Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Abmahnung - Entfernung aus der Personalakte

 Normen 

§ 314 Abs. 2 BGB

 Information 

1. Unberechtigte Abmahnung

Eine unberechtigte Abmahnung ist unverzüglich aus der Personalakte zu nehmen. Wenn der Arbeitnehmer die Vorwürfe bestreitet, kann er auf Entfernung der Abmahnung klagen. Eine Frist, innerhalb derer die Klage zu erheben ist, besteht nicht. Doch ist auch hier zu beachten, dass der Klageanspruch verwirkt werden kann, wenn der Mitarbeiter sich längere Zeit nicht gegen die Abmahnung gewehrt hat.

Der Arbeitnehmer kann nach u.a. der Entscheidung BAG 23.6.2009 - 2 AZR 606/08 die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen, wenn

  • die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist,

  • sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält,

  • auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht,

  • den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

2. Teilweise berechtigte Abmahnung

Sind die in der Abmahnung vorgeworfenen Pflichtverletzungen teilweise wirksam und teilweise unwirksam, so wird dadurch die gesamte Abmahnung unwirksam und ist aus der Personalakte zu entfernen.

3. Berechtigte Abmahnung

Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte nur dann verlangen, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann. Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein. Bei der Frage, ab wann ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte besteht, ist nach der Entscheidung BAG 19.07.2012 - 2 AZR 782/11 aufgrund der Doppelfunktion der Abmahnung daher wie folgt zu unterscheiden:

  • Zum einen weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion):

    Eine Entfernung kann nicht verlangt werden, solange eine zu Recht erteilte Abmahnung etwa für eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung oder Beförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitnehmers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung von Bedeutung sein kann. Darüber hinaus kann es im berechtigten Interesse des Arbeitgebers liegen, die Erteilung einer Rüge im Sinne einer Klarstellung der arbeitsvertraglichen Pflichten weiterhin dokumentieren zu können.

  • Zum anderen fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion):

    Voraussetzung ist, dass die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat und der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben kann. Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein. Das ist nach der Rechtsprechung (BAG 19.07.2012 - 2 AZR 782/11) nicht der Fall, "solange eine zu Recht erteilte Abmahnung etwa für eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung oder Beförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitnehmers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung von Bedeutung sein kann".

  • Beachte: Die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers verlangen nicht, einen Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung schon dann zu bejahen, wenn diese zwar ihre Warnfunktion verloren hat, ein Dokumentationsinteresse des Arbeitgeber aber fortbesteht. Auch wenn sich eine Abmahnung noch in der Personalakte befindet, ist im Rahmen eines möglichen Kündigungsrechtsstreits stets zu prüfen, ob ihr noch eine hinreichende Warnfunktion zukam.

4. Gegendarstellung

Immer hat der Arbeitnehmer das Recht, dass seine Gegendarstellung in die Personalakte aufgenommen wird.

5. Streitwert

Siehe insofern die Ausführungen in dem Beitrag "Gebührenstreitwert".

 Siehe auch 

Abmahnung - Beispiele

Kündigungsfrist - Arbeitsrecht

Kündigungsschutz

Sexuelle Belästigung

Verhaltensbedingte Kündigung

Kopke: Beweislast bei Klagen auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2007, 1211

Salamon/Rogge: Funktionen der Abmahnung und Entfernungsanspruch nach "Emmely". Eine Neubewertung durch das BAG; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2013, 363