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Abschiebungshindernis

 Normen 

§§ 60 f. AufenthG

 Information 

Es ist gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG unzulässig, die Abschiebung in einen Staat auszuführen, in dem das Leben oder die Freiheit des Ausländers bedroht ist. Gründe für die Bedrohung können sein

  • die Rasse,

  • die Religion,

  • die Staatsangehörigkeit,

  • die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe

    oder

  • die politische Überzeugung des Ausländers.

Zudem soll gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Die Geltendmachung von Abschiebungshindernissen in gesundheitlicher Hinsicht stellt die zuständigen Behörden quantitativ und qualitativ vor große Herausforderungen. Oftmals werden Krankheitsbilder angesichts der drohenden Abschiebung vorgetragen, die im vorangegangenen Asylverfahren nicht berücksichtigt worden sind. Nach den Erkenntnissen der Praktiker werden insbesondere schwer diagnostizier- und überprüfbare Erkrankungen psychischer Art sehr häufig als Abschiebungshindernis (Vollzugshindernis) geltend gemacht, was in der Praxis zwangsläufig zu deutlichen zeitlichen Verzögerungen bei der Abschiebung führt.

Der Gesetzgeber geht mit § 60 Abs. 7 AufenthG davon aus, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern. Mit dieser Präzisierung wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen. Eine solche schwerwiegende Erkrankung kann hingegen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7538) zum Beispiel in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden: In Fällen einer posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist die Abschiebung regelmäßig möglich, es sei denn, die Abschiebung führt zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung. Die Abschiebung darf nicht dazu führen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht. Es wird jedoch im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig ist. Dem Ausländer ist es insbesondere zumutbar, sich in einen bestimmten Teil des Zielstaats zu begeben, in dem für ihn eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet ist.

Auch Erkrankungen des Ausländers, die schon während des Aufenthalts des Ausländers außerhalb Deutschlands bestanden und somit bereits bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vorgelegen haben, stehen der Abschiebung grundsätzlich nicht entgegen.

Daneben hat der Ausländer gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG einen Anspruch auf die Duldung, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht vollzogen werden kann.

Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG die Abschiebung auch dann auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft für sachgerecht gehalten wird.

Gemäß dem zum 29.07.2017 neu eingefügten § 60a Abs. 2 S. 13 AufenthG wird die Abschiebung auch ausgesetzt, soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a AufenthG ausgesetzt wird, solange das Verfahren nach § 85a AufenthG nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist (Vaterschaftsanfechtung - Ausländischer Elternteil).

 Siehe auch 

Abschiebung

Abschiebungsandrohung

Duldung - Ausländerrecht

BVerwG 16.06.2004 - 1 C 27/03 (Abschiebungsschutz für Kleinkind erfordert eigenes Verfahren)