023