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Betreuung

 Normen 

§§ 1814 - 1881 BGB

BT-Drs. 19/24445 (zu der am 01.01.2023 in Kraft getretenen Reform des Betreuungsrechts)

§§ 271 - 311 FamFG

BtOG

BT-Drs. 19/24445 (zu der am 01.01.2023 in Kraft getretenen Reform des Betreuungsrechts)

 Information 

1. Einleitung der Betreuung

Betreuung ist die rechtliche und tatsächliche Hilfestellung von Hilfebedürftigen zur Besorgung ihrer eigenen Angelegenheiten. Die Betreuung wird von Amts wegen oder nach einem Antrag durch das Familiengericht angeordnet.

Zum 01.01.2023 wurde das Betreuungsrecht umfassend reformiert:

Rechtsgrundlagen:

Das Betreuungsrecht ist seit dem 01.01.2023 in den Vorschriften geregelt:

Inhalt:

Ein Kernstück der Reform besteht nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/24445) aus einer grundlegenden Überarbeitung der zentralen Normen des materiellen Betreuungsrechts zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers, zu den Aufgaben und Pflichten des Betreuers im Verhältnis zum Betreuten und zu dessen Befugnissen im Außenverhältnis.

Insbesondere wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung der betroffenen Person zur Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und das Mittel der Stellvertretung nur dann zum Einsatz kommen darf, wenn es zum Schutz der betroffenen Person erforderlich ist.

Auch der Vorrang der Wünsche des Betreuten als Maßstab für das Betreuerhandeln wird deutlicher normiert. Gleichzeitig wird gesetzlich klargestellt, dass die Orientierung an diesen Vorgaben auch der zentrale Maßstab für die Eignung des Betreuers zur Ausübung der Betreuung ebenso wie für die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht, vor allem im Rahmen von Genehmigungsverfahren, darstellt.

Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung wurde ein formales niedrigschwelliges Registrierungsverfahren für berufliche Betreuer eingeführt werden, das bei der Betreuungsbehörde als Stammbehörde angesiedelt ist, und in welchem persönliche und fachliche Mindesteignungsvoraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Geregelt wird dies in dem neuen Betreuungsorganisationsgesetz, das das vorherige Betreuungsbehördengesetz ablöst.

Dieses Gesetz enthält zudem neue Regelungen zu den öffentlichen Aufgaben und zur Finanzierung der Betreuungsvereine sowie zur verstärkten Anbindung von ehrenamtlichen Betreuern an Betreuungsvereine, durch die eine Verbesserung der Qualität der ehrenamtlichen Betreuung sowie eine Stärkung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine erreicht werden soll.

2. Voraussetzungen

Die Einrichtung einer Betreuung erfordert, dass der objektive Betreuungsbedarf und die subjektive Betreuungsbedürftigkeit sowie die Kausalität zwischen beiden Tatbestandsmerkmalen kumulativ vorliegen müssen. Konkret:

Gemäß § 1814 BGB wird eine Betreuung bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen eingerichtet:

  • Es besteht eine Unfähigkeit des Volljährigen, seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich zu zu besorgen

    und

  • diese Unfähigkeit beruht auf einer Krankheit oder Behinderung.

3. Betreuerbestellung

Siehe insofern den Beitrag "Betreuung - Bestellung des Betreuers".

4. Betreuertätigkeit als Gewerbe

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Tätigkeit eines Berufsbetreuers als Gewerbe und nicht als Freien Beruf eingeordnet. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Betreuer um einen Rechtsanwalt handelt (BVerwG 27.02.2013 - 8 C 8/12).

Aber zuvor hatte der BFH seine Rechtsprechung dahin gehend geändert, dass Einnahmen eines Berufsbetreuers ihrer Art nach den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zuzuordnen sind und nicht der Gewerbesteuer unterliegen (BFH 15.06.2010 - VIII R 10/09).

Die Richter des BVerwG begründeten die abweichende Entscheidung damit, dass die Terminologie des Steuerrechts nicht mit derjenigen des Gewerberechts identisch sei. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

5. Rechtliche Stellung des Betreuten

Durch die Betreuung wird grundsätzlich die Geschäftsfähigkeit des Betreuten nicht beeinflusst.

6. Einwilligungsvorbehalt

Besteht die Gefahr, dass der Betreute sich oder sein Vermögen gefährdet, kann das Familiengericht den Betreuten im Aufgabenbereich des Betreuers unter dessen Einwilligungsvorbehalt stellen. Dadurch sind die meisten Vorschriften der beschränkten Geschäftsfähigkeit entsprechend anzuwenden.

Die Zahlung an eine Person, für die ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge angeordnet ist, hat keine Erfüllungswirkung. Dem Betreuten fehlt insoweit ebenfalls die zur Erfüllung notwendige Empfangszuständigkeit, sodass die Zahlung an ihn nicht zum Erlöschen seiner Forderung führt. Auf die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Schuldners von der Betreuung und dem Einwilligungsvorbehalt kommt es nicht an (BGH 21.04.2015 - XI ZR 234/14).

7. Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme

Siehe insofern den Beitrag "Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme".

8. Betreuungsbehörde

Bei den Ländern sind gemäß § 1 BtOG Betreuungsbehörden eingerichtet. Rechtsgrundlage sind die jeweiligen Landesgesetze, so z.B. das Landesbetreuungsgesetz (LBtG) in NRW.

Die Aufgaben der Betreuungsbehörden sind in dem Betreuungsorganisationsgesetz aufgeführt.

9. Betreuungsverfügung

Im Rahmen einer Betreuungsverfügung kann der Betreute die Person des Betreuers bestimmen.

10. Vergütung des Betreuers

Die Vergütung eines Betreuers unterliegt bestimmten Vorgaben.

11. Rechtsmittel

Die Anordnung der Betreuung kann mit der Beschwerde gemäß § 58 FamFG angegriffen werden.

Zu der Beschwerdebefugnis der nahen Angehörigen des Betreuten siehe den Beitrag "Beschwerde - Freiwillige Gerichtsbarkeit".

12. Tod des Betreuten

Die Betreuung endet automatisch mit dem Tod des Betreuten. Der Betreuer ist verpflichtet, den Betreuerausweis zurückzugeben und einen Schlussbericht sowie ggf. eine Schlussabrechnung zu erstellen und dem Gericht vorzulegen (§§ 1840, 1893 BGB).

Ist die Sicherung des Nachlasses zu besorgen, so muss der Betreuer eine Nachlasspflegschaft beantragen. Möglich ist auch, dass er selbst als Nachlasspfleger eingesetzt wird.

 Siehe auch 

Beschwerde

Betreuer - Vergütung

Betreuungsverfügung

Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme

Geschäftsfähigkeit

Haager Erwachsenenschutzübereinkommen

Patientenverfügung

Untersuchungsgrundsatz

BGH 06.07.2011 - XII ZB 80/11 (Erfordernis der tatrichterliche Feststellungen dazu, ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht)

BGH 15.09.2010 - XII ZB 166/10 (Betreuerwechsel)

BGH 01.02.2006 - XII ZB 236/05 (Voraussetzungen der Zulässigkeit einer psychiatrischen Zwangsbehandlung)

OLG Stuttgart 23.02.1994 - 8 W 534/93 (Voraussetzungen der Altersvorsorgevollmacht)

http://www.bdb-ev.de (Bundesverband der Berufsbetreuer)

Bernau: Die Haftung von Aufsichtspflichtigen aus § 832 BGB - Eine Übersicht der aktuellen Rechtsprechung; Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ 2013, 1521

Dodegge: Die Entwicklung des Betreuungsrechts bis Juli 2022, Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 2590

Knittel: Betreuungsrecht. Kommentar; Loseblattwerk oder als Online-Produkt

Kunze: Die Kontrollbetreuung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2007, 2220

Lamberz: Vertretungsausschlüsse und genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte nach neuem Recht; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2023, 249

Müller/Renner: Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 6. Auflage 2022