Rechtswörterbuch

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Anwaltsnotar

 Normen 

§ 3 Abs. 2 BNotO

NotFV

 Information 

1. Allgemein

Ein Anwaltsnotar ist ein Jurist, der sowohl als Rechtsanwalt als auch als Notar tätig ist.

Es ist zulässig, dass der Anwaltsnotar zusammen mit Rechtsbeiständen, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern o.Ä. eine Sozietät bildet.

Sowohl der Anwaltsnotar selbst als auch Sozietätsmitglieder können in derselben Sache nicht einerseits als Rechtsanwalt und andererseits als Notar tätig werden.

2. Ausbildung und Bestellung zum Anwaltsnotar

Seit dem 01.08.2021 sind in § 5b BNotO die Bestimmungen zusammengefasst werden, die die über § 5 BNotO hinausgehenden Voraussetzungen für eine Bestellung als Anwaltsnotar betreffen. Als Anwaltsnotar soll nur bestellt werden, wer die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

Hinweis:

Zu der neuen Rechtslage aufgrund von Unterbrechungen siehe unten!

  1. a)

    Eine Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in nicht unerheblichem Umfang für verschiedene Auftraggeber als Rechtsanwalt.

    Durch die Frist soll sichergestellt werden, dass der künftige Notar mit der Praxis der Rechtsbesorgung vertraut ist und Erfahrung mit dem rechtsuchenden Bürger besitzt. Eine Befreiung von der Einhaltung der Frist ist in der Praxis auf seltene Ausnahmefälle wie z.B. den Fall beschränkt, dass dem Bewerber nur noch wenige Monate fehlen und es als unzumutbare Härte erschiene, wenn die Justizverwaltung auf der Einhaltung der Erfahrungszeit bestünde. Dabei bedarf es des Nachweises einer zeitlich und quantitativ signifikanten Erfahrung im Beruf des Rechtsanwalts. Damit können z.B. Syndikusanwälte, die in einem ständigen Dienstverhältnis zu einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber stehen, die allgemeine Wartezeit nur noch dann erfüllen, wenn sie nebenberuflich über einen Zeitraum von fünf Jahren in nicht unerheblichem Umfang für mehrere Auftraggeber anwaltlich tätig waren. Die Beurteilung, ob im Einzelfall anwaltliche Tätigkeit in nicht unerheblichem Umfang ausgeübt wurde, obliegt der zuständigen Justizbehörde.

  2. b)

    Die Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich.

    Die Bewerber müssen die geforderte anwaltliche Tätigkeit seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung im Bezirk des Landgerichts ausgeübt haben, wobei die in den Sätzen 6 und 7 genannten Unterbrechungen außer Betracht bleiben.

    Hinweis:

    Die Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 7 BNotO ist dahin auszulegen, dass auch ohne Verzicht auf die Zulassung zur Anwaltschaft Unterbrechungen der anwaltlichen Tätigkeit für die Dauer von bis zu zwölf Monaten wegen Schwangerschaft oder Betreuung eines Kindes oder eines pflegebedürftigen Angehörigen nicht als "Unterbrechung" der Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO gelten (BGH 23.11.2015 - NotZ(Brfg) 2/15).

    Durch diese früher als "örtliche Wartezeit" bezeichnete Frist wird vor allem sichergestellt, dass der Bewerber vor seiner Notarbestellung die organisatorischen Voraussetzungen für die notarielle Geschäftsstelle geschaffen und die für eine unparteiliche Amtsführung als Notar so wichtige wirtschaftliche Unabhängigkeit erlangt hat. Auch die Befreiung von der Beachtung dieser Frist ist auf seltene Ausnahmefälle beschränkt. Eine Ausnahme kommt z.B. in Betracht, wenn eine Bewerberin schon früher einmal als Rechtsanwältin in dem Amtsbereich tätig war und ihre anwaltliche Tätigkeit während eines bestehenden Mutterschutzes an einem anderen Ort fortgesetzt hatte.

  3. c)

    Das Bestehen der notariellen Fachprüfung:

    Das Recht der notariellen Fachprüfung ist in den §§ 7a - 7i BNotO geregelt:

    • § 7a BNotO regelt allgemein das Prüfungsverfahren:

      • Absatz 1 normiert den Adressatenkreis. Zur Prüfung zuzulassen sind alle Rechtsanwälte, die die Voraussetzungen für die Bestellung zum Notar erfüllen, also deutsche Staatsangehörige sind und die Befähigung zum Richteramt erworben haben.

      • Absatz 2 Satz 1 normiert den Zweck und die Art der Prüfung. Sie dient dem Nachweis der fachlichen Eignung für die Ausübung des Notaramtes im N ebenberuf und des Grades dieser Eignung als Kriterium für die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern um eine Stelle. Sie gliedert sich in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil.

      • Absatz 3 normiert im Hinblick auf die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern für eine Stelle den Wettbewerbscharakter der Prüfung und die hieraus folgende Verpflichtung, für gleichmäßige Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Das Verfahren kann auch für die Prüfungsteilnehmer insoweit unaufwendig gestaltet werden, als die Aufsichtsarbeiten zwar zum selben Zeitpunkt, aber dezentral und damit ortsnah angefertigt werden können.

    • § 7b BNotO regelt die schriftliche Prüfung: Die schriftliche Prüfung umfasst vier fünfstündige Klausuren.

    • § 7c BNotO regelt die mündliche Prüfung: Die mündliche Prüfung besteht aus einem Vortrag und einem Gruppenprüfungsgespräch.

    • In § 7d BNotO werden die Erteilung des Bescheides über das Ergebnis der notariellen Fachprüfung sowie des Zeugnisses bei bestandener Prüfung, ferner die Rechtsbehelfe gegen Prüfungsentscheidungen geregelt. Adressat der Rechtsbehelfe soll wegen der Sachnähe der Leiter des Prüfungsamtes sein.

    • § 7e BNotO regelt die Folgen des Rücktritts von der Prüfung und des Versäumnisses von Prüfungsleistungen bei nicht genügender Entschuldigung.

    • § 7f BNotO regelt die Folgen von Täuschungsversuchen und sonstigen Ordnungsverstößen.

    • § 7g BNotO regelt die Zuständigkeit für die Organisation und die Durchführung der Prüfung. In Absatz 1 ist bestimmt, dass für die Durchführung der Prüfung ein bei der Bundesnotarkammer errichtetes Prüfungsamt zuständig ist.

    • § 7h BNotO regelt die Erhebung von Gebühren für das Prüfungsverfahren und das Widerspruchsverfahren.

    Die Bundesnotarkammer hat eine Internetseite eingerichtet (http://www.pruefungsamt-bnotk.de).

    In der Verordnung über die notarielle Fachprüfung sind die Organisation des Prüfungsamtes sowie die Details der notariellen Fachprüfung geregelt.

  4. d)

    Die Teilnahme an von den Notarkammern oder den Berufsorganisationen durchgeführten notarspezifischen Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von mindestens 15 Zeitstunden jährlich ab dem auf das Bestehen der notariellen Fachprüfung folgenden Kalenderjahr.

    Der Begriff "jährlich" ist dahingehend auszulegen, dass der Bewerber in jedem auf das Bestehen der notariellen Fachprüfung folgenden Jahr die erforderlichen Fortbildungsmaßnahmen ergriffen haben muss. Die Fortbildung muss dabei jeweils vor Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs erfolgt sein (BGH 14.03.2016 - NotZ(Brfg) 6/15).

  5. e)

    Zudem ist es erforderlich, dass der Bewerber mit der notariellen Berufspraxis hinreichend vertraut ist. Der Nachweis hierfür soll in der Regel dadurch erbracht werden, dass der Bewerber, nachdem er die notarielle Fachprüfung bestanden hat, eine von der zuständigen Notarkammer organisierte Praxisausbildung durchläuft. Im Übrigen soll der Nachweis teilweise durch Erfahrungen als Notarvertreter oder Notariatsverwalter oder durch erfolgreiche Teilnahme an von der Notarkammer oder den Berufsorganisationen anzubietenden Praxislehrgängen erbracht werden können. Die Einzelheiten werden durch die Notarkammer geregelt.

Bei den obigen Vorgaben zur Anwaltsnotarbestellung handelt es sich um Soll-Voraussetzungen, von denen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/4972) in eng begrenzten, sich maßgeblich vom Regelbild der Bewerber unterscheidenden und damit atypischen Ausnahmefällen abgewichen werden kann, wenn und soweit es nicht mit Artikel 12 GG vereinbar oder es aus anderen Gründen unverhältnismäßig wäre, die Erfüllung aller Voraussetzungen zu verlangen.

Unterbrechungen - § 5b Abs. 2 BNotO:

Unterbrechungen aufgrund von Ereignissen des täglichen Lebens bleiben außer Betracht. Zudem wurden nach der vormaligen Regelung Zeiten einer Schwangerschaft oder der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen nur dann angerechnet, wenn der Rechtsanwalt in dieser Zeit auf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet hatte. Diese Einschränkung hat der Bundesgerichtshof in der bezeichneten Entscheidung als nicht sachgerecht angesehen, da mit ihr das mit der Norm "verfolgte Ziel der verfassungsrechtlich gebotenen Vermeidung von (faktischen) Benachteiligungen u. a. aufgrund des Geschlechts" nicht erreicht werde. Inhaltlich ist dem BGH insoweit zu folgen, als es nicht nachzuvollziehen ist, warum Rechtsanwanwälten, die Angehörige betreut haben, dies nur dann angerechnet werden sollte, wenn sie in dieser Zeit (mangels Zulassung) überhaupt nicht anwaltlich tätig geworden ist, jedoch nicht, wenn sie in dieser Zeit (in dem ihnen neben der Betreuung noch möglichen Umfang) gearbeitet haben. Deshalb ist die vormalige Voraussetzung eines in diesen Zeiten erfolgten Verzichts auf die anwaltliche Zulassung entfallen und es wird nur auf die Unterbrechung der Tätigkeit abgestellt.

Das Auswahlverfahren:

Die Reihenfolge bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern richtet sich gemäß § 5 BNotO nach der persönlichen und der fachlichen Eignung unter Berücksichtigung der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung und der bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen.

Die für die Bewertung der fachlichen Eignung der konkurrierenden Bewerber maßgebliche und sich zu 60 % nach dem Ergebnis der notariellen Fachprüfung und zu 40 % nach dem Ergebnis der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung bestimmende Gesamtpunktzahl ist rechnerisch nur bis auf zwei Dezimalstellen zu ermitteln (BGH 14.03.2016 - NotZ(Brfg) 6/15).

Bei Punktgleichheit mehrerer Bewerber wird im Regelfall auf das Ergebnis der notariellen Fachprüfung abgestellt. Andere Kriterien wie die Dauer der anwaltlichen Tätigkeit, die Anzahl der erfolgreich belegten notarspezifischen Fortbildungsveranstaltungen oder eine Vortrags- oder Autorentätigkeit zu notarrelevanten Themen werden nicht mehr berücksichtigt.

3. Gemeinsame Berufsausübung

§ 9 Abs. 1 BNotO eröffnet seit dem 01.08.2022 auch Anwaltsnotaren die Möglichkeiten, sich zur gemeinsamen Berufsausübung zu verbinden oder gemeinsame Geschäftsräume zu haben.

§ 9 Abs. 2 BNotO regelt darüber hinaus die Beschränkung von Anwaltsnotaren, sich nur miteinander und mit anderen Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer, Patentanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern sowie vereidigten Buchprüfern zur gemeinsamen Berufsausübung zu verbinden oder mit ihnen gemeinsame Geschäftsräume haben. Weitergehende Möglichkeiten der Verbindung, die sich aus dem Berufsrecht dieser Berufsgruppen ergeben, sind ausgeschlossen.

4. Geschäftspapiere ud Geschäftsschilder bei Unterhaltung weiterer Kanzleien und Zweigstellen

Das Bundesverfassungsgericht hatte in dem Urteil BVerfG 08.03.2005 - 1 BvR 2561/03 entschieden, dass § 29 Abs. 3 BNotO insoweit mit Art. 12 GG unvereinbar und nichtig ist als er bestimmt, dass ein Anwaltsnotar, der sich nach § 9 Abs. 2 BNotO mit nicht an seinem Amtssitz tätigen Personen verbunden oder mit ihnen gemeinsam Geschäftsräume hat, seine Amtsbezeichnung als Notar auf Drucksachen und anderen Geschäftspapieren nur angeben darf, wenn sie von seiner Geschäftsstelle aus versandt werden.

§ 29 Abs. 3 BNotO wurde insofern zum 18.05.2017 wie folgt geändert: Ein Anwaltsnotar, der sich nach § 9 Abs. 2 BNotO mit nicht an seinem Amtssitz tätigen Personen verbunden hat oder der weitere Kanzleien oder Zweigstellen unterhält, darf auf Geschäftspapieren, in Verzeichnissen, in der Werbung und auf nicht an einer Geschäftsstelle befindlichen Geschäftsschildern seine Amtsbezeichnung als Notar nur unter Hinweis auf seinen Amtssitz angeben. Der Hinweis muss der Amtsbezeichnung unmittelbar nachfolgen, ihr im Erscheinungsbild entsprechen und das Wort "Amtssitz" enthalten. Dies gilt nicht, soweit die Geschäftspapiere, die Verzeichnisse oder die Werbung keinen Hinweis auf die Verbindung nach § 9 Abs. 2 BNotO oder weitere Kanzleien oder Zweigstellen enthalten. Amts- und Namensschilder dürfen nur an Geschäftsstellen geführt werden.

 Siehe auch 

Anderkonto

Notar

Notar - Belehrungspflichten

Rechtsanwalt

Rechtsanwaltskammer

BVerfG 20.04.2004 - 1 BvR 838/01 (Anforderungen an die Kriterien für die Notarauswahl)

BGH 22.11.2004 NotZ 16/04 (Auswirkungen der neuen Rechtsprechung des BVerfG zur angemessenen Gewichtung fachspezifischer Leistungen beim Zugang zum Beruf des Notars im Nebenamt)

Diehn: BNotO - Bundesnotarordnung, Kommentar; 3. Auflage 2022

Dahns: Die Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat; NJW-Spezial 2009, 222