Rechtswörterbuch

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Bauleitplanung

 Normen 

BauGB

 Information 

1. Einführung

Die Bauleitplanung ist das zentrale städtebauliche Gestaltungselement, das den Kommunen zur Verfügung steht. Mittels der Bauleitplanung entscheidet die Kommune, eigentlich der Stadt- bzw. Gemeinderat, über die Nutzung der Grundstücke in einer Gemeinde oder Stadt. § 1 BauGB nennt dazu Leitsätze. Die Erstellung von Bauleitplänen soll "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln".

Hinweis:

Seit dem 13.05.2017 ist die sozialgerechte Bodennutzung dahin gehend eingeschränkt, als dass sie "unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung" zu erfolgen hat.

Grundsätzlich sind die Gemeinden frei in ihrer Entscheidung, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt sie Bauleitpläne aufstellt. § 1 Abs. 3 BauGB kann nur ausnahmsweise eine Planungspflicht begründen: Da die Begriffe "Erforderlichkeit "und "städtebauliche Entwicklung und Ordnung" unbestimmte Rechtsbegriffe sind, unterliegen sie nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle.

Insbesondere können Bürger die Gemeinde nicht auf die Durchführung einer Bauleitplanung verklagen. § 1 Abs. 3 BauGB begründet lediglich eine objektive Planungspflicht, siehe § 2 Abs. 3 BauGB. Die Gemeinde kann sich auch nicht vertraglich insoweit binden, als sie sich selbst eine Planungspflicht auferlegt.

2. Zu berücksichtigende Belange

Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere die in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Belange zu berücksichtigen.

3. Klimaschutz

Zu den in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB aufgeführten Planungsleitsätzen gehört auch der Klimaschutz.

Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll gemäß § 1a Abs. 5 BauGB sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden (klimagerechte Stadtentwicklung). Der Grundsatz ist in der Abwägung nach zu berücksichtigen.

Daraus ergibt sich, dass der Klimaschutz bei der Aufstellung von Bauleitplänen verstärkt zu berücksichtigen ist und eigene Darstellungen und Festsetzungen begründen kann. Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/6076) insbesondere die planungsrechtliche Absicherung und Unterstützung des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie übergreifende Maßnahmen wie z.B. die Umsetzung eines Konzepts der "Stadt der kurzen Wege", das das Verkehrsaufkommen und damit den dadurch verursachten CO2-Ausstoß gering hält. Als Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel kommen z.B. Kaltluftschneisen in Betracht, die als von der Bebauung frei zu haltende Flächen festgesetzt werden.

4. Unterrichtung von Nachbarstaaten

Wenn Bauleitpläne erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, müssen gemäß § 4a Abs. 5 BauGB auch die Gemeinden und Träger öffentlicher Belange des betreffenden Nachbarstaates unterrichtet werden.

Bei Bebauungsplänen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, sind die Nachbarstaaten entsprechend § 4 BauGB zu beteiligen, der betroffenen Öffentlichkeit des Nachbarstaates steht eine Bürgerbeteiligung zu.

5. Dritte als Mediatoren

Zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens können die Gemeinden gemäß § 4b BauGB die Erstellung des Umweltberichts, die Vorbereitung und Durchführung der Bürgerbeteiligung, die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der grenzüberschreitenden Unterrichtung von Gemeinden und Trägern öffentlicher Belange einem Dritten als Mediator übertragen. Als Mediatoren können Sanierungsfirmen oder Bauträgerfirmen eingesetzt werden. Es sollen weder Hoheitsträger noch von der Gemeinde bezahlte Dritte sein.

6. Rechtsnatur der Bauleitpläne / Rechtsschutz

Lediglich der Bebauungsplan wird als Satzung beschlossen und kann als Gesetz im materiellen Sinne im Wege der Normenkontrolle überprüft werden. Der Flächennutzungsplan hat keine Rechtssatzqualität, ein Antrag auf Normenkontrolle nach § 47 VwGO scheidet daher von vornherein aus. Auch eine Anfechtungsklage scheidet - mangels Vorliegen eines Verwaltungsakts - aus. In Betracht kommt aber eine Inzidentkontrolle.

7. Amtshaftung

Bei der Bauleitplanung müssen die Satzungsgeber das Gebot der Trennung von unverträglichen Nutzungen beachten. Bei schuldhafter Nichtbeachtung dieses Gebotes haften die Kommunen nach den Grundsätzen der Amtshaftung für diese fehlerhafte Bauleitplanung. Eine Haftung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Gemeinde ihre Pflicht verletzt, die Anforderungen an gesunde Wohn- oder Arbeitsverhältnisse zu beachten.

Beispiel:

Die Festsetzung eines Wohngebietes auf einem mit gesundheitsgefährdenden Altlasten belasteten Grund und Boden stellt wegen einer fehlerhaften Abwägung eine Amtspflichtverletzung dar. Gehen von der Deponie keine Gesundheitsgefahren aus, ist eine Festsetzung als Wohngebiet zulässig, es besteht jedoch eine Kennzeichnungspflicht für das Deponiegelände. Allerdings trägt der Bauherr nach dem Urteil des BGH vom 13.7.1993 - III ZR 22/92 das Risiko, dass auf seinem Grundstück bisher unbekannte Altlasten lagern, denn es gibt keine Gefährdungshaftung der Gemeinde.

Gegenbeispiel:

Die geologische Bebaubarkeit ist aber nicht im Verantwortungsbereich der Gemeinde. Für die einwandfreie Durchführung und Durchführbarkeit, insbesondere die Standfestigkeit des Gebäudes bei problematischem Untergrund, ist allein der Bauherr verantwortlich. Damit besteht auch keine Kennzeichnungspflicht in Bebauungsplänen für den Grundwasserstand.

 Siehe auch 

Bauleitplanung - Änderung eines Bauleitplans

Bauleitplanung - Aufhebung eines Bauleitplans

Bauleitplanung - Auslegung der Pläne

Bauleitplanung - Planungsspielraum der Gemeinde

Bauleitplanung - Verfahren

Bebauungsplan

Flächennutzungsplan

Raumordnungsplan

Screening

Umweltverträglichkeitsprüfung

Vorhaben- und Erschließungsplan

BVerwG 03.06.2014 - 4 CN 6/12 (Berücksichtigung von Belangen des Hochwasserschutzes i.R.d. bauleitplanerischen Abwägung)

BVerwG 13.12.2007 - 4 BN 41/07 (Verkehrslärm in der Bauleitplanung)

BVerwG 18.08.2005 - 4 C 13/04 (Regelungstiefe von Flächennutzungsplänen)

BVerwG 31.05.2005 - 4 B 14/05 (Abgrenzung Bauleitplanung - örtliche Bauvorschriften)

Ingold/Schwarz: Klimaschutzelemente der Bauleitplanung; Natur und Recht - NuR 2010, 153

Klinge: Bauleitplanung und Artenschutz; Natur und Recht - NuR 2010, 538

Köck: Hochwasserschutzbelange in der Bauleitplanung; Zeitschrift für Umweltrecht - ZUR 2015, 515

Krautzberger/Stüer: Neues Städtebaurecht des Bundes aus Gründen des Klimaschutzes. Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden; Baurecht - BauR 2011, 1416

Lau: Naturschutzrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Bauleitplanung vor dem Hintergrund zu erwartender Erweiterung von Klagemöglichkeiten; Baurecht - BauR 2011, 770

Mitschang: Die Belange von Klima und Energie in der Bauleitplanung; Natur und Recht - NuR 2008, 601

Paul/Pfeil: Hochwasserschutz in der Bauleitplanung; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2006, 505

Stüer: Bauleitplanung. Rechtsprechungsübersicht 2012-2014; Baurecht - BauR 2015, 595

Weck: Die Bauleitplanung bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben: Planung im Marktzusammenhang; Baurecht - BauR 2015, 1261