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§ 8a LVerfSchG
Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG)
Landesrecht Schleswig-Holstein

Abschnitt I – Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde

Titel: Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG)
Normgeber: Schleswig-Holstein
Amtliche Abkürzung: LVerfSchG
Gliederungs-Nr.: 12-2
Normtyp: Gesetz

§ 8a LVerfSchG – Besondere Auskunftsverlangen

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen oder Telemedien erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemedien (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist; gibt das Vertragsverhältnis über die Nutzung von Telemedien Aufschluss über die ethnische Herkunft, die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit oder das Sexualleben des Nutzers, darf eine Auskunft nur eingeholt werden, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 und 2 vorliegen. Bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, darf die Verfassungsschutzbehörde im Einzelfall Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 Telekommunikationsgesetz erhobenen Daten verlangen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes), soweit dies zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 2 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen. Die Auskunft darf auch anhand einer zu bestimmten Zeitpunkten zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes). Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach den Sätzen 2 bis 4 haben diejenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, die zur Auskunft erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln.

(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall Auskunft einholen bei

  1. 1.

    Luftfahrtunternehmen zu Namen und Anschriften der Kundin oder des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,

  2. 2.

    Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhaberinnen oder Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge,

  3. 3.

    denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, zu den Umständen des Postverkehrs,

  4. 4.

    denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198), und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und

  5. 5.

    denjenigen, die geschäftsmäßig Telemedien erbringen oder daran mitwirken, zu

    1. a)

      Merkmalen zur Identifikation der Nutzerin oder des Nutzers,

    2. b)

      Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und

    3. c)

      Angaben über die von der Nutzerin oder von dem Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien,

soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 5 Abs. 1 genannten Schutzgüter vorliegen. Im Falle des § 5 Abs. 1 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind,

  1. 1.

    zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder

  2. 2.

    Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.

Auskünfte zu Telekommunikationsverkehrsdaten (Satz 1 Nr. 4) können unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und § 3 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254 ber. S. 2298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) unter Rückgriff auf die nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) gespeicherten Daten erfolgen.

(3) Die Auskunftsverlangen nach den Absätzen 1 und 2 sind gegenüber den zur Auskunft Verpflichteten schriftlich anzuordnen. Die Anordnung und die übermittelten Daten dürfen die Verpflichteten den Betroffenen oder Dritten nicht mitteilen.

(4) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich nur gegen Zielpersonen sowie

  1. 1.

    bei Auskünften über Passagierdaten, Kontoverbindungsdaten und über Nutzungsdaten zu Telemedien (Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5) gegen Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die Leistung für die Zielperson in Anspruch nehmen, und

  2. 2.

    bei Auskünften über Post- und Telekommunikationsverkehrsdaten sowie über Nutzungsdaten von Telemedien (Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5) gegen Nachrichtenmittler

richten. Satz 1 gilt für juristische Personen entsprechend.

(5) Auskunftspflichten zu Passagierdaten (Absatz 2 Satz 1 Nr. 1) werden von der Leitung der Verfassungsschutzabteilung angeordnet.

(6) Auskunftspflichten zu Kontoverbindungsdaten (Absatz 2 Satz 1 Nr. 2) werden gemäß § 8b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Die Anordnung ist der betroffenen Person gemäß § 8b Abs. 3 mitzuteilen.

(7) Auskunftspflichten zu Post- und Telekommunikationsverkehrsdaten, zu Telekommunikationsbestandsdaten nach Absatz 1 Satz 3 und 4 sowie zu Nutzungsdaten von Telemedien (Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5) werden gemäß § 8b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Über die Anordnung unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die G 10-Kommission (§ 8b Abs. 2). Ferner teilt sie die Anordnung der betroffenen Person mit; § 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes findet entsprechende Anwendung. Nach der Mitteilung steht der betroffenen Person der Rechtsweg offen. Für die Verarbeitung der erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(8) Über sämtliche Anordnungen nach Absatz 2 ist das Parlamentarische Kontrollgremium gemäß § 8b Abs. 4 zu unterrichten. Das Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport berichtet ferner dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundes über Anordnungen nach Absatz 2; § 8b Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.

(9) Für die Erteilung von Auskünften nach Absatz 1 Satz 2 bis 4 hat der Verpflichtete Anspruch auf eine Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.